Rechtsmittel eingelegt unter dem Aktenzeichen: 4 AZR 310/09

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Bewährungsaufstieg. Beendigung der Nachwirkung eines Tarifvertrages. Mitbestimmung des Betriebsrats

 

Leitsatz (amtlich)

Der bisherige Manteltarifverrag einschl. der Entgeltregelungen trat zum 30.06.2006 außer Kraft. Rückwirkend zum 01.07.2006 trat ein neuer Tarifvertrag in Kraft, in dem die Entgeltregelungen als „derzeit nicht belegt” ausgewiesen sind. Über sie sollte weiter verhandelt werden. Die Übergangsregelungen in dem neuen Tarifvertrag sehen vor, dass die alten Entgeltregelungen bis zum 31.12.2006 weiter Anwendung finden. Darüber hinaus hat der Arbeitgeber in der Zeit vom 01.01. bis 30.06.2007 die bisherigen Tarifregelungen weiter angewendet, seit dem 01.07.2007 lehnt er das ab. Die Klägerin macht einen Bewährungsaufstieg nach der alten tariflichen Regelung zum 01.08.2007 geltend.

Das Landesarbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Zwar haben die ausdrücklich zeitlich begrenzten Übergangsregelungen des neuen Tarifvertrages die Nachwirkung der alten Tarifvorschriften nach § 4 Abs. 5 TVG beendet. Dem steht nicht entgegen, dass der neue Tarifvertrag selbst – noch – keine Regelungen über Entgelt und Eingruppierung enthält. Das Landesarbeitsgericht kann auch nicht selbst eine ergänzende Vertragsauslegung vornehmen.

Eine Abänderung der bisherigen Vergütungsgrundsätze – hier über den Bewährungsaufstieg – wäre aber mitbestimmungspflichtig nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG gewesen (BAG vom 15.12.2008 – 6 TaBV 51/08). Den Betriebsrat hat der Arbeitgeber aber unstreitig nicht beteiligt. Im Verhältnis zur Klägerin sind die alten tariflichen Regelungen über den Bewährungsaufstieg daher weiter anzuwenden.

 

Normenkette

TVG § 4 Abs. 5; BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 10; BMT-AW II

 

Verfahrensgang

ArbG Oldenburg (Oldenburg) (Urteil vom 10.06.2008; Aktenzeichen 5 Ca 118/08)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 11.01.2011; Aktenzeichen 1 AZR 310/09)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 10.06.2008 – 5 Ca 118/08 – abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 281,76 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.04.2008 und weitere 281,76 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.12.2008 zu zahlen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um einen tariflichen Bewährungsaufstieg.

Die am 0.0.1959 geborene Klägerin ist seit dem 01.08.2004 bei der Beklagten als Pflegefachkraft mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 10 Stunden beschäftigt. In dem Arbeitsvertrag (Bl. 5 bis 6 d. A.) heißt es unter anderem:

§ IV Arbeitsentgelt

1. Das monatliche Entgelt ergibt sich aus der tariflichen Eingruppierung gemäß

BMT-AW II im Krankenpflegetarifvertrag: IV, Fallgruppe: 5.

2. …

§ VIII Tarifvertragliche Regelungen

Im übrigen gelten die Bestimmungen des anzuwendenden Tarifvertrages in seiner jeweils gültigen Fassung.

Am 11.09.2006 ist für die Einrichtungen der B. im Bezirksverband W. ein neuer Tarifvertrag abgeschlossen worden, der rückwirkend zum 01.07.2006 in Kraft gesetzt wurde (Bl. 22 bis 36 d. A.).

In dem mit „Eingruppierung und Entgelt” überschriebenen Abschnitt III sind folgende Regelungen enthalten:

§ 12 Eingruppierung

(Derzeit nicht belegt)

§ 13 Eingruppierung in besonderen Fällen

(Derzeit nicht belegt)

§ 15 Tabellenentgelt

(1) Die Entgeltberechnung erfolgt gemäß den Vereinbarungen nach § 34.

§ 16 Stufen der Entgelttabelle

Derzeit nicht anwendbar. Siehe Regelung nach § 34.

§ 17 Allgemeine Regelungen zu den Stufen

Derzeit nicht anwendbar. Siehe Regelung nach § 34.

§ 34 Übergangsregelungen

Vorrangig zu den Regelungen dieses Tarifvertrages gelten folgende Regelungen:

(1) Das vorliegende Tarifvertragswerk (einschließlich der in ihm in Bezug genommenen Regelungen) stellt eine abschließende Regelung der Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmer und der sonstigen Beschäftigten im Sinne von § 1 dar und ersetzt ab dem 01.07.2006 ausnahmslos und abschließend alle bis dahin in der B. Gruppe geltenden oder angewandten tariflichen Regelungen, es sei denn, dieser Tarifvertrag verweist ausdrücklich auf den BMT-AW II. …

(2) Vergütungszahlungen:

(a) Für den Zeitraum 01.07.2006 bis 31.12.2006 werden auf der Basis der Regelungen der Eingruppierungen und der Vergütungs- und Lohntabellen des BMT-AW II die Gehalts- und Lohnzahlungen ausgeführt. Im Rahmen dieser Regelung wird der Arbeitnehmer auf der Basis der für ihn am 01.07.2006 geltenden Tarifbestimmungen der jeweils einschlägigen Eingruppierungs- und Vergütungstarifverträge für Angestellte und Arbeiter des BMT-AW II vergütet.

(b) Bis zum 31.12.2006 werden die Regelungen der Eingruppierungen und der Vergütungs- und Lohntabellen des BMT-AW II auf der Basis der für den Arbeitnehmer am 30.06.2006 geltenden Tarifbestimmungen unbeschadet der zum 01.07.2006 in Kraft tretenden Tarifverträge der Gesellschaften in analoger Weise angewendet.

(c) Sofern zu einem frü...

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