Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsübergang. Probezeitkündigung eines Arbeitsvermittlers im Optionsmodell. unbegründete Kündigungsschutzklage bei Nichtanrechnung von Vorbeschäftigungszeiten bei kommunaler Anstalt öffentlichen Rechts

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Betriebsübergang i.S.v. § 613a BGB liegt vor, wenn ein neuer Rechtsträger die wirtschaftliche Einheit unter Wahrung ihrer Identität fortführt. Als wirtschaftliche Tätigkeit gelten Dienste, die im allgemeinen Interesse und ohne Erwerbszweck im Wettbewerb mit den Diensten von Wirtschaftsteilnehmern erbracht werden, die einen Erwerbszweck verfolgen, ohne dass es sich um eine Ausübung hoheitlicher Befugnisse handelt (im Anschluss an EuGH 6. September 2011 - [Scattolon] - Rs. C 108/10 - AP Richtlinie 2001/23/EG Nr. 9).

 

Normenkette

BGB § 613 a; BGB § 613 a Abs. 1 S. 1; KSchG § 1 Abs. 1; NPersVG § 65 Abs. 2 Nr. 9, § 75 Abs. 1 Nr. 3, § 76 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Göttingen (Entscheidung vom 28.09.2011; Aktenzeichen 4 Ca 211/11 Ö)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 22.05.2014; Aktenzeichen 8 AZR 1070/12)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Göttingen vom 28.09.2011 - 4 Ca 211/11 Ö - abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung vom 14. Juni 2011 zum 30. Juni 2011.

Der am 00.00.1956 geborene Kläger trat auf der Grundlage eines schriftlichen Arbeitsvertrages vom 18. August 2010 mit Wirkung vom 1. Januar 2011 als vollbeschäftigter Fallmanager im SGB II - Bereich in die Dienste der beklagten Stadt. Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach der durchgeschriebenen Fassung des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst (TVöD) für den Dienstleistungsbereich Verwaltung (TVöD-V) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) jeweils geltenden Fassung.

In der Zeit vom 1. September 2008 bis zum 31. Dezember 2010 war der Kläger aufgrund befristeter Arbeitsverträge als Arbeitsvermittler bei der Beschäftigungsförderung A-Stadt, einer kommunalen Anstalt öffentlichen Rechts, beschäftigt. Ausweislich der Stellenbeschreibung vom 18. Mai 2009 war der Kläger zu 90 % mit folgenden Tätigkeiten befasst:

Beratung und Integration der Arbeitnehmerkunden in den Arbeitsmarkt:

Persönlicher Ansprechpartner nach § 14 SGB II:

Nach Profiling eine Zuordnung zu einer Bedarfsgruppe; Vereinbarung von Handlungsbausteinen entsprechend der Teilziele; Mitwirkungspflichten informierun und aufklären;

Planung der Integrationsschritte und Abschluss von Eingliederungsvereinbarungen nach § 15 SGB II

Einsetzen der richtigen und passendenden Förderleistungen unter Beachtung der Grundsätze von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit nach § 16 SGB II; Steuerung der Eingliederungsleistungen, ggfls. Einleitung von Sanktionen

Stellenrecherche und Stellenbuchung, Vermittlung vornehmen, Beratung von Arbeitgeber/innen nach Bedarf

Zusammenarbeit und Kooperationen im Netzwerk, Fallmanagement

Bei der Beschäftigungsförderung wurde die Aufgabe der Arbeitsvermittlung durch drei Abteilungen (Abteilung 3: Arbeitsvermittlung Jugend; Abteilung 4: Arbeitsvermittlung 25 plus; Abteilung 5: Arbeitsvermittlung 50 plus und Existenzgründung) wahrgenommen. Innerhalb der Abteilungen gab es noch eine Binnendifferenzierung, die sich in der Abteilung 4 insbesondere auf Berufsgruppen ((Team 1 (Handel, Verwaltung, Erziehung, Künstler und Labor); Team 2 (Gewerbliche, Technische und Informationsberufe); Team 3 (Gesundheit, Reinigung, Ernährung, Transport und Sicherheit); Team 4 (Fallmanagement für besondere Zielgruppen) bezog. Die Erteilung von Leistungsbescheiden im Rahmen der aktiven Arbeitsvermittlung erfolgte durch die Abteilung 2.4 (Zentrale Dienste; Eingliederungstitel und Recht).

Den Arbeitsverträgen des Klägers mit der Beschäftigungsförderung A-Stadt und der beklagten Stadt liegen die folgenden gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen zugrunde:

Aufgrund der Verordnung zur Zulassung von kommunalen Trägern als Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 24. September 2004 war der Landkreis A-Stadt - zunächst befristet für die Zeit vom 1. Januar 2005 bis 31. Dezember 2010 - als Träger der Leistung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) zugelassen. Die beklagte Stadt nahm als dem Landkreis A-Stadt zugehörige Gemeinde aufgrund der zwischen ihr und dem Landkreis geschlossenen Heranziehungsvereinbarung vom 22. Dezember 2004 gem. § 6 Abs. 2 SGB II die Durchführung bestimmter Aufgaben nach dem SGB II wahr. Hierzu zählten nach § 1 der Heranziehungsvereinbarung die Arbeitsvermittlung, das Fallmanagement, die Unterhaltung eines Jugendbüros und die Bewirtschaftung von Integrationsmitteln für die Leistungsberechtigten mit Wohnung in der Stadt A-Stadt. Die Beklagte übertrug die Aufgaben Arbeitsvermittlung, Fallmanagement, Jugendbüro (mit Pro Aktiv ...

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