Entscheidungsstichwort (Thema)

Gegenstandswertfestsetzung. Rechtsmittel. Beschwerdefrist. Festsetzung des Gegenstandswerts der anwaltlichen Tätigkeit in gerichtsgebührenfreien Verfahren. unzulässige Beschwerde bei Fristversäumnis

 

Leitsatz (amtlich)

Fallen in einem arbeitsgerichtlichen Verfahren keine Gerichtsgebühren an, wie z. B. beim Beschlussverfahren, nach einem Gesamtvergleich oder einer Klagerücknahme vor streitiger Verhandlung, dann kann eine Gebührenwertfestsetzung nur für die Berechnung von Rechtsanwaltsgebühren infrage kommen. Dann greifen nicht die Bestimmungen des GKG, sondern diejenigen des RVG. Deshalb sieht § 33 Abs. 1 RVG für diesen Fall die Festsetzung des Wertes des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit auf Antrag eines am Prozess beteiligten Rechtsanwaltes oder seines Mandanten vor.

Für Beschwerden gegen die Gegenstandswertfestsetzung nach § 33 Abs. 1 RVG sind die Regelungen von § 33 Abs. 3 RVG anwendbar, insbesondere auch die einzuhaltende Beschwerdefrist.

 

Normenkette

RVG § 33 Abs. 1, 3 S. 3; ArbGG § 9 Abs. 5; GKG § 68

 

Verfahrensgang

ArbG Ludwigshafen (Entscheidung vom 27.03.2012; Aktenzeichen 5 Ca 94/12)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Ludwigshafen -Auswärtige Kammern Landau- vom 27.03.2012 wird auf seine Kosten als unzulässig verworfen.

 

Gründe

I. Im Ausgangsverfahren erhob der Kläger gegen die Beklagte Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit einer Kündigung vom 23.01.2012. Gegenüber dem Kläger wurde eine weitere Kündigung vom 10.02.2012 ausgesprochen. Der Kläger beantragte außerdem die tatsächliche Weiterbeschäftigung zu unveränderten Arbeitsbedingungen bis zur rechtskräftigen Beendigung des Rechtsstreits.

Durch Beschluss vom 22.02.2012 stellte das Arbeitsgericht nach übereinstimmender Anzeige den Abschluss des Rechtsstreits durch einen Vergleich fest. In diesem Vergleich erzielten die Parteien Einigkeit, dass das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 30.04.2012 enden wird, dass der Kläger unter Fortzahlung der vertragsgemäßen Vergütung, sowie unter Anrechnung etwaiger Resturlaubsansprüche, Überstunden und Freizeitausgleich von der Arbeitsleistung freigestellt werde, dass er eine Abfindung erhalte, dass er berechtigt sei, das Arbeitsverhältnis vorzeitig unter Einhaltung einer Ankündigungsfrist zu beenden, dass die Beklagte ihm ein wohlwollendes qualifiziertes Zwischenzeugnis mit der Gesamtnote "gut" erstelle, dass die Parteien über den Inhalt des Vergleiches Stillschweigen bewahren würden und sämtliche wechselseitigen Ansprüche finanzieller Art erledigt und abgegolten seien.

Beide Parteivertreter beantragten Wertfestsetzung für den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit. Nach Anhörung setzte das Arbeitsgericht zunächst den Wert des Gegenstandes für das Verfahren auf 11.000,-- EUR fest und mit einem weiteren Beschluss den Vergleichsmehrwert ebenfalls auf 11.000,-- EUR. Dieser Beschluss vom 27.03.2012 wurde dem Kläger persönlich mittels Zustellungsurkunde am 28.03.2012, dem Prozessbevollmächtigten am 29.03.2012 zugestellt. Mit am 11.05.2012 beim Arbeitsgericht Ludwigshafen -Auswärtige Kammern Landau- eingegangenem Schriftsatz legte der Vertreter des Klägers ausdrücklich "auf Weisung der Rechtsschutzversicherung des Klägers" Beschwerde gegen die Streitwertfestsetzung vom 27.03.2012 (Vergleichsmehrwert) ein. Er gab hier die Rechtsauffassung der Rechtsschutzversicherung weiter, wonach der Wert der Freistellung lediglich mit 10% eines Bruttogehaltes für jeden Monat der Freistellung anzusetzen sei.

Auf Hinweis des Arbeitsgerichts, dass die Beschwerde verfristet sei, vertrat der Kläger die Auffassung, hier greife nicht die Beschwerdefristregelung des § 33 Abs. 3 RVG, sondern maßgebend für die Streitwertfestsetzung sei alleine § 63 Abs. 2 GKG.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Beschwerdeverfahren wird auf den gesamten Akteninhalt verwiesen.

II. Die Beschwerde ist unzulässig, weil sie nicht innerhalb der gesetzlichen Frist des § 33 Abs. 3 S. 3 RVG eingelegt wurde. Nach dieser Bestimmung beträgt die Beschwerdefrist 2 Wochen nach Zustellung der Entscheidung. Über die einzuhaltende Frist und Form wurde in dem angefochtenen Beschluss belehrt, so dass die Beschwerdefrist gemäß § 9 Abs. 5 ArbGG zu laufen begann.

Die Auffassung des Beschwerdeführers, es handele sich um eine Wertfestsetzung nach § 68 GKG, ist nicht zutreffend. Welche der beider Vorschriften Anwendung findet, entscheidet sich danach, ob im Zeitpunkt der Wertfestsetzung Gerichtsgebühren angefallen sind. Dabei stellt hinsichtlich der Rechtsanwaltsgebühren § 32 Abs. 1 RVG die Grundregel auf, dass sich der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit nach der Höhe des Streitwertes für die Gerichtsgebühren richtet. Das bedeutet, wenn im Einzelfall nach den Regelungen von Teil 8 des Kostenverzeichnisses (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) Gerichtsgebühren anfallen, dann ist der hierfür nach § 63 GKG festzusetzende Wert grundsätzlich auch für den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätig...

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