Leitsatz (amtlich)

Die Tätigkeit eines Müllwerkers hinten am Müllfahrzeug bei der Entleerung von Bio- und Restmülltonnen sowie Containern wie auch das Mitfahren auf dem Trittbrett des Müllfahrzeuges wie auch die Tätigkeit im Rahmen einer Sperrmüllsammlung beinhaltet erhebliche gesundheitliche Gefährdungen i. S. v. § 42 Abs. 1 BMT-G n. Dieses trifft auf die Tätigkeit des Fahrens bzw. das Mitfahren im Führerhaus nicht regelmäßig zu. Abzustellen ist jeweils auf die Art der Müllfahrzeuge und die Art der Schüttungen und die Dauer der Tätigkeit des einzelnen Müllwerkers in dem entsprechenden Bereich, so dass sich die Gefährdung nicht für jede Stadt bzw. Jeden kommunalen Bereich einheitlich feststellen lassen kann und nicht jeder Müllwerker gleichermaßen von diesen Gefährdungen betroffen sein muss.

 

Normenkette

BMT-G 2 § 42

 

Verfahrensgang

ArbG Lüneburg (Urteil vom 28.11.1996; Aktenzeichen 2 Ca 1415/96)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Lüneburg vom 28.11.1996, Az. 2 Ca 1415/96, wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt mit der Klage die Gewährung des jährlichen Zusatzurlaubes von 4 Arbeitstagen seit dem Jahre 1995.

Der am 05.02.1965 geborene Kläger ist seit dem 01.03.1991 bei dem Beklagten als Müllwerker zu einer Bruttovergütung von zuletzt ca. 4.000,00 DM beschäftigt. Grundlage der arbeitsvertraglichen Beziehungen ist der Arbeitsvertrag vom 01.03.1991, mit dem die Parteien u. a. vereinbart haben, dass sich das Arbeitsverhältnis nach dem Bundesmanteltarifvertrag für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe (BMT-G II) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Arbeitgeber geltenden Fassung bestimmt. Außerdem finden nach diesem Arbeitsvertrag die für den Arbeitgeber jeweils geltenden sonstigen Tarifverträge Anwendung.

Darüber hinaus ist der Kläger Mitglied der Gewerkschaft … der Beklagte Mitglied des … Bis zum Jahre 1994 hat der Kläger Zusatzurlaub von 4 Tagen erhalten. Ab 1995 gewährte der Beklagte, ebenso den übrigen Müllwerkern bei dem Beklagten, keinen Zusatzurlaub mehr, was der Beklagte mit Schreiben vom 18.11.1994 (Bl. 12/13 d. A.) mitteilte. Mit Schreiben vom 09.10.1995 machte der Kläger ebenso wie seine bei der Gewerkschaft organisierten Kollegen, die ebenfalls als Müllwerker beschäftigt sind, für das Urlaubsjahr 1995 und die folgenden Jahre den Zusatzurlaub von 4 Tagen gemäß § 42 Abs. 1 und der Anlage 11 zum BMT-G II und dem dazu abgeschlossenen bezirklichen Zusatztarifvertrag vom 10.04.1994 geltend. Der Beklagte lehnte dieses im Hinblick auf ein Urteil des Landesarbeitsgerichtes Rheinland-Pfalz vom 22.02.1994 ab. Der Kläger machte erneut mit Schreiben vom 30.10.1995 den Zusatzurlaub für die Müllwerker bei dem Beklagten geltend. Der Beklagte lehnte letztlich mit Schreiben vom 16.01.1996 die Gewährung ab. Schließlich erklärte auf Anfrage der Beklagte, dass er damit einverstanden sei, dass bei der Frage des Zusatzurlaubs für Müllwerker nur ein Präzedenzfall zur Klärung ausreichend sei, und bestätigte, dass auch die übrigen nicht klagenden Müllwerker rückwirkend den Zusatzurlaub erhalten werden, sollte sich die Rechtsauffassung der durch die Arbeitsgerichte bestätigen. Insoweit wird auf den zwischen den Parteien gewechselten Schriftverkehr (Bl. 37 bis 44 d. A,) verwiesen.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er erfülle die Voraussetzungen für die Gewährung des tariflichen Zusatzurlaubes, da er unter erheblichen gesundheitlichen Gefahren zu arbeiten habe, und zwar sowohl bei der Leerung der Hausmülltonnen wie auch der Komposttonnen.

Beim Kläger gebe es keine Zuordnung zu einem festen Müllfahrzeug. Der Beklagte besitze unterschiedliche Müllfahrzeuge sowohl mit geschlossenem als auch mit offenem Kippsystem. Da der Kläger insbesondere im ländlichen Bereich tätig sei und dort noch mehr mit festen Brennstoffen geheizt werde als in Großstädten, träten bei der Entleerung an der Fahrzeugöffnung Staub- und Aschepartikel auf, die durch den Kläger eingeatmet oder durch die Haut aufgenommen würden. Zudem gebe es nicht sichtbare Krankheitskeime wie Bakterien und Pilzsporen, da sich in den Mülltonnen u. a. gebrauchte Pampers, Katzenstreu, Hundekot, Abfälle aus Arztpraxen und schimmelnde Essensreste befänden. Zudem gebe es einen üblen Gestank, der Übelkeit, Appetitlosigkeit und Magenbeschwerden hervorrufe. Dieses sei insbesondere durch den Gärungs- und Fäulnisprozess hervorgerufen, bedingt durch den 14-tägigen Rhythmus der Leerung der bei Kompost- und Hausmülltonnen.

Die Tätigkeit des Klägers vollziehe sich überwiegend am sog. offenen System, was bedeute, dass die Öffnung des Fahrzeuges an der Schüttvorrichtung bei Entleerung nicht abgedichtet sei. Der Beklagte besitze nur 4 Fahrzeuge mit geschlossenem System, 7 Fahrzeuge aber mit offenem System. Bei den geschlossenen Systemen sei aber nur bei großen 240-1-Behältern tatsächlich die Öffnung des Fahrzeuges geschlossen, während bei kleineren Behältern die Öffnung weiterhin b...

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