Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausschlussfrist. einseitige. AGB. Überraschungsklausel. Einbeziehung. ausländischer Arbeitnehmer. Länge. drei Monate. Haftungsbegrenzung. sonstiges

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ob Allgemeine Geschäftsbedingungen in den Vertrag einbezogen worden sind, bestimmt sind nach dem eindeutigen, wenn auch von falschen rechtlichen Voraussetzungen ausgehenden Willen des Gesetzgebers nicht nach § 305 Abs. 2 BGB. Die Einbeziehung von ABG in den Arbeitsvertrag richtet sich allein nach §§ 145 ff. BGB.

2. Ein Verstoß gegen das Nachweisgesetz macht tatsächlich vereinbarte Vertragsbedingungen nicht (nachträglich) unwirksam.

3. Ein Ausländer, der nach mündlichem Abschluss des Arbeitsvertrages einen in deutscher Sprache geschlossenen, deutschem Recht unterfallenden Formulararbeitsvertrag unterschreibt, ohne auf einer Übersetzung zu bestehen, muss auch nicht zur Kenntnis genommene Ausschlussfrist dieses Formularvertrages gegen sich gelten lassen. Insofern steht er einem Vertragspartner gleich, der einen Vertrag ungelesen unterschreibt.

4. Eine Ausschlussfrist, die in einem Formularvertrag als eigener Untergliederungspunkt unter einer Regelung, die mit „Vergütung/Zahlungsweise” überschreiben ist, enthalten ist, ist keine Überraschungsklausel. Von einem Durchschnittsarbeitnehmer ist zu verlangen, dass er alles, was unter der Überschrift „Vergütung” im Arbeitsvertrag steht, vor Unterschrift zumindest überfliegt.

5. Einzelvertragliche Ausschlussfristen, die nur Ansprüche des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber erfassen, sind gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, wenn nicht ausnahmsweise ein Ausgleich für den Arbeitnehmer durch andere Vorteile erfolgt.

6. Eine einstufige Ausschlussfrist von 3 Monaten, die mit Fälligkeit zu laufen beginnt, benachteiligt den Arbeitnehmer nicht unangemessen i.S. von § 307 Abs. 1 BGB, wenn davon nur Entgeltansprüche erfasst werden, die ausschließlich von der Anzahl der vom Arbeitnehmer geleisteten Stunden abhängen.

7. § 202 BGB steht einer einzelvertraglichen Ausschlussfrist, die nur alle wechselseitgen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis erfasst, soweit sie die Vergütung betreffen, nicht entgegen.

 

Normenkette

BGB §§ 202, 305c Abs. 1, § 307 Abs. 1, 2 Nr. 1; NachwG § 2

 

Verfahrensgang

ArbG Osnabrück (Urteil vom 11.12.2004; Aktenzeichen 2 Ca 574/03)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Osnabrück vom 11.12.2004 – 2 Ca 574/03 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um restliches Arbeitsentgelt aus einem beendeten Arbeitsverhältnis.

Der Kläger war vom 21.10.2002 bis zum 23.04.2003 bei der Beklagten, die die Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung besaß, in deren Fleischveredelungsbetrieb beschäftigt. Die Parteien schlossen unter dem 21.10.2002 einen Arbeitsvertrag, auf dessen Inhalt (Bl. 66-68 d.A.) Bezug genommen wird. Zwischen ihnen ist streitig, ob der Vertragsschluss tatsächlich erst Mitte Dezember 2002 erfolgt und ob der Vertragsinhalt dem Kläger, der portugiesischer Staatsbürger und – wovon sich die Kammer im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 18.03.2005, zu der ein Dolmetscher hinzugezogen wurde, überzeugen konnte – der deutschen Sprache nur unzulänglich mächtig ist, bei Vertragsschluss vollständig übersetzt worden ist. Es handelt sich um einen im Fachhandel erhältlichen Formulararbeitsvertrag für Leiharbeitnehmer (Arbeiter), den die Beklagte auf Empfehlung der Bundesagentur für Arbeit zur Grundlage des Arbeitsverhältnisses mit ihren gewerblichen Leiharbeitnehmern gemacht hatte. Der Vertrag enthält unter anderem folgende Klauseln:

§ 5 Vergütung/Zahlungsweise

a) Der Stundenlohn beträgt 7,85 EUR

b) Bei zulässiger Nachtarbeit wird ein Zuschlag je Stunde von 25% und bei zulässiger Sonn- und Feiertagsarbeit ein Zuschlag von 50/125% des vereinbarten Bruttolohnes gezahlt. 1. 2. 1. 2.

d) Jeweils freitags wird bar ein Abschlag gezahlt in Höhe von –– % der wöchentlich zustehenden Vergütung. Bis zum 15. des Folgemonats erfolgt jeweils die Restauszahlung der monatlich zustehenden Gesamtvergütung. Maschinenschriftlich ist dieser Passage angefügt „s. Zusatz”.

f) Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis sind nach Ablauf von drei Monaten nach Fälligkeit ausgeschlossen, es sei denn, sie werden innerhalb der genannten Frist geltend gemacht.

Der Vertrag enthält über den Unterschriften folgenden maschinenschriftlichen Zusatz:

zu § 5 d Jeweils zum 20. des Monats wird bar ein Abschlag in Höhe von 500,– EUR gezahlt. Zum 10. des Folgemonats erfolgt jeweils die Restauszahlung der monatlich zustehenden Gesamtvergütung. …

Die Beklagte rechnete das Arbeitsverhältnis mit Abrechnungen vom 06.02.2003, 07.03.2003, 07.04.2003 und 08.05.2003, auf die Bezug genommen wird (Bl. 10-13 d.A.), für die Monate Januar bis April 2003 ab. Grundlage der Abrechnungen waren die von Mitarbeitern der Entleiherfirma, bei der der Kläger eingesetzt war, erstellten Stundennachweise (Bl. 102-104 d.A.). Dabei rechnete die Beklagte gemäß Betriebsübung über d...

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