Entscheidungsstichwort (Thema)

Alterteilzeit. Tarifvertrag für Zeitschriftenverlage. Tarifauslegung

 

Leitsatz (amtlich)

Nach dem Tarifvertrag zur Förderung der Altersteilzeit für die Zeitungsverlage in Bayern kann der Arbeitgeber frei entscheiden, ob er Alterteilzeitverhältnisse begründen will. Begründet er Alterteilzeitverhältnisse unterliegen diese den tariflichen Vorschriften.

 

Normenkette

TVG § 1 Abs. 1, § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1, 3; BGB § 611; Tarifvertrag zwischen dem Verband der Zeitschriftenverlage in Bayern e.V. undder Gewerkschaft ver.di zur Förderung der Altersteilzeit vom 19.06.2001 (TV ATZ)

 

Verfahrensgang

ArbG München (Urteil vom 28.09.2006; Aktenzeichen 19a Ca 18344/05)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 20.01.2009; Aktenzeichen 9 AZR 677/07)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 28. 09. 2006 – 19a Ca 18344/05 abgeändert:

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger für die Zeit vom 01. 09. 2005 bis 31. 08. 2008 einen monatlichen Aufstockungsbetrag auf mindestens 82,5 % gemäß dem Tarifvertrag zur Förderung der Altersteilzeit zwischen dem Verband der Zeitschriftenverlage und der Gewerkschaft ver.di zu zahlen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits

II. Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Höhe der Zuzahlung zur Altersteilzeitvergütung des Klägers.

Der am 30. Okt. 1943 geborene Kläger ist bei der Beklagten, einem Verlag von Fachzeitschriften, gemäß Arbeitsvertrag vom 16. Okt. 1986, seit 1. Nov. 1986 beschäftigt. Für die Arbeitsvertragsparteien gelten kraft Verbandszugehörigkeit die Tarifverträge des Bayerischen Zeitschriftenverlagsgewerbes.

Unter dem Datum 19. Juni 2001 war zwischen dem Verband der Zeitschriftenverlage in Bayern e.V. (nachfolgend: VZB) und der Gewerkschaft ver.di (nachfolgend: ver.di) ein Tarifvertrag zur Förderung der Altersteilzeit (nachfolgend: TV ATZ) beschlossen worden, der u.a. nachfolgende Regelungen beinhaltet:

„…

§ 2

Voraussetzung der Altersteilzeit

Beschäftigte, die das 57. Lebensjahr vollendet haben und in den letzten 5 Jahren vor Beginn der Altersteilzeit mindestens 1.080 Kalendertage eine versicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt haben, können mit dem Arbeitgeber ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis nach Maßgabe des Altersteilzeitgesetzes und der nachfolgenden Bestimmungen vereinbaren.

§ 3

Einführung/Vereinbarung von Altersteilzeit

1.

Arbeitgeber und Betriebsrat – soweit ein solcher besteht – beraten über die Möglichkeit der Einführung von Altersteilzeitarbeitsverhältnissen.

In den Beratungen sind die wirtschaftlichen Belange des Unternehmens/Betriebes und die sozialen Gesichtspunkte der betroffenen Arbeitnehmer/innen zu erörtern.

Im Anschluss daran entscheidet der Arbeitgeber, ob er Altersteilzeit nach diesem Tarifvertrag in seinem Betrieb/Unternehmen einführt. An diese Entscheidung ist er mindestens ein Kalenderjahr, bei abweichendem Geschäftsjahr zwölf Monate, gebunden.

2. …

§ 6

Altersteilzeitentgelt

1. Das Altersteilzeitentgelt beträgt die Hälfte des bisherigen Lohnes bzw. Gehaltes, gleich ob Voll- oder Teilzeit gearbeitet wurde. Das Altersteilzeitentgelt wird unabhängig von der Verteilung der Arbeitszeit für die Gesamtdauer des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses fortlaufend monatlich gezahlt.

Änderungen des tariflichen Lohnes bzw. Gehaltes wirken sich während des gesamten Altersteilzeitarbeitsverhältnisses auf das Arbeitsentgelt aus.

Für den durch den Übergang auf die Altersteilzeitbeschäftigung ausfallenden Teil seiner/ihrer bisherigen regelmäßigen Arbeitszeit erhält der/die Beschäftigte eine Aufstockungszahlung auf das Altersteilzeitentgelt auf mindestens 82,5 % des um die gesetzlichen Abzüge, die bei Arbeitnehmern gewöhnlich anfallen, verminderten Arbeitsentgeltes, das der Beschäftigte ohne Eintritt in die Altersteilzeit erzielt hätte (Netto-Arbeitsentgelt).

2. …

…”

Mit einer Zusatzvereinbarung vom 3. Mai 2005 (Bl. 7 d. A.) zum Arbeitsvertrag vom 16. Okt. 1986 vereinbarten die Parteien ab 1. Sept. 2005 ein Altersteilzeitverhältnis mit einem Aufstockungsbetrag nach dem Altersteilzeitgesetz (nachfolgend: ATG).

Mit seiner am 29. Nov. 2005 beim Arbeitsgericht München eingegangenen und der Beklagten am 9. Dez. 2005 zugestellten Klage vom 25. Nov. 2005 begehrt der Kläger die Differenzzahlung zwischen der tatsächlich erhaltenen Aufstockungszahlung zum tariflichen Aufstockungsbetrag.

Er ist der Ansicht, die Beklagte müsse kraft beidseitiger Verbandszugehörigkeit zwingend den TV ATZ zur Anwendung bringen und die höhere als die gesetzliche Aufstockung bezahlen. Sie beruft sich dabei auch auf eine Stellungnahme der Verhandlungsführerin H. von ver.di über die Intentionen bei den Tarifverhandlungen (Bl. 37 f. d. A.).

Der Kläger hat zuletzt b e a n t r a g t:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 603,92 netto für die Monate September 2005 bis einschließlich Dezember 2005 nebst 4 % Zinsen über dem jeweiligen Basisdiskontsatz liegenden Satz der Bundesbank seit Klageerhebung zu bezahlen.

Die B...

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