Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsübergang. Abschluss eines Arbeitsvertrages. Wirksamkeit einer auflösenden Bedingung

 

Leitsatz (amtlich)

1) Mit § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB wird ein Vertragspartnerwechsel auf Arbeitgeberseite angeordnet, der das zwischen dem Arbeitnehmer und dem früheren Arbeitgeber bestehende Arbeitsverhältnis unverändert lässt. Erfasst werden von der Norm nur bestehende Arbeitsverhältnisse von Arbeitnehmern. Selbständige Dienstverhältnisse oder Beamtenverhältnisse sind ausgenommen.

2) Die mündliche Abrede, der Vertrag sei unter der auflösenden Bedingung abgeschlossen worden, erst müsse die erforderiche Finanzierung für den geplanten Unternehmenskauf durch die kreditgebenden Banken bewilligt sein, verstößt gegen das gesetzliche Schriftformerfordernis (§§ 21, 14 Abs. 1, 4 TzBfG).

 

Normenkette

BGB §§ 613a, 611; TzBfG §§ 14, 21

 

Verfahrensgang

ArbG Hildesheim (Urteil vom 06.12.2005; Aktenzeichen 2 Ca 340/05)

 

Tenor

1) Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hildesheim vom 06.12.2005 – 2 Ca 340/05 – wird klarstellend mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass festgestellt wird, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung vom 29.07.2005 zum 31.08.2005, sondern zum 31.01.2006 beendet worden ist.

2) Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

3) Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer von der Firma A. C. GmbH ausgesprochenen Kündigung.

Der 1957 geborene Kläger war Geschäftsführer der Firma A. GmbH – Rechtsnachfolgerin der T. – in B.. Sein durchschnittliches Bruttomonatseinkommen betrug 9000,00 EUR. Am 01.01.2005 wurde über das Vermögen der Firma A. GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet. Zum Insolvenzverwalter wurde der Rechtsanwalt W. bestellt. Zuletzt beschäftigte die Insolvenzschuldnerin 28 Mitarbeiter.

Seit Januar 2005 stand Herr S., Geschäftsführer der Beklagten, mit dem Insolvenzverwalter in Verhandlungen wegen der Übernahme wesentlicher Teile des Betriebsvermögens. Am 11. Februar 2005 kaufte er mit notariellem Kaufvertrag des Rechtsanwaltes Dr. H. zur Urkundsnummer …8/2005 die Firma S. GmbH, jetzige Beklagte. Diese ist eine Gesellschaft, die seit ihrer Gründung keinerlei geschäftliche Aktivitäten entfaltet hat. Auf den notariellen Kaufvertrag wird Bezug genommen (Bl. 44 bis 50 d.A. 8 Sa 1984/05). Unter der Urkundsnummer …9/05 beurkundete der Notar Dr. H. an demselben Tage den Beschluss der Gesellschafter, mit dem Dr. H1 als Geschäftsführer abberufen und Herr S. zum alleinigen Geschäftsführer bestellt, die Firma in A. C. GmbH umbenannt, der Sitz von H. nach B. verlegt und das Stammkapital auf eine Million EUR erhöht werden sollte. Die Vertragsverhandlungen mit dem Insolvenzverwalter scheiterten letztlich am Wegfall einer Kreditzusage der Bank. Bis zum heutigen Zeitpunkt wurden die im Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Änderungen im Handelsregister nicht eingetragen.

Dennoch bevollmächtigte der Geschäftsführer der Beklagten am 23.02.2005 unter dem Namen der Firma A. C. GmbH den Betriebsleiter Herrn B. zur alleinigen Unterzeichnung von Anstellungsverträgen, deren Vertragspartner die Mitarbeiter der Insolvenzschuldnerin und die Firma A. C. GmbH sein sollten. In der Fußzeile dieses Schreibens wird auf die beim Amtsgericht eingetragene Firma S. GmbH. verwiesen. Der hierzu bevollmächtigte Herr B. schloss dann mit sämtlichen Mitarbeitern der Insolvenzschuldnerin Arbeitsverträge mit Datum vom 15. Februar 2005 ab. Als Arbeitsbeginn wurde der 01.03.2005 eingetragen. Ebenfalls auf dem Firmenpapier der Beklagten bevollmächtigte der Geschäftsführer S. den Kläger und Herrn H2, Bestellungen, Auftragsbestätigungen und Angebote im Namen der Beklagten abzugeben. Als Anlage zu der Klagschrift hat der Kläger einen im Wesentlichen gleichlautenden Anstellungsvertrag mit der Beklagten in Photokopie zu den Akten gereicht. Auch dieser trägt die Unterschrift von Herrn B.. Für den Monat März 2005 erhielten die Arbeitnehmer ebenso wie der Kläger Lohnabrechnungen von der Firma A. C. GmbH.

Mit Schreiben vom 29.07.2005 erhielt der Kläger eine Kündigung der Firma A. C. GmbH vertreten durch ihren Prozessbevollmächtigten. Auf dieses Schreiben wird Bezug genommen (Bl. 27, 28 d.A.). Dem Kündigungsschreiben war eine von dem Prozessvertreter unterzeichnete Vollmacht beigefügt.

Gegen die Kündigung wehrt sich der Kläger mit der am 19.08.2005 beim Arbeitsgericht erhobenen Kündigungsschutzklage.

Er hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei unwirksam. Ausweislich des Anstellungsvertrages sei zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis zustande gekommen.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 29.07.2005 nicht aufgelöst wurde, sondern unverändert fortbesteht.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen:

Ein Verkauf der Insolvenzschuldnerin an die Beklagte sei nicht erfolgt. Auf Grund des Wegfalls einer Finanzierungszusage sei es nicht zu ein...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge