Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausschluss von zusätzlichen Leistungen einer freiwilligen Betriebsvereinbarung für den Fall der Nichterhebung einer Kündigungsschutzklage bei Abschluss eines Aufhebungsvertrages vor Beginn der Verhandlungen über Interessenausgleich und Sozialplan

 

Leitsatz (amtlich)

Die Betriebsparteien können bei einer möglichen Betriebsänderung im Interesse des Arbeitgebers zusätzlich zu einem Sozialplan in einer freiwilligen Betriebsvereinbarung Leistungen für den Fall vorsehen, dass der Arbeitnehmer von der Möglichkeit zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage keinen Gebrauch macht oder nach Abschluss der Betriebsvereinbarung einen Aufhebungsvertrag schließt. Sie dürfen Arbeitnehmer hiervon ausnehmen, die vor einem Stichtag, der vor dem Abschluss der Betriebsvereinbarung liegt, bereits einen Aufhebungsvertrag geschlossen hatten.

 

Normenkette

BetrVG §§ 75, 88, 112 Abs. 1 S. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Bayreuth (Entscheidung vom 20.06.2017; Aktenzeichen 2 Ca 854/16)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Teilurteil des Arbeitsgerichts Bayreuth vom 20.06.2017, Az. 2 Ca 854/16, wird auf Kosten des Berufungsführers zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten in Ziffer 1 des Klageschriftsatzes vom 13.09.2016 um die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung eines zusätzlichen Abfindungsbetrages im Hinblick auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses, worüber Teilurteil erging.

Der am 08.02.1953 geborene Kläger war vom 02.01.1989 bis 30.04.2016 bei der Beklagten, einem Unternehmen, das elektrische Heiz- und Kühlsysteme vertreibt, bzw. deren Rechtsvorgängerin, beschäftigt, zuletzt als Key-Account-Manager national.

Dem Arbeitsverhältnis zugrunde lag zuletzt ein Arbeitsvertrag vom 28.01.2000, dem sich auch das Eintrittsdatum entnehmen lässt. Aufgrund eines Betriebsüberganges ging zum 01.06.2004 das Arbeitsverhältnis auf die Beklagte über.

Das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis wurde durch Aufhebungsvertrag vom 25.09.2015 zum 30.04.2016 beendet. Im Hinblick auf die Einzelheiten des Aufhebungsvertrages wird auf Blatt 19-21 d. A. verwiesen. Ziffern 1, 2 und 8 des Aufhebungsvertrages lauten, soweit hier von Bedeutung, wie folgt:

1. "Das zwischen Herrn S... und der G... GmbH bestehende Anstellungsverhältnis endet auf Veranlassung der G... GmbH unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist fristgerecht zum 30.04.2016 zur Verhinderung einer ansonsten anstehenden betrieblich bedingten Kündigung zum 30.04.2016.

Bis zum Beendigungszeitpunkt (30.04.2016) wird das Arbeitsverhältnis vertragsgemäß durchgeführt, wobei sich die Parteien darüber einig sind, dass die Bruttomonatsvergütung 7.332,00 € beträgt.

2. Die G... GmbH zahlt Herrn S... als Ausgleich für den Verlust seines Arbeitsplatzes eine Bruttoabfindung in Höhe von 80.000 EURO, welche mit der April-Entgeltabrechnung 2016 ausgezahlt wird.

Auf diese Abfindungszahlung sind etwaige anderweitige gesetzliche, tarifvertragliche, kollektiv- oder individualvertragliche Abfindungen, Nachteilsausgleichsansprüche oder sonstige Entschädigungsleistungen für den Verlust des Arbeitsplatzes (z.B. nach § 113 BetrVG, §§ 9, 10 KSchG) anzurechnen. Insbesondere gilt dies für eine etwaige Sozialplanabfindung aus dem mit dem Betriebsrat im Rahmen der derzeitigen laufenden Interessenausgleich- und Sozialplanverhandlungen noch abzuschließenden Sozialplan.

8. . ...

"Von dieser Abgeltungsklausel umfasst sind insbesondere auch

* ein etwaiger Anspruch auf Nachteilsausgleich gem. § 113 BetrVG;

* alle im Rahmen der Verhandlungen zu diesem Aufhebungsvertrag seitens Herrn S... bzw. dessen anwaltlichen Vertreter mit Schreiben vom 09.09.2015 geltend gemachten bzw. aufgestellten Forderungen, so u.a.

- Bonuszahlungen für die Jahre 2014/2015 und 2015/2016 bzw. entsprechende Schadensersatzansprüche wegen unterlassener Zielvereinbarung;

- aufgrund des behaupteten Status des Herrn S... geltend gemachte Differenzzahlungen im Hinblick auf das monatliche Bruttogehalt."

Unmittelbar nach Unterzeichnung des Aufhebungsvertrages hat die Beklagte aufgrund eines Personalabbaus mit dem Betriebsrat am 13./14.10.2015 einen freiwilligen Interessenausgleich und einen freiwilligen Sozialplan vereinbart. Zu deren Inhalt wird auf Blatt

22 - 32 d. A. verwiesen.

Am 14.10.2015 schloss der Betriebsrat mit der Beklagten darüber hinaus eine weitere freiwillige Betriebsvereinbarung, welche eine zusätzliche Abfindung bei Klageverzicht im Zusammenhang mit den Maßnahmen aus dem Interessenausgleich vom 13.10.2015 und dem Sozialplan vom 13.10.2015 beinhaltet. Wegen deren Inhalt wird auf Blatt 33 und 34 d. A. Bezug genommen.

Der Kläger war erstinstanzlich der Auffassung, dass ihm im Hinblick auf den Gleichbehandlungsgrundsatz eine weitere Abfindung in Höhe von 70.0000,-- EUR brutto zustünde. Nach ständiger Rechtsprechung seien Arbeitnehmer, die aufgrund eines vom Arbeitgeber veranlassten Aufhebungsvertrages ausscheiden würden, mit denjenigen gleichzustellen, deren Arbeitsverhältnis vom Arbeitg...

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