Entscheidungsstichwort (Thema)

Vordienstzeiten eines Musikers in Konzert- und Theaterorchestern nach § 15 Abs. 1 TVK 2019

 

Leitsatz (redaktionell)

Auch wenn § 1 Abs. 2 TVK 2019 keine Begriffsdefinition zum dort verwendeten Begriff des Kulturorchesters vorsieht, ergeben Wortlaut und Auslegung des Tarifvertrags, dass es sich bei einem Orchester um ein größeres Ensemble aus Instrumentalisten handelt, in dem bestimmte Instrumente mehrfach besetzt sind und das unter Leitung eines Dirigenten spielt. Nach weiterer Maßgabe des § 15 Abs. 1 TVK 2019 muss das Orchester Konzert- und Theaterauftritte wahrnehmen. Weist der Kläger derartige Tätigkeiten nach, sind seine entsprechenden Vordienstzeiten im laufenden Arbeitsverhältnis anzurechnen.

 

Leitsatz (amtlich)

Die Anrechnung von Dienstzeiten nach § 15 des Tarifvertrags für die Musiker in Konzert- und Theaterorchestern (TVK) in der Fassung vom 01.10.2019 setzt nicht voraus, dass die Dienstzeiten bei einem tarifgebundenen Konzert- und Theaterorchester zurückgelegt wurden.

 

Normenkette

TVK §§ 1, 1 Abs. 2; TVK 2019 § 1 Abs. 2, § 15; TV-L § 16; TVöD § 16

 

Verfahrensgang

ArbG Würzburg (Entscheidung vom 18.12.2020; Aktenzeichen 12 Ca 619/20)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Würzburg vom 18.12.2020, Aktenzeichen: 12 Ca 619/20, wird auf Kosten der Berufungsführerin zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Anerkennung von Vordienstzeiten der Klägerin aufgrund der anzuwendenden tariflichen Regelung.

Die Klägerin ist im Orchester der Beklagten seit dem 01.02.2012 als 1. Violinistin beschäftigt. Grundlage des Arbeitsverhältnisses ist der Arbeitsvertrag vom 21.11.2012. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet kraft beidseitiger Tarifgebundenheit sowie individualrechtlicher Bezugnahme der Tarifvertrag für die Musiker in Konzert- und Theaterorchestern nebst ergänzenden und ändernden Tarifverträgen in der jeweils geltenden Fassung Anwendung (im Folgenden: TVK).

Der Tarifvertrag, der bei Dienstantritt der Klägerin galt (Tarifvertrag für die Musiker in Kulturorchestern), lautete auszugsweise wie folgt:

§ 1 Geltungsbereich

(1) Dieser Tarifvertrag gilt für die Musiker in Kulturorchestern innerhalb der Bundesrepublik Deutschland, deren Arbeitgeber ein Unternehmermitglied des Deutschen Bühnenvereins ist.

(2) Kulturorchester sind Orchester, die regelmäßig Operndienst versehen oder Konzerte ernst zu wertender Musik spielen.

§ 15 Dienstzeit

(1) Die Dienstzeit umfasst die bei Kulturorchestern (§ 1 Abs. 2) als Musiker zurückgelegten und die nach den Absätzen 2 und 3 anzurechnenden Zeiten.

Dieser Tarifvertrag wurde ab dem 01.10.2019 durch den Tarifvertrag für Konzert- und Theaterorchester ersetzt. Darin heißt es auszugsweise wie folgt:

§ 1 Geltungsbereich

Dieser Tarifvertrag gilt für die Musiker in Konzert- und Theaterorchestern innerhalb der Bundesrepublik Deutschland, deren Arbeitgeber ein Unternehmermitglied des Deutschen Bühnenvereins ist.

§ 15 Dienstzeit

(1) Die Dienstzeit umfasst die bei Konzert- und Theaterorchestern als Musiker zurückgelegten und die nach den Absätzen 2 und 3 anzurechnenden Zeiten.

(2) Zeiten einer Tätigkeit als Musiker in anderen als Konzert- und Theaterorchestern sowie Zeiten einer sonstigen musikalisch-künstlerischen oder einer musikpädagogischen Tätigkeit können auf die Dienstzeit angerechnet werden.

(3) ...

(4) Der Musiker hat die anrechnungsfähigen Zeiten innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Monaten nach Aufforderung durch den Arbeitgeber nachzuweisen. Zeiten, für die der Nachweis nicht fristgemäß erbracht wird, werden nicht angerechnet. Kann der Nachweis aus einem vom Musiker nicht zu vertretenden Grund innerhalb der Ausschlussfrist nicht erbracht werden, ist die Frist auf einen vor Ablauf der Ausschlussfrist zu stellenden Antrag angemessen zu verlängern.

Vor ihrer Tätigkeit bei der Beklagten war die Klägerin mit befristeten Arbeitsverträgen bei der T... Landestheater und Orchester GmbH I... vom 08.01.2009 bis zum 05.07.2009 sowie bei der B... Philharmoniker GmbH vom 19.08.2010 bis zum 18.08.2011 beschäftigt. Bei Dienstantritt machte die Klägerin ihre Dienstzeit bei der B... Philharmoniker GmbH hinsichtlich der Anrechnung von Vordienstzeiten geltend. Mit Bescheid vom 26.03.2012 lehnte die Beklagte die Anrechnung der Dienstzeit der Klägerin bei der B... Philharmoniker GmbH ab. Mit Schreiben vom 14.12.2019 beantragte die Klägerin erneut, ihre Dienstzeit bei der B... Philharmoniker GmbH sowie darüber hinaus die Dienstzeit bei der T... Landestheater und Orchester GmbH anzuerkennen. Die monatliche Vergütungsdifferenz, die die (Nicht-) Berücksichtigung der Vordienstzeiten der Klägerin ergibt, beläuft sich auf etwa 200,00 EUR.

Hinsichtlich des streitigen Sachvortrags der Parteien sowie der erstinstanzlich gestellten Klageanträge wird auf den Tatbestand der angegriffenen Entscheidung verwiesen.

Das Arbeitsgericht Würzburg hat der Klage mit Endurteil vom 18.12.2020 stattgegeben. Die Auslegung des §...

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