Entscheidungsstichwort (Thema)

offensichtliche Unzuständigkeit Einigungsstelle. Betriebs- oder Konzernebene für Errichtung der Einigungsstelle

 

Leitsatz (amtlich)

Kann eine offensichtliche Unzuständigkeit der Einigungsstelle unter Beteiligung des örtlichen Betriebsrats als auch des Konzernbetriebsrats zu dem gleichen Regelungsgegenstand nicht festgestellt werden, spricht eine gesetzliche Vermutung dafür, dass der Betriebsrat vor Ort berufen ist seine Mitbestimmungsrechte im Einigungsstellenverfahren zu wahren (Umkehrschluss aus §§ 50 Abs. 2, 58 Abs. 2 BetrVG). Die Einigungsstelle ist nur dann mit dem Konzernbetriebsrat zu errichten, wenn dieser offensichtlich zuständig ist. Eine parallele Einrichtung von zwei Einigungsstellen widerspricht der

 

Normenkette

ArbGG §§ 98, 80; BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 6, § 58 Abs. 2, § 50 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Hannover (Beschluss vom 04.06.2008; Aktenzeichen 4 BV 13/08)

ArbG Hannover (Beschluss vom 27.05.2008; Aktenzeichen 4 BV 13/08)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Arbeitgeberin und Bet. zu 1) wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Hannover vom 4. Juni 2008 – 5 BV 13/08 – abgeändert und die Anträge des Konzernbetriebsrats und Bet. zu 3) zurückgewiesen.

Die Beschwerde des Betriebsrats und Bet. zu 2) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Hannover vom 27. Mai 2008 – 4 BV 13/08 – wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

In den im zweiten Rechtszug verbundenen Beschwerdeverfahren 1 TaBV 62/08 und 1 TaBV 76/08 ist im Streit, ob auf Betriebsrats- oder Konzernbetriebsratsebene der Arbeitgeberin eine Einigungsstelle zum Regelungsgegenstand „ePost” zu errichten ist.

Die Beteiligten sind darüber einig, dass ein Mitbestimmungsrecht der Betriebsratsseite nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG in Rede steht. Dabei beansprucht der Konzernbetriebsrat und Beteiligte zu 3) für sich die Zuständigkeit zum Abschluss einer Betriebsvereinbarung für alle Unternehmen der Verlagsgruppe der Arbeitgeberin und Beteiligten zu 1). Die Arbeitgeberin und Beteiligte zu 1) hält dagegen die Zuständigkeit des örtlichen Betriebsrats und Beteiligten zu 2) für gegeben, mit dem sie am 31. Januar 2008 eine bis zum 30. Juni 2008 geltende „Testvereinbarung” zum Betrieb der „ePost” geschlossen hatte. Der Betriebsrat und Beteiligte zu 2) hält dagegen eine unternehmensübergreifende bzw. konzernweite Regelung für die Verlagsgruppe geboten.

In zwei Einigungsstelleneinsetzungsverfahren vor zwei unterschiedlichen Kammer des Arbeitsgerichts Hannover haben zum einen die Arbeitgeberin und Beteiligte zu 1) und zum anderen der Konzernbetriebsrat der Verlagsgruppe und Beteiligte zu 3) die Einrichtung der Einigungsstelle zum Regelungsgegenstand „ePost” beantragt. In beiden Verfahren ist dem Antrag stattgegeben worden, da eine offensichtliche Unzuständigkeit der Einigungsstelle nicht festgestellt werden konnte.

Im Verfahren 4 BV 13/08 hat das Arbeitsgericht Hannover die Einigungsstelle auf Betriebsebene unter dem Vorsitz des Direktors des Arbeitsgerichts K. mit 3 Beisitzern von jeder Seite errichtet. Im Verfahren 5 BV 13/08 ist die Einigungsstelle mit demselben Einigungsstellenvorsitzenden und 3 Beisitzern von jeder Seite auf unternehmensübergreifender Ebene eingesetzt worden. Was die Beschlussgründe der Entscheidungen beider Kammern des Arbeitsgerichts Hannover und den zu Grunde gelegten Sachvortrag der Beteiligten betrifft, wird auf Blatt 41 bis 46 der Akten – 4 BV 13/08 – und auf Blatt 100 bis 105 der Akten – 5 BV 13/08 – Bezug genommen.

Gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Hannover – 4 BV 13/08 –, der dem Betriebsrat und Beteiligten zu 2) am 9. Juni 2008 (Bl. 49 d. A.) zugestellt wurde, hat dieser Beschwerde nebst Begründung zum Landesarbeitsgericht eingelegt am 21. Juni 2008 (Bl. 54 d. A.). Gegen den ihr am 9. Juli 2008 (Bl. 106 d. A.) zugestellten Beschluss des Arbeitsgerichts Hannover – 5 BV 13/08 – hat die Arbeitgeberin und Beteiligte zu 1) Beschwerde nebst Begründung zum Landesarbeitsgericht eingelegt am 21. Juli 2008 (Bl. 111 d. A.).

Die Arbeitgeberin und Beteiligte zu 1) hält die unternehmensübergreifende Einrichtung einer Einigungsstelle mit dem Konzernbetriebsrat und Beteiligten zu 3) für offensichtlich unzuständig. Es fehle hier an einer originären Zuständigkeit des Konzernbetriebsrats. Die Einführung von „ePost” sei nur bei der Verlagsgesellschaft M1 und der M2 vorgesehen, nicht bei den weiteren 16 Unternehmen der M1-Gruppe. Es sei beabsichtigt, die manuelle durch eine elektronische Zuordnung in der Sachbearbeitung der Kundenbuchhaltung zu ersetzen. Allein für das Einscannen der Schriftstücke sei die M2 (M2) – eine Tochtergesellschaft der Verlagsgesellschaft M1 – als reiner Dienstleister tätig. Hinzu käme als rein technischer Dienstleister das ebenfalls konzernintern tätige G1, das für den Netzbetrieb zuständig sei. Die notwendigen Software-Lizenzen „ePost” zur Bearbeitung hätte nur die Verlagsgesellschaft M1 und Beteiligte zu 1). Ein Zugriff auf die Personaldaten oder auf die eingescannte und bearbeitete Kundenpost sei von Dritter Seite nich...

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