Verfahrensgang

ArbG Kempten (Urteil vom 29.09.1998; Aktenzeichen 4 Ca 1577/98)

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 18.01.2000; Aktenzeichen 9 AZN 959/99)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des Arbeitsgerichts Kempten vom 29.9.1998 (Az.: 4 Ca 1577/98) aufgehoben.

2. Die Klage wird abgewiesen.

3. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

 

Tatbestand

Zwischen den Parteien besteht Streit über die Bezahlung eines Betrages von DM 10.389,89, den die Klägerin als Rückzahlung einer von der Beklagten einbehaltenen Stornoreserve verlangt.

Die Klägerin war seit 1.1.1994 bei der Beklagten als Leiterin deren Geschäftsstelle in Kempten beschäftigt. Grundlage des Arbeitsverhältnisses der Parteien war ein zwischen ihnen am 16.12.1993 geschlossener Anstellungsvertrag (Bl. 5–13 d.A.), nachdem der Klägerin ein monatliches Gehalt von DM 3.500,– zuzüglich Provision zustand. In Ziffer 7) des Vertrages ist dabei folgendes bestimmt:

7. Sicherheitsleistung

Für etwaige Provisionsrückforderungsansprüche wird eine Sicherheitsrücklage durch Einbehalt von 10 % der Ihnen zustehenden Provisionen gebildet. Nach Beendigung des Vertragsverhältnisses wird die so gebildete Sicherheit an Sie erstattet, sofern und soweit Provisionsrückforderungen ausgeschlossen sind und weitere Forderungen jeglicher Art. gegen Sie nicht bestehen.

Das Vertragsverhältnis der Parteien wurde durch ein von beiden Parteien unterzeichnetes Schreiben der Beklagten vom 19./25.8.1996 (Bl. 14–15 d.A.) zum 31.10.1996 beendet. In dieser Vereinbarung der Parteien ist u. a. folgendes bestimmt:

  1. Frau … und … sind sich darüber einig, daß das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund betriebsbedingter, arbeitgeberseitiger Kündigung zum 31.10.1996 beendet wird.
  2. Frau … verzichtet auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage gegen
  3. Für den Verlust des Arbeitsplatzes erhält Frau … eine Abfindung von DM 73.000,– in entsprechender Anwendung der §§ 9, 10 KSchG nach Maßgabe des § 3 Nr. 9 EstG.

    Die Parteien sind sich darüber einig, daß mit dieser Zahlung alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und dessen Beendigung abgegolten sind.

  4. Frau … wird ab 1.9.1996 freigestellt. Der ihr zustehende anteilige Jahresurlaub 1996 gilt mit der Freistellung- als abgegolten. Für die Dauer der Freistellung erhält Frau … ihre vertraglichen Bezüge mit Ausnahme der Reisekostenpauschale.
  5. Ungeachtet von Ziffer 4, verpflichtet sich Frau …, Herrn … in den Monaten 9 und 10/96 einzuarbeiten. Sie erhält für die zweimonatige Einarbeitungszeit eine Reisekostenpauschale von DM 2.000,–/Monat.
  6. … erteilt Frau … ein wohlwollendes, qualifiziertes Arbeitszeugnis.

In einer Provisionsabrechnung für den Monat März 1998 (Bl. 16 d.A.) wies die Beklagte den zu diesem Zeitpunkt gemäß Ziffer 7) des Anstellungsvertrags einbehaltenen Gesamtbetrag mit DM 10.389,89 aus.

Die Klägerin hat vorgetragen, ihr stehe dieser Betrag zu, da es sich um von ihr erzieltes Arbeitsentgelt handele und die Stornohaftungszeit abgelaufen sei. Der Anspruch werde auch nicht durch die Ausgleichsklausel des Aufhebungsvertrages erfaßt. Denn die Auszahlung der Stornoreserve sei zum damaligen Zeitpunkt noch garnicht fällig gewesen und sei auch in die Berechnung des Abfindungsbetrages nicht eingeflossen. Bei den Verhandlungen zum Aufhebungsvertrag sei diese Frage auch nicht angesprochen worden. Die Beklagte habe in den folgenden Abrechnungen diesen Einbehalt auch jeweils ausgewiesen. Daß der Sicherheitseinbehalt von der Abfindung nicht erfaßt werde, ergebe sich auch aus der Abrechnung der Abfindung (Bl. 20–21 d.A.). Dort sei der Abfindungsbetrag, soweit er über der Freigrenze lag, voll versteuert worden. Wäre der Sicherheitseinbehalt mit der Abfindung abgefunden worden, hätte er nicht noch einmal versteuert werden dürfen.

Die Klägerin hat beantragt:

die Beklagte wird verurteilt, an den Klägerin DM 10.389,89 nebst 10 % Zinsen hieraus seit 25.3.1998 zu bezahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, ein Anspruch der Klägerin bestehe nicht mehr, weil er von der Abgeltungsklausel des Aufhebungsvertrages erfaßt werde. Dieses sei weit auszulegen, zumal sich die Klägerin vor Abschluß des Aufhebungsvertrages auch anwaltlich habe beraten lassen.

Das Arbeitsgericht Kempten hat mit Endurteil vom 29.9.1998 die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Wegen des unstreitigen Sachverhalts, des Sachvortrags der Klägerin und der Beklagten sowie den Rechtsausführungen des Arbeitsgerichts wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des Ersturteils Bezug genommen.

Gegen das ihr am 29.10.1998 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit einem am 27.11.1998 bei dem Landesarbeitsgericht München eingegangenen Schriftsatz Berufung einlegen lassen und ihr Rechtsmittel mit einem am 21.12.1998 eingegangenen Schriftsatz begründet.

Die Beklagte trägt vor, die Ausgleichsklausel im Aufhebungsvertrag erfasse den Auszahlungsanspruch schon deshalb, weil diese zum Zweck der Schaffung klarer Verhältnisse weit zu verstehen sei. Dies gelte jedenfalls im vor...

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