Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsbedingte Kündigung aufgrund Interessenausgleich mit Teil-Namensliste für deutlich abgrenzbaren Arbeitsbereich

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Teil-Namensliste ist als integraler Bestandteil eines Interessenausgleiches gem. § 111 BetrVG jedenfalls dann eine ausreichende Basis für die Rechtswirkungen des § 1 Abs. 5 KSchG, wenn der durch die Namensliste erfasste Bereich so deutlich abgrenzbar von dem nicht erfassten Bereich ist, dass die Sozialauswahl nicht beeinflusst werden kann und er darüber hinaus wesentlich größer ist.

 

Normenkette

KSchG § 1 Abs. 5, 2 S. 1 Alt. 3, Abs. 5 S. 1; BetrVG § 111

 

Verfahrensgang

ArbG Hameln (Entscheidung vom 05.03.2014; Aktenzeichen 3 Ca 344/13)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hameln vom 05.03.2014 - 3 Ca 344/13 - abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer von der Beklagten ausgesprochenen betriebsbedingten Kündigung sowie um die Weiterbeschäftigung des Klägers.

Der am 00.00.0000 geborene Kläger ist seit dem 16.04.1994 bei der Beklagten als Arbeiter beschäftigt. Er erhält eine Vergütung nach der Entgeltgruppe E3 des auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Entgelttarifvertrages der Niedersächsischen Metallindustrie. Die Vergütung belief sich auf zuletzt durchschnittlich 3.208,73 € brutto monatlich.

Die Beklagte beschäftigte zum Zeitpunkt des Ausspruchs der streitgegenständlichen Kündigung an ihrem Standort in B-Stadt ca. 1060 Arbeitnehmer.

Sie schloss unter dem 18.07.2013 mit dem bei ihr gewählten Betriebsrat einen Interessenausgleich und als Anlage 2 zu diesem Interessenausgleich eine von den Betriebspartnern und dem Vorsitzenden der tariflichen Schlichtungsstelle unterzeichnete Namensliste. Dort ist unter der Personalnummer ... auch der Kläger aufgeführt. Die Betriebspartner (Beklagte und Betriebsrat) einigten sich in der Anlage 1 zum Interessenausgleich auf diverse Vergleichsgruppen zwecks Durchführung der sozialen Auswahl, u.a. auch auf die Vergleichsgruppe "Anlerntätigkeit". Insbesondere ist auch der Arbeitnehmer B., der zu dieser Vergleichsgruppe gehört, gekündigt worden.

Mit Schreiben vom 05.08.2013 sprach die Beklagte gegenüber dem Kläger nach Anhörung des Betriebsrates eine ordentliche Kündigung zum 31.03.2014 aus. Bei Übergabe des Anhörungsschreibens vom 24.07.2013 waren sowohl der Betriebsratsvorsitzende als auch der Stellvertreter ortsabwesend. Deshalb übergab die Beklagte dieses Anhörungsschreiben zwecks Betriebsratsinformation vor Ausspruch einer Kündigung dem Betriebsratsmitglied B. Insgesamt sprach die Beklagte vor dem Hintergrund des Interessenausgleichs mehr als 100 betriebsbedingte Kündigungen aus.

Der von den Betriebspartnern unterzeichnete Interessenausgleich sah den Abbau von 99 Arbeitsplätzen im Bereich "Fertigungsbereich Mechanism" und den Abbau von 65 Arbeitsplätzen im Bereich "Frames" B-Stadt vor. Unter dem Bereich "Frames" ist die Fertigung von Sitzstrukturen und unter dem Bereich "Mechanism" die sogenannte Beschlagfertigung zu verstehen.

Alle Mitarbeiter aus der Vergleichsgruppe "Anlerntätigkeit" sind auf der Namensliste aufgeführt gewesen. Insgesamt umfasste die Namensliste die Namen von 129 in der Produktion beschäftigten Arbeitnehmern aus den Bereichen "Frames" und "Mechanism".

Der von den Betriebspartnern und vom Vorsitzenden der tarifvertraglichen Schlichtungsstelle unterzeichnete Interessenausgleich sah ebenfalls den Wegfall von 12 Arbeitsplätzen aus dem Bereich der "NESD Zentralfunktionen" vor. Auf BI. 10 des Interessenausgleiches heißt es im vorletzten Absatz insoweit wörtlich:

"In dieser Namensliste sind Entlassungen, die den Bereich NESD Zentralfunktionen betreffen (siehe 13. III) nicht enthalten. Diese Entlassungen (12) sollen soweit als möglich über Auflösungsvereinbarungen erfolgen. Insoweit soll die Namensliste auch künftig nicht ergänzt werden."

Ergänzend wird auf den mit Schriftsatz vom 22.11.2013 vorgelegten Interessenausgleich nebst Vergleichsgruppen und Namensliste (Bl. 35-54 der Gerichtsakte) verwiesen.

10 Arbeitnehmer, die auf der Namensliste namentlich genannt worden sind, sind von der Beklagten nicht gekündigt worden. Der vom Kläger insoweit benannte Herr P. ist gekündigt worden, das Verfahren ist beim Landesarbeitsgericht anhängig zu dem Aktenzeichen 5 Sa 1216/14.

Sämtliche nicht gekündigten Arbeitnehmer entstammen einer anderen Vergleichsgruppe als der Vergleichsgruppe des Klägers, insbesondere gehört der vom Kläger benannte, nicht gekündigte Herr S. der Vergleichsgruppe der "Anlagenführer" an. Er erhält Vergütung nach der Vergütungsgruppe E4 des Entgelttarifvertrages für die Niedersächsische Metallindustrie. Der Arbeitnehmer H. ist Qualitätsprüfer und erhält die Vergütungsgruppe E6 des vorbenannten Tarifvertrages.

Mit seiner am 20.08.2013 bei Gericht eingegangenen Klage hat sich der Kläger gegen die ihm gegenüber ausgesprochene Kündigung ...

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