Entscheidungsstichwort (Thema)

Kündigung und Forderung

 

Verfahrensgang

ArbG Koblenz (Urteil vom 29.02.1996; Aktenzeichen 6 Ca 2322/95)

 

Tenor

1) Die Berufung der Klägerin und die Anschlußberufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz – Auswärtige Kammer Neuwied – vom 29.02.1996 – 6 Ca 2322/95 N – werden zurückgewiesen.

2) Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Frage der Rechtswirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung sowie um die sich daraus ergebende Verpflichtung der Klägerin zur Rückzahlung von Arbeitsvergütung für den Monat November 1995.

Die am 17.06.1955 geborene Klägerin war bei dem Beklagten seit März 1978 als Sozialpädagogin in einer Beratungsstelle für Erziehungs-, Ehe- und Lebensfragen tätig. Ihre Arbeitsvergütung belief sich zuletzt auf DM 5.538,85 brutto monatlich. Die näheren Modalitäten des Arbeitsverhältnisses bestimmten sich zuletzt nach einem schriftlichen Arbeitsvertrag vom 30.11.1984 (Bl. 89 d.A.), der u.a. folgende Bestimmungen enthält:

Der kirchliche Dienst ist durch den Auftrag der Verkündigung des Evangeliums in Wort und Tat bestimmt. Nach ihren Gaben, Aufgaben und Verantwortungsbereichen tragen die kirchlichen Mitarbeiter zur Erfüllung dieses Auftrages bei. Ihr gesamtes Verhalten im Dienst und außerhalb des Dienstes muß der Verantwortung entsprechen, die sie als Mitarbeiter im Dienst der Kirche übernommen haben. Auf dieser Grundlage wird folgender Vertrag geschlossen:

§ 2

Für das Arbeitsverhältnis gelten

  1. die Bestimmungen des Bundes-Angestelltentarifvertrages in der für die Angestellten im Bereich der Evangelischen Kirche im Rheinland jeweils geltenden Fassung (BAT-KF),
  2. die sonstigen für die Angestellten im Bereich der Evangelischen Kirche im Rheinland beschlossenen arbeitsrechtlichen Bestimmungen, wie sie aufgrund des Kirchengesetzes über das Verfahren zur Regelung der Arbeitsverhältnisse der Mitarbeiter im kirchlichen Dienst (Arbeitsrechtsregelungsgesetz-ARRG) vom 19. Jan. 1979/KABL. S. 223) und seinen Änderungen geregelt sind.

§ 3

Die Aufgäben von … sind – soweit nicht durch allgemeine Dienst-/Geschaftsanweisung geregelt – durch die Dienstanweisung vom 01. März 1978 festgelegt.

Die in § 3 des Arbeitsvertrages in Bezug genommene Dienstanweisung vom 01.03.1978 enthält folgende Präambel:

Alle kirchlichen Mitarbeiter stehen an ihrer Stelle unter dem Auftrag, den die Kirche von ihrem Herrn Jesus Christus erhalten hat. Dieser Auftrag fordert von ihnen die gewissenhafte Erfüllung ihrer Dienstpflichten und Einfügung in die Dienstgemeinschaft, Teilname am Leben der Gemeinde und eine christliche Lebensführung.

Am 24.10.1995 trat die Klägerin aus der evangelischen Kirche aus. Mit Schreiben vom. 30.10.1995 kündigte sie das Arbeitsverhältnis fristgerecht zum 30.06.1996. Der Beklagte erfuhr am 30.10.1995 von dem Kirchenaustritt der Klägerin. Nachdem die Klägerin von dem Beklagten darauf hingewiesen worden war, daß der Kirchenaustritt, eine fristlose Kündigung zur Folge habe, versuchte die Klägerin erfolglos, wieder in die Kirche einzutreten. Mit Schreiben vom 08.11.1995 kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis fristlos. Zu diesem Zeitpunkt war der Klägerin bereits die Arbeitsvergütung für den Monat November 1995 ausgezahlt worden.

Mit am 16.11.1995 beim Arbeitsgericht Koblenz – Auswärtige Kammern Neuwied – eingereichter Klage hat die Klägerin sich gegen den Ausspruch der fristlosen Kündigung gewandt.

Die Klägerin hat erstinstanzlich vorgetragen, der Kirchenaustritt könne den Ausspruch einer fristlosen Kündigung nicht rechtfertigen. Aufgrund der Umstände des Einzelfalles käme nur eine fristgerechte Kündigung in Betracht. Da sie – die Klägerin – ordentlich unkündbar sei, könne der Beklagte nur unter Gewährung einer sozialen Auslauffrist kündigen. Es sei dem Beklagten auch nicht unzumutbar, sie bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist weiterzubeschäftigen. Sie sei nicht im eigentlichen kirchlichen Bereich tätig. Die Familienberatung stelle keine spezifisch-kirchliche Aufgabe dar.

Die Klägerin hat beantragt,

  1. festzustellen, daß die fristlose Kündigung des Beklagten vom 08.11.1995 unwirksam ist,
  2. den Beklagten zu verurteilen, sie zu unveränderten Bedingungen weiterzubeschäften.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat erstinstanzlich vorgetragen, die fristlose Kündigung sei wegen des Kirchenaustritts der Klägerin gerechtfertigt. Die Klägerin sei auch in einer Einrichtung tätig gewesen, die in unmittelbarer Nähe zu spezifisch-kirchlichen Aufgaben stehe. Aufgabe einer kirchlichen Familienberatungsstelle sei gerade auch die Vermittlung von kirchlichen Vorstellungen über Ehe und Familie. Der Kirchenaustritt stelle einen gröblichen Verstoß gegen die Präambel der Dienstanweisung, welche Gegenstand des Arbeitsvertrages geworden sei, dar. Mit ihrem Austritt habe sich die Klägerin unmittelbar gegen die Kirche gewendet und die Erfüllung ihrer Grundpflichten gegenüber der Kirche verweigert. Schließlich ...

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