Entscheidungsstichwort (Thema)

Berücksichtigung von Gästeführern eines Kupferbergwerks bei der Ermittlung des Schwellenwerts gem. § 23 Abs. 1 S. 3 KSchG. Anspruch des Arbeitnehmers auf Entfernung von Abmahnungen aus der Personalakte nach Kündigung des Arbeitsverhältnisses

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Bei der Ermittlung des Schwellenwerts gem. § 23 Abs. 1 S. 3 KSchG in einer kommunalen Gebietskörperschaft sind Gästeführer in einem Kupferbergwerk, die keinem Weisungsrecht unterliegen, sondern frei entscheiden können, ob und ggfls. welche Führung sie zu welcher Zeit übernehmen wollen, nicht zu berücksichtigen.

2. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses besteht ein Anspruch auf Entfernung von Abmahnungen aus der Personalakte nur dann, wenn es objektive Anhaltspunkte dafür gibt, dass die Abmahnung dem Arbeitnehmer noch schaden kann (BAG - 2 AZR 730/15 - 17.11.2016).

 

Normenkette

KSchG § 1 Abs. 2, § 23 Abs. 1 S. 3; SGB IX §§ 85, 90 Abs. 2a; BGB § 1004 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Mainz (Entscheidung vom 24.11.2016; Aktenzeichen 7 Ca 657/16)

 

Tenor

  • I.

    Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - vom 24.11.2016 - 7 Ca 657/16 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

  • II.

    Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung sowie die Entfernung von Abmahnungen aus der Personalakte des Klägers.

Der Kläger war seit dem 01. Oktober 2005 zunächst in Teilzeit und seit 01. Juni 2006 in Vollzeit als Gemeindearbeiter bei der Beklagten beschäftigt.

Mit Schreiben vom 24. Juli 2016 (Bl. 9 d. A.), dem Kläger am 26. Juli 2016 zugegangen, kündigte die Beklagte das mit dem Kläger bestehende Arbeitsverhältnis zum 31. Dezember 2016.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner am 15. August 2016 beim Arbeitsgericht Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - eingegangenen Kündigungsschutzklage. Am 02. November 2016 erhielt der Kläger drei Abmahnungen jeweils mit Datum vom 01. November 2016 (Bl. 76 - 81 d. A.). Mit seiner Klageerweiterung vom 17. November 2016 begehrt er die Entfernung der drei Abmahnungen vom 01. November 2016 aus seiner Personalakte.

Wegen des wechselseitigen Vorbringens der Parteien erster Instanz wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - vom 24. November 2016 - 7 Ca 657/16 - Bezug genommen.

Mit dem vorgenannten Urteil hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die streitgegenständliche Kündigung vom 24. Juli 2016 habe das Arbeitsverhältnis der Parteien wirksam zum 31. Dezember 2016 beendet. Soweit sich der Kläger auf den Sonderkündigungsschutz nach § 85 SGB IX berufe, schütze die Vorschrift lediglich denjenigen Arbeitnehmer, der über eine Anerkennung als Schwerbehinderter verfüge oder dessen Schwerbehinderung offenkundig sei. Beides liege hier nicht vor. Der Kläger habe den entsprechenden Antrag erst nach Zugang der Kündigung gestellt. Die Schwerbehinderung des Klägers sei auch in keiner Weise offensichtlich. Offensichtlichkeit setze insoweit voraus, dass für jeden unbefangenen Betrachter ohne nähere Nachforschungen ohne Weiteres festgestellt werden könne, dass der Arbeitnehmer mit erheblichen körperlichen Einschränkungen belastet sei, die die ihm die Erfüllung seiner normalen oder einer normalen Arbeit nur unter äußersten Schwierigkeiten möglich mache. Offensichtlich beim Kläger sei, dass ihm ein Zeigefinger fehle. Hingegen seien weder seine Hautkrankheit noch seine Zuckererkrankung ihm offen anzusehen. Selbst wenn die Beklagte gewusst hätte, dass der Kläger zuckerkrank sei und an einer Hautkrankheit leide, sei nicht ohne Weiteres ersichtlich, dass der Kläger aufgrund dieser Erkrankungen massiv in der Erbringung seiner Arbeitsleistung behindert wäre. Vor diesem Hintergrund lasse sich eine Offensichtlichkeit einer Schwerbehinderung im Sinne des SGB IX nicht begründen. Da der Kläger sich zudem auf die Sozialwidrigkeit der Kündigung berufe, sei es seine Sache, die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes zum einen darzulegen und zum anderen nachzuweisen. Dem werde der Vortrag des Klägers aber nicht gerecht. Soweit der Kläger unter Hinweis auf ein Bild in der Festschrift behauptet habe, sämtliche der im Kupferbergwerk eingesetzten Gästeführer seien als Arbeitnehmer mit einem Arbeitskraftanteil von 0,5 anzusehen, entbehre dies einer tragfähigen Begründung. Die Beklagte gehe nach ihrem unwidersprochenen Vorbringen so vor, dass sie aus einem Personalpool bei Bedarf Leute heraussuche, die angerufen und abgefragt würden, ob sie denn entsprechende Führungen an bestimmten Tagen leiten wollten. Bei positiver Antwort würden diese Personen herangezogen, während bei negativer Antwort eine weitere Person befragt werde. Darüber hinaus habe die Beklagte die Zahl der tatsächlich herangezogenen Arbeitnehmer insoweit exakt geschildert. Unter Zugrundelegung der tatsächlichen Entwicklung des personellen Umfangs der Heranziehung sei zum...

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