Entscheidungsstichwort (Thema)

Grenzen des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes. Darlegungslast im Eingruppierungsprozess

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Darlegung des Tatbestandsmerkmals "einer dem Studium entsprechenden Lehrtätigkeit" genügt es nicht, zu erklären, man übe eine Lehrtätigkeit aus, deren fachlicher Inhalt dem abgeschlossenen Studium entspreche. Es fehlt an der Darstellung der fachlichen Inhalte der ausgeübten Lehrtätigkeit, ohne die dem Gericht die eingruppierungsrechtliche Bewertung eines auf Tatsachen gestützten Sachverhaltes nicht möglich ist.

 

Normenkette

TV-L Entgeltordnung Anl. A EG 11; TV-L Entgeltordnung Anl. A EG 13; TV-L Protokollerklärung Nr. 7 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Osnabrück (Entscheidung vom 20.11.2018; Aktenzeichen 3 Ca 227/18 E)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 17.12.2020; Aktenzeichen 6 AZR 639/19)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Osnabrück vom 20. November 2018 - 3 Ca 227/18 E - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die tarifliche Eingruppierung der Klägerin.

Die Klägerin absolvierte ein Hochschulstudium im Fachbereich Kultur- und Geowissenschaften mit den Hauptfächern Kunst und Kunstpädagogik sowie Textiles Gestalten. Sie schloss ihr Magisterstudium im Jahre 1993 mit der der Gesamtnote "sehr gut" ab. Seit dem 1. April 1993 ist sie an der Universität B-Stadt als Lehrkraft für besondere Aufgaben im Fachbereich Kultur- und Sozialwissenschaften beschäftigt und wird im Fach Textiles Gestalten eingesetzt. Sie erhält Vergütung aus Entgeltgruppe 11 TV-L. Ihre Tätigkeit umfasst Seminare und Übungen, die Abnahme der in ihrem Bereich erforderlichen Prüfungen sowie fachorganisatorische Aufgaben wie etwa die Mitbetreuung der Werkstätten und Maschinen. Das Fach Textiles Gestalten kann an der Universität B-Stadt für das Lehramt an Grund-, Haupt- und Realschulen studiert werden. Inhaltlich vermittelt die Klägerin in den Lehrveranstaltungen vorwiegend praktische Tätigkeiten und Kenntnisse. Im Sommersemester 2018 betreute sie folgende Veranstaltungen:

- Textiltechnische und gestalterische Prozesse: LGM Teil II [(Kurs A) 2502; (Kurs B) 2503];

- PMP Kolloquium (2520 C, ab 5. Semester);

- Tex-Stil-Labor: Konzeption einer Schülerfirma (2521 S, ab 3. Semester);

- praktisch-methodisches Projekt mit Prüfung (B) (2524 S, ab 4./5. Semester);

- praktisch-methodisches Projekt mit Prüfung (A) (2532 S, ab 4./5. Semester).

Mit Schreiben vom 5. Juli 2012, 14. Dezember 2013 und 11. Dezember 2017 beantragte sie vergeblich die Höhergruppierung in Entgeltgruppe 13 TV-L.

Die Klägerin hat gemeint, maßgebend für die Eingruppierung in Entgeltgruppe 13 TV-L sei es, an einer Universität tätig zu sein und dort einer dem eigenen Studium inhaltlich entsprechenden Lehrtätigkeit nachzugehen; diese Voraussetzungen erfülle sie. Nicht erforderlich sei es, dass die Lehrtätigkeit als solche wissenschaftlich sei. Allerdings sei auch dies der Fall, denn zur wissenschaftlichen Dienstleistung gehöre auch die Vermittlung von Fachwissen und praktischen Fertigkeiten an Studierende und deren Unterweisung in der Anwendung wissenschaftlicher Methoden.

Die Klägerin hat beantragt,

das beklagte Land zu verurteilen, sie mit Wirkung ab 1. Januar 2015 in Entgeltgruppe 13 TV-L einzugruppieren und die Differenz zur bisher gezahlten Vergütung zu zahlen.

Das beklagte Land hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es hat die Auffassung vertreten, der Klägerin stehe höhere Vergütung nicht zu, denn die Lehrtätigkeit entspreche dem fachlichen Inhalt nach nicht dem abgeschlossenen Studium. Sie übe lediglich eine Lehrtätigkeit im textilpraktischen Bereich aus, für die wissenschaftliche Erkenntnisse nicht erforderlich seien; vielmehr genüge ein Bachelor-Abschluss. Sie halte Lehrveranstaltungen in einem nichtwissenschaftlichen Studiengang ab; inhaltlich vermittle sie vorwiegend praktische Tätigkeiten und Kenntnisse, bei denen ein Wissenschaftsbezug nicht erkennbar sei. Wissenschaftlich sei eine Lehrtätigkeit nur dann, wenn dem Lehrenden die Möglichkeit zur eigenständigen Forschung und Reflexion verbleibe. Selbst wenn die Klägerin überwiegend Lehrtätigkeiten ausübe, seien diese unterrichtend und ohne Wissenschaftsbezug, so dass Entgeltgruppe 11 TV-L zutreffend sei.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin übe nicht eine nach Ziff. 3.2 des Runderlasses des MWK vom 9. März 2011 - Z.2.1-03 220/50 (1) - zuletzt geändert durch Erlass vom 1. September 2016 (im Folgenden: RdErl.) dem Studium entsprechende Lehrtätigkeit in einem Fachbereich aus, deren fachlicher Inhalt dem abgeschlossenen Studium entspreche. Die Auslegung der Vorschrift nach Sinn und Zweck ergebe, dass die Voraussetzungen einer Eingruppierung in Entgeltgruppe 13 TV-L höher seien als diejenigen der Entgeltgruppe 11 TV-L. Nur so lasse sich die höhere Vergütung rechtfertigen. Es könne dahinstehen, ob es eines Wissenschaftsbezuges bedürfe, denn die Klägerin habe ...

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