Entscheidungsstichwort (Thema)

Annahmeverzug bei eingeteilter Sonntagsarbeit

 

Leitsatz (amtlich)

Der Beklagten als ein eine Tageszeitung produzierendes Unternehmen ist nach § 10 Abs. 1 Nr. 8 ArbZG grundsätzlich die Möglichkeit eröffnet, den Kläger am Sonntag zu beschäftigen. Ist der Kläger für eine Sonntagsschicht eingeteilt und produziert die Beklagte für den darauffolgenden Montag, der gleichzeitig Feiertag ist, keine Zeitung, kann der deshalb nicht beschäftigte Kläger aus Annahmeverzug Vergütung verlangen.

 

Normenkette

BGB §§ 615, 293 ff., § 9 Abs. 1; ArbZG § 10 Abs. 1 Nr. 8

 

Verfahrensgang

ArbG München (Urteil vom 26.09.2011; Aktenzeichen 8 Ca 8466/11)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 15.05.2013; Aktenzeichen 5 AZR 139/12)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen dasEndurteil des Arbeitsgerichts München vom26.09.2011 – Az. 8 Ca 8466/11 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte dem Kläger ausgefallene Arbeitszeit am Ostersonntag sowie am Pfingstsonntag 2011 vergüten muss.

Die Beklagte stellt in A-Stadt Erzeugnisse der Tagespresse im 6-Tage-Schichtbetrieb her. Der Kläger ist bei der Beklagten seit 01.10.2010 als Maschinenführer im Versand beschäftigt.

In Nr. 2 des Arbeitsvertrages der Parteien vom 21.09.2010 ist vereinbart:

„Ausschließlich zum Zwecke der Gleichstellung tarifgebundener und nicht tarifgebundener Arbeitnehmer vereinbaren die Parteien, dass sich die Arbeitbedingungen ungeachtet einer etwaigen Gewerkschaftszugehörigkeit des Arbeitnehmers nach den für die Firma jeweils geltenden Tarifverträgen richten, zur Zeit nach den jeweiligen tariflichen Bestimmungen in der Druckindustrie in Bayern, soweit und solange die Firma an Tarifverträge zwingend gebunden ist und soweit in diesem Vertrag nichts anderes vereinbart ist. …” (zum Inhalt des Arbeitsvertrages im Übrigen wird auf die Anlage K 1 zum klägerischen Schriftsatz vom 20.07.2011, Bl. 5 f. d. A., Bezug genommen).

Bei der Beklagten wird regelmäßig an sechs Tagen pro Woche produziert, nämlich von Sonntag bis einschließlich Freitag. Die Produktion an sechs Tagen ergibt sich daraus, dass die produzierten Tageszeitungen ebenfalls sechs Mal pro Woche erscheinen. In der am Sonntagabend beginnenden Schicht wird die jeweilige Montagsausgabe des M. hergestellt. Bei der Beklagten bestehen Schichtpläne, die jeweils die Tage Sonntag bis einschließlich Freitag umfassen. In der Regel arbeiten die Mitarbeiter in einer 5-Tage-Woche mit rollierendem schichtfreien Tag.

Nach dem Schichtplan wäre der Kläger für die am Sonntag, den 24.04.2011 (Ostersonntag) und Sonntag, den 12.06.2011 (Pfingstsonntag) jeweils um 20:00 Uhr beginnenden und am darauffolgenden Montag um 04:00 Uhr endenden Schichten eingeteilt gewesen. Die Beklagte rief mit der Begründung, dass am Ostermontag und am Pfingstmontag keine Tageszeitung erscheinen würde, die Arbeitsleistung nicht ab und vergütete den Kläger für die ausgefallenen Schichten nicht. Mit Schreiben vom 15.05.2011, das der Beklagten am 16.05.2011 zuging (Anlage K 2, Bl. 7 d. A.) und Schreiben vom 07.07.2011, der Beklagten am selben Tag zugegangen (Anlage K 3, Bl. 8 d. A.) machte der Kläger gegenüber der Beklagten seine Vergütungsansprüche geltend.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er habe einen Anspruch aus § 2 Abs. 1 EFZG, denn die Arbeit sei infolge eines gesetzlichen Feiertages entfallen. Jedenfalls trage die Beklagte nach § 615 S. 3 BGB das Risiko des Arbeitsausfalls (zum erstinstanzlichen Vortrag des Klägers im Einzelnen wird auf seinen Schriftsatz vom 20.07.2011, Bl. 1 ff. d. A., nebst Anlagen, Bezug genommen).

Der Kläger hat beantragt:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 618,94 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus EUR 309, 49 seit 01.06.2011 sowie aus EUR 309,47 seit 01.07.2011 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen

und ausgeführt, es fehle an einer Ausnahme zum Grundsatz des § 326 Abs. 1 S. 1 BGB. § 2 EFZG sei allein dann anzuwenden, wenn die Arbeit am Feiertag selbst entfiele. § 615 S. 3 BGB regle allein die Frage, ob der Arbeitgeber Vergütung zu zahlen habe, wenn er ohne eigenes Verschulden die Belegschaft aus betriebstechnischen Gründen nicht beschäftigen könne (zum erstinstanzlichen Vortrag der Beklagten im Einzelnen wird auf ihren Schriftsatz vom 02.08.2011, Bl. 11 ff. d. A., Bezug genommen).

Mit Urteil vom 26.09.2011 gab das Arbeitsgericht der Klage statt. Die Beklagte sei zwar nach § 9 ArbZG daran gehindert gewesen, den Kläger an den beiden Sonntagen einzusetzen, denn die Voraussetzungen für die Ausnahme vom Sonntagsbeschäftigungsverbot nach § 10 Abs. 1 Nr. 8 ArbZG sei nicht gegeben gewesen. Abweichend vom Grundsatz des § 326 Abs. 1 S. 1 BGB behalte der Kläger seinen Anspruch auf Vergütung aber nach § 615 S. 3 BGB. Zwar sei § 2 EFZG auf Sonntage nicht entsprechend anwendbar, weil die Norm nur die Konstellation regle, dass die Arbeit an einem Feiertag entfalle. § 2 EFZG...

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