Entscheidungsstichwort (Thema)

Kostenerstattung. Flugkosten. Entsendung eines Parteivertreters und des deutschen Prozessbevollmächtigten zu einem Beweisaufnahmetermin in Italien

 

Leitsatz (amtlich)

1. Für einen in Hamburg ansässigen Rechtsanwalt ist die Benutzung des Flugzeugs von Hamburg nach Frankfurt für die Wahrnehmung eines Gerichtstermins in Mainz in der Regel notwendig i. S.v. § 91 Abs. 1 ZPO (ebenso LAG Hessen, Beschl. v. 13.08.2001 – 2 Ta 311/01, LAGR 2002, 23 für Berlin nach Frankfurt).

2. a) Jedenfalls bei Rechtsstreitigkeiten mit einem erheblichen finanziellen Umfang ist die Entsendung eines in der Sache unmittelbar informierten Parteivertreters zu Beweisaufnahmeterminen, die im Wege der Rechtshilfe in Italien durchgeführt werden, grundsätzlich notwendig i. S.v. § 91 Abs. 1 ZPO. Dies gilt auch dann, wenn die Partei für die Beweisaufnahmetermine einen in Italien ansässigen italienischen Rechtsanwalt beauftragt hat, der ebenfalls diese Termine für die Partei wahrnimmt. b) In diesem Falle ist aber bei rechtlich und tatsächlich nicht komplizierten Beweisthemen nicht auch noch die Entsendung des deutschen Prozessbevollmächtigten zu diesen Beweisaufnahmeterminen notwendig.

 

Normenkette

ZPO § 91 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Ludwigshafen (Beschluss vom 21.05.2002; Aktenzeichen 8 Ca 1609/97)

 

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde der Beschwerdeführerin wird das vorliegende Kostenfestsetzungsverfahren an den Rechtspfleger des Arbeitsgerichts Ludwigshafen zur weiteren Festsetzung im Rahmen des vorzunehmenden Ausgleichs zurückverwiesen. Der Rechtspfleger wird angewiesen folgende weitere Kosten der Beschwerdeführerin als erstattungsfähig zu berücksichtigen:

  1. Die Flugkosten des Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu dem Termin vor dem Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz in Mainz am 08.09.2001 nach Maßgabe der nachfolgenden Gründe,
  2. die Reisekosten und Hotelkosten des Parteivertreters zur Teilnahme an den Beweisaufnahmeterminen in den italienischen Städten T., P. und N.

Die weitergehende sofortige Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen den Beschluss des Rechtspflegers beim Arbeitsgericht Ludwigshafen vom 21.05.2002 – 8 Ca 1609/97 – wird zurückgewiesen.

2. Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben, die gerichtlichen Kosten werden dem Beschwerdeführer zu 7/16 auferlegt bei einem Beschwerdewert von 8.537,00 EUR.

 

Tatbestand

I.

Der Kläger war seit dem Jahre 1993 bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten als Leiter der damaligen Zweigniederlassung einer italienischen Gesellschaft in F. eingesetzt. Die Beklagte, die ihren Sitz in Hamburg hat, hat das Arbeitsverhältnis der Parteien außerordentlich gekündigt mit der Begründung, der Kläger habe erhebliche Vertragsverletzungen begangen, indem er riskante Geschäfte abgeschlossen und sich selbst unberechtigte Vergütungsbestandteile bewilligt habe. Diese außerordentliche Kündigung hat der Kläger im vorliegenden Verfahren angegriffen und im Wesentlichen geltend gemacht, seine Vorgehensweisen seien mit den damaligen Verantwortlichen in Italien abgestimmt gewesen. Die Beklagte, die Klageabweisung beantragt hat, hat im Wege der Widerklage Schadensersatzansprüche geltend gemacht in bezifferter Höhe von zuletzt 219.452,00 DM und hat darüber hinaus einen entsprechenden Feststellungsantrag zur Schadensersatzverpflichtung des Klägers gestellt.

Mit einem am 20.09.2001 verkündeten Urteil hat das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz festgestellt, dass die Kündigung das Arbeitsverhältnis der Parteien nur als ordentliche Kündigung beendet hat und hat darüber hinaus den Kläger im Wege der Widerklage verurteilt, an die Beklagte 36.551,00 DM Schadensersatz zu leisten. Die weitergehende Klage- und Widerklage hat das Landesarbeitsgericht abgewiesen.

Vorausgegangen war eine Beweisaufnahme durch das Landesarbeitsgericht im Wege der Rechtshilfe durch Vernehmung von drei in Italien ansässigen Zeugen vor drei örtlich unterschiedlichen Gerichten in Italien. Die Beklagte hat einen italienischen Rechtsanwalt mit ihren Interessen beauftragt, der zu den jeweiligen Beweisaufnahmeterminen angereist ist. Für seine Tätigkeit in Italien hat der italienische Rechtsanwalt der Beklagten Kosten für Gebühren und Auslagen in einer Gesamthöhe von 21.490,00 DM in Rechnung gestellt (vgl. im Einzelnen Bl. 661 bis 671 d.A.). Darüber hinaus sind zu allen drei Terminen in Italien, in denen jeweils ein Zeuge von dem örtlichen Gericht vernommen worden ist, der deutsche Prozessbevollmächtigte der Beklagten aus H. sowie ein Parteivertreter angereist. Bei dem Parteivertreter handelt es sich um denjenigen Mitarbeiter der Beklagten, der die dem Kläger zur Last gelegten Verfehlungen aufgedeckt hat.

Vor dem Landesarbeitsgericht fanden zwei Termine statt. Zu dem zweiten Termin vom 09.08.2001, der um 10.30 Uhr anberaumt worden war, war der Prozessbevollmächtigte der Beklagten am Vortage mit dem Flugzeug von H. nach F. angereist und hat in einem M. Hotel übernachtet.

Auf Antrag der Beklagten hat der Re...

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