Entscheidungsstichwort (Thema)

Frist zur Verweigerung der Zustimmung des Betriebsrats und zum Eintritt der Zustimmungsfiktion in der Gewerkschaft ver.di

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die gesetzlich geregelte Wochenfrist zur Verweigerung der Zustimmung des Betriebsrats und der Eintritt der Zustimmungsfiktion nach Fristablauf gemäß § 99 Abs. 3 BetrVG ist in der GBV EM nicht abbedungen worden.

2. Ob die Regelungen der GBV EM zur erweiterten Mitbestimmung der Betriebsräte in personellen Angelegenheiten überhaupt rechtswirksam sind, konnte dahinstehen.

 

Normenkette

BetrVG §§ 101, 99 Abs. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Mainz (Entscheidung vom 02.05.2014; Aktenzeichen 1 BV 76/13)

 

Tenor

  1. Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Mainz vom 2. Mai 2014, Az. 1 BV 76/13, wird zurückgewiesen.
  2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
 

Gründe

A. Die Beteiligten streiten im Zusammenhang mit der Besetzung der Stelle für eine Innendienstsekretärin im Bezirk Rhein-Nahe-Hunsrück (RNH) mit der Bewerberin K., um die Auslegung einer Gesamtbetriebsvereinbarung zur Mitbestimmung.

Der Antragsteller (Beteiligter zu 1) ist der Betriebsrat des Landesbezirks Rheinland-Pfalz-Saarland (RPS) der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, der Beteiligter zu 2) des vorliegenden Verfahrens ist. Ver.di entstand im Jahr 2001 durch Verschmelzung mehrerer Gewerkschaften. In einer zuvor von den betroffenen Einzelgewerkschaften mit ihren Gesamtbetriebsräten sowie der Gründungsorganisation von ver.di im April 2001 abgeschlossenen "Vereinbarung zur Erweiterten Mitbestimmung für Betriebsräte in ver.di" (GBV-EM) heißt es ua.:

"Präambel

...

Unter Beachtung dieser Grundsätze arbeiten die einzelnen Betriebsräte ... mit ver.di als Arbeitgeberin ... vertrauensvoll und gleichberechtigt auf der Grundlage der ver.di-Satzung zusammen. Die Mitbestimmung der Betriebsräte wird dabei durch den betriebsverfassungsrechtlichen Tendenzschutz nicht berührt und insbesondere im personellen wie im sozialen Bereich über die gesetzlichen Regelungen hinaus erweitert.

§ 1 Geltungsbereich

Diese Vereinbarung gilt für alle Beschäftigten von ver.di mit Ausnahme der Wahlangestellten sowie der Angestellten iSv. § 5 Abs. 3 BetrVG.

...

§ 4 Mitbestimmung in personellen und sozialen Angelegenheiten

(1) Der Betriebsrat hat, soweit in den folgenden Absätzen keine Ausnahmen geregelt sind, in allen personellen und sozialen Angelegenheiten über das Betriebsverfassungsgesetz hinaus erweitert mitzubestimmen. Dies gilt auch in Betrieben mit weniger als 21 Beschäftigten.

(2) Ausnahmen von der erweiterten Mitbestimmung begründen sich aus dem Vorrang der Ausübung satzungsgemäßer Rechte der zuständigen Gremien von ver.di, wie zB. Gestaltung der innergewerkschaftlichen Strukturen sowie Haushalts- und Budgetfragen. Hierher gehören auch Entscheidungen über Betriebsänderungen iSd. § 111 BetrVG.

(3) Eine Erweiterung der Mitbestimmung gemäß Absatz 1 gilt nicht bei folgenden Gegenständen:

a) in personellen Angelegenheiten ≪Protokollnotiz 1)≫

- Personalplanung einschließlich Personalkostenplanung,

- die Aufstellung des Stellenplans einschließlich der Verteilung der Stellen und der Stellenbewirtschaftung,

- Inhalten von Stellenanforderungen und Qualifikationsprofilen einschließlich Stellenausschreibungen,

- die Beurteilung und Entscheidung über die Geeignetheit eines Stellenbewerbers,

- Stellenbeschreibungen einschließlich der Aufgabenzuweisungen und -zuordnungen sowie Arbeitsanweisungen im Rahmen des Direktionsrechts,

- die vorübergehende Abordnung für andere Arbeitsaufgaben und/oder an einen anderen Arbeitsort bis zur Höchstdauer von drei Monaten,

- die Erteilung von Ermahnungen und Abmahnungen ≪Protokollnotiz 2) ≫,

- Zeugnisse einschließlich Zwischenzeugnisse,

- außerordentliche, nicht betriebsbedingte Kündigungen aus wichtigem Grund; ≪ Protokollnotiz 3) ≫

b) in sozialen Angelegenheiten

...

c) bei Fragen der Geschäftsverteilung und Organisation

(4) Im Übrigen hat der Betriebsrat mitzubestimmen nach Maßgabe des jeweils gültigen Betriebsverfassungsgesetzes, soweit nicht eine gesetzliche oder gültige tarifersetzende Regelung besteht.

§ 5 Einigungsstelle

(1) Kommt eine Einigung über eine Angelegenheit nach §§ 3 (3), 4 (1) oder § 7 (1) nicht zustande, entscheidet die Einigungsstelle. Diese wird nach Maßgabe der nachfolgenden Bestimmung eingesetzt:

...

§ 7 Vorläufige Maßnahmen

(1) Will ver.di eine unter § 4 Abs. 1 dieser Vereinbarung fallende personelle Maßnahme vorläufig durchführen, weil sie dies aus sachlichen Gründen für dringend erforderlich hält, bevor der Betriebsrat sich geäußert oder wenn dieser seine Zustimmung verweigert hat, so hat ver.di den Betriebsrat von dieser Absicht unverzüglich zu unterrichten. Bestreitet sodann der Betriebsrat, dass die Maßnahme aus sachlichen Gründen dringend erforderlich ist, wovon ver.di ebenfalls unverzüglich zu unterrichten ist, darf ver.di die vorläufige personelle Maßnahme nur aufrecht erhalten, wenn innerhalb von drei Tagen die Einigungsstelle angerufen wird. Die Einigungsstelle i...

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