Entscheidungsstichwort (Thema)

Beiordnung. Prozesskostenhife. Rechtsanwalt, auswärtiger. Reisekosten. Tagegeld. Verkehrsanwalt. Reisekosten des beigeordneten Rechtsanwalts

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Lehnt das Arbeitsgericht im PKH-Beschluss die Erstattung von Reisekosten durch die Staatskasse ab, so steht dem Rechtsanwalt insoweit ein eigenes Beschwerderecht zu (Anschluss an BAG, Beschluss vom 18.07.2005 – 3 AZB 65/03).

2. § 121 Abs. 3 ZPO ist im arbeitsgerichtlichen Verfahren dahingehend auszulegen, dass nicht auf die Zulassung eines Rechtsanwaltes bei einem bestimmten Gericht abzustellen ist, sondern auf dessen Ansässigkeit am Ort des Gerichts (Anschluss an BAG, Beschluss vom 18.07.2005 – 3 AZB 65/03).

3. Bei der Frage der Beiordnung eines nicht am Gerichtsort ansässigen Rechtsanwaltes ist stets zu prüfen, ob für die Voraussetzungen für die Beiordnung eines zusätzlichen Verkehrsanwaltes im Sinne von § 121 Abs. 4 ZPO vorliegen.

 

Normenkette

RVG § 48 Abs. 3; ZPO § 121 Abs. 3-4

 

Verfahrensgang

ArbG Ludwigshafen (Beschluss vom 20.12.2005; Aktenzeichen 6 Ca 1234/05)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Ludwigshafen – Auswärtige Kammern Landau – vom 20.12.2005 wird auf Kosten des Beschwerdeführers bei einem Beschwerdewert von 100,– Euro zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Der Kläger, der seinen Wohnsitz in A-Stadt hat, hat sich im vorliegenden Verfahren gegen eine betriebsbedingte Kündigung gewendet, die die beklagte Leiharbeitgeberin ihm gegenüber ausgesprochen hat. Der Kläger war von ihr als Reiniger in einem Automobilwerk in Wörth auf Dauer eingesetzt gewesen. Die Prozessbevollmächtigten des Klägers, die ihren Kanzleisitz in Germersheim haben, haben für das Kündigungsschutzverfahren Prozesskostenhilfe unter ihrer Beiordnung beantragt.

Das Arbeitsgericht hat dem Antrag stattgegeben jedoch unter Ausschluss der Erstattungsfähigkeit von Tage- und Abwesenheitsgeldern sowie etwaiger Reisekosten vom Ort der Kanzlei zum Gerichtsort.

Gegen diesen Beschluss haben seine Prozessbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 23.12.2005 sofortige Beschwerde eingelegt und unter Hinweis auf die neuere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine Beiordnung ohne Einschränkung beantragt.

Das Arbeitsgericht hat dem Rechtsmittel nicht abgeholfen und hat es dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die sofortige Beschwerde ist gemäß § 78 ArbGG i.V.m. §§ 127 Abs. 2, 567 ff. ZPO statthaft. Sie wurde insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und darüber hinaus auch noch begründet.

In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg.

Die Prozessbevollmächtigten des Klägers sind vorliegend beschwerdebefugt. Lehnt das Arbeitsgericht in der Beiordnungsentscheidung, also in der eigentlichen Prozesskostenhilfegrundentscheidung, dem beigeordneten Rechtsanwalt die Erstattung von Reisekosten durch die Staatskasse ab, dann steht dem beigeordneten Rechtsanwalt insoweit ein eigenes Beschwerderecht zu (BAG, Beschluss v. 18.07.2005 – 3 AZB 65/03). Dies ergibt sich daraus, dass der beigeordnete Rechtsanwalt gemäß § 45 RVG einen eigenen Anspruch gegenüber der Staatskasse erwirbt. Greift eine gerichtliche Entscheidung in dieses Rechtsverhältnis ein, kann der Rechtsanwalt nach § 56 Abs. 1 RVG selbst dagegen vorgehen.

Im arbeitsgerichtlichen Verfahren ist es zulässig, einen Rechtsanwalt im Rahmen der Prozesskostenhilfe nur zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts beizuordnen. Nach § 121 Abs. 3 ZPO kann ein nicht bei dem Prozessgericht zugelassener Rechtsanwalt nur beigeordnet werden, wenn dadurch weitere Kosten nicht entstehen. Da es im arbeitsgerichtlichen Verfahren keine Rechtsanwalts-”Zulassung” gibt, sind die nach § 11 a Abs. 3 ArbGG „entsprechend” anwendbaren Vorschriften der ZPO im arbeitsgerichtlichen Verfahren dahingehend auszulegen, dass in § 121 Abs. 3 ZPO nicht auf die Zulassung eines Rechtsanwalts bei einem bestimmten Gericht, sondern auf dessen Ansässigkeit am Ort des Gerichts abzustellen ist (BAG v. 18.07.2005 – 3 AZB 65/03). Die Beiordnung eines auswärtigen Rechtsanwalts kann deshalb lediglich erfolgen, wenn dadurch keine zusätzlichen Kosten entstehen. Dieser Grundsatz ist Rechtsmäßigkeitsvoraussetzung für die Beiordnung und daher von Amts wegen in dem Beiordnungsbeschluss aufzunehmen. Das folgt aus der Verknüpfung des Erstattungsanspruchs mit dem Beiordnungsbeschluss nach dem Gebührenrecht, weil sich die Vergütung des beigeordneten Rechtsanwalts nach den Beschlüssen, durch die die Prozesskostenhilfe bewilligt und der Rechtsanwalt beigeordnet worden ist, bestimmt (§ 48 Abs. 3 RVG).

Ein nicht beim Prozessgericht ortsansässiger Rechtsanwalt kann der Partei auf Antrag beigeordnet werden, wenn dadurch keine höheren Kosten für die Staatskasse entstehen. Dies ist etwa der Fall, wenn der Rechtsanwalt gegenüber dem Gericht erklärt, zu den Bedingungen eines beim Prozessgericht zugelassenen Rechtsa...

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