Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsänderung. Unterlassung. Einstweilige Verfügung

 

Leitsatz (redaktionell)

In Rechtsprechung und Literatur ist die Frage umstritten, ob dem Betriebsrat ein in einem einstweiligen Verfügungsverfahren durchsetzbarer Anspruch auf Unterlassung einer Betriebsänderung bis zum Abschluss der Verhandlungen über einen Interessenausgleich zusteht oder ob im Rahmen des § 111 BetrVG ein Unterlassungsanspruch bereits vom Grundsatz her nicht in Betracht kommt. Nach Auffassung der Kammer sprechen die besseren Argumente dafür, einen Unterlassungsanspruch des Betriebsrats zu bejahen.

 

Normenkette

BetrVG § 111

 

Verfahrensgang

ArbG Braunschweig (Beschluss vom 05.04.2007; Aktenzeichen 1 BVGa 8/07)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers und Beteiligten zu 1) wird der am 05.04.2007 verkündete Beschluss des Arbeitsgerichts Braunschweig – 1 BVGa 8/07 – abgeändert:

  1. Der Antragsgegnerin und Beteiligten zu 2) wird aufgegeben, die Fremdvergabe der Dienstleistungen an der”Theke Rechts” und der „Theke Links” sowie der weiteren im Dienstplan vom 14.04.2007, wie er im Termin am 04.05.2007 vom Antragsteller überreicht wurde, näher bezeichneten weiteren Theken der Diskothek J. sowie der Eingangskasse, der Garderobe und des Kinos der Diskothek J. sowie die geplante Fremdvergabe der Reinigungsarbeiten und DJ-Leistungen zu unterlassen, bis die Verhandlungen über einen Interessenausgleich entsprechend § 112 Abs. 1 und 2 BetrVG, ggf. einschließlich der Verhandlungen der Einigungsstelle, abgeschlossen oder endgültig gescheitert sind.
  2. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen diese Unterlassungsverfügung wird der Antragsgegnerin und Beteiligten zu 2) ein Ordnungsgeld bis zu einer Höhe von 25.000,– EUR, ersatzweise Zwangshaft gegen den gesetzlichen Vertreter der Antragsgegnerin angedroht.
 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten im einstweiligen Verfügungsverfahren über ein Unterlassungsbegehren des antragstellenden Betriebsrats.

Der Arbeitgeber betreibt eine Diskothek mit Namen J. in A-Stadt. Er beschäftigt dort ca. 137 bis 142 Arbeitnehmer. Antragsteller ist der dort bestehende siebenköpfige Betriebsrat.

Mit Schreiben vom 19.03.2007 hörte der Arbeitgeber den Betriebsrat zur beabsichtigten Kündigung von 14 Arbeitnehmern an. Diese Kündigungen wurden Ende März 2007 ausgesprochen.

Seit dem 23.03.2007 wird die Theke der Diskothek J. „Links” mit Mitarbeitern der Argentur R. betrieben. Am 27.03.2007 informierte der Arbeitgeber den Betriebsrat darüber, dass künftig kein Personal mehr beschäftigt werden soll, sondern die Diskothek J. über Fremdpersonal mit Servicedienstleistern betrieben werden soll.

Am 29.03.2007 beantragte der Betriebsrat daraufhin eine Unterlassungsverfügung beim Arbeitsgericht Braunschweig. Nach der Anhörung der Beteiligten vor dem Arbeitsgericht Braunschweig am 05.04.2007 stellte der Arbeitgeber mit Schreiben vom 10.04.2007 die geplante Betriebsänderung im J. näher dar und forderte den Betriebsrat zu Verhandlungen über einen Interessenausgleich und einen Sozialplan auf. Wegen der Einzelheiten wird auf das Schreiben des Arbeitgebers vom 10.04.2007 (Anlage zur Beschwerdeschrift Bl. 125 ff d. A.) verwiesen. Der Betriebsrat formulierte daraufhin Fragen zum Konzept und dessen Umsetzung und forderte die Übermittlung wirtschaftlicher Kennzahlen. Auf das Schreiben vom 11.04.2007 (Anlage zur Beschwerdeschrift Bl. 133 d. A.) wird Bezug genommen. Der Arbeitgeber formulierte hierzu Antworten; wegen des genauen Inhalts wird auf Bl. 131 f d. A. (Anlage zum Beschwerdeschriftsatz) Bezug genommen.

Mit weiterem Schreiben vom 21.04.2007 forderte der Betriebsrat den Arbeitgeber auf, bis zum endgültigen Abschluss der Verhandlungen über einen Interessenausgleich bzw. bis zum endgültigen Scheitern der Verhandlungen, die beabsichtigten Betriebsänderungen wie im Schreiben des Arbeitgebers vom 10.04.2007 beschrieben, nicht durchzuführen.

Die bei der Antragsgegnerin und Beteiligten zu 2) beschäftigten Arbeitnehmer haben Arbeitsverträge, die zum Teil keine Mindestarbeitszeiten vorsehen. Durch die Fremdbesetzung der Theken, wie sie für die Theke „Links” bereits seit März 2007 praktiziert wird, werden die Arbeitnehmer der Antragsgegnerin in geringerem Umfang eingesetzt. An der Theke „Links” sind pro Abend zwei bis vier Arbeitnehmer tätig; an der Theke „Rechts” zwei bis fünf Mitarbeiter.

Wegen der erstinstanzlich seitens der Beteiligten gestellten Anträge wird auf den Beschluss des Arbeitsgerichts Braunschweig vom 04.05.2004 Bezug genommen.

Mit diesem Beschluss hat das Arbeitsgericht die Anträge des Betriebsrats nach Anhörung der Beteiligten zurückgewiesen. Es hat den Unterlassungsanspruch des Betriebsrats verneint. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen.

Der Antragsteller hat gegen diesen ihm am 10.04.2007 zugestellten Beschluss am 26.04.2007 sofortige Beschwerde beim Landesarbeitsgericht eingelegt und diese sogleich begründet. Die Kammer nimmt auf den Beschwerdeschriftsatz vom 26....

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