Entscheidungsstichwort (Thema)

Verzicht auf beamtenähnliche Versorgung kraft betrieblicher Übung durch Unterzeichnung einer Wechselvereinbarung

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Anspruch der Klagepartei auf die Gewährung eines sog. Versorgungsvertrages kraft betrieblicher Übung ist nicht gegeben, da diese mit ihrer Zustimmung zur Überführung der betrieblichen Altersversorgung in ein neues Versorgungssystem rechtswirksam auf diese verzichtet hat.

 

Normenkette

BGB §§ 133, 157, 305c, 307, 313 Abs. 3; BetrAVG § 1; BGB §§ 151, 241 Abs. 2, §§ 242, 280 Abs. 1, § 305c Abs. 1, § 307 Abs. 1 Sätze 1-2, § 313 Abs. 3 S. 1, § 611a Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG München (Entscheidung vom 13.03.2015; Aktenzeichen 33 Ca 14760/13)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 13.03.2015 - 33 Ca 14760/13 - abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Berufung der Klägerin gegen dieses Endurteil wird zurückgewiesen.

3. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten zuletzt insbesondere darüber, ob die Klagepartei Anspruch auf rückwirkende Erteilung einer Versorgungszusage hat, sowie über Zahlung eines sog. Nettovorteils, den die Klagepartei gehabt hätte, wenn die Versorgungszusage erteilt worden wäre.

Die Klagepartei ist seit dem 25.07.1994 bei der Beklagten zu einer monatlichen Bruttovergütung in Höhe von zuletzt 4.535,-- Euro beschäftigt.

Bei der Beklagten bestand ein beamtenähnliches Versorgungssystem, in das die Mitarbeiter nach 10-jährigem Bestand des Arbeitsverhältnisses aufgenommen wurden, soweit sie in dem Zeitraum 1972 bis 31.12.2001 in das Unternehmen eingetreten waren.

Die bis zum 31.12.2001 eingetretenen Mitarbeiter hatten nach einer zehnjährigen Betriebszugehörigkeit Anspruch auf eine Versorgung nach Maßgabe der Richtlinien der Versorgungskasse C GmbH (nunmehr: Versorgungskasse 1 C, abgekürzt VK1). Diese Richtlinien sahen Versorgungsleistungen nach den jeweils für bayerische Staatsbeamte geltenden Vorschriften vor. Nach einer zwanzigjährigen Betriebszugehörigkeit erhielten nahezu alle diese Mitarbeiter bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen (gute Leistungsbeurteilungen, positive Gesundheitsbeurteilungen) das sogenannte Versorgungsrecht. Hierfür wurde mit den Mitarbeitern ein Versorgungsvertrag geschlossen, der an die Stelle der Versorgungskassenzusage trat. Neben der beamtenähnlichen Versorgung, die unverändert fortgeführt wurde, sah der Versorgungsvertrag insbesondere auch Ansprüche auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall sowie Beihilfe nach beamtenähnlichen Grundsätzen vor. Die Erteilung des Versorgungsrechts führte zur Versicherungsfreiheit in sämtlichen Zweigen der Sozialversicherung.

Die Beklagte war 1972 durch eine Fusion entstanden. Zur Versorgung VK 1 und zum Versorgungsvertrag heißt es in einer Personalvereinbarung, die Anlage zum Fusionsvertrag vom 06.06.1972 war (PV 72), u.a.

"3.1

Mitarbeiter, die nach Vollendung des 17. Lebensjahres mindestens 10 Jahre bei den zu vereinigenden Instituten, der C oder beim Sparkassenverband tätig waren, erhalten eine Versorgung nach den Richtlinien der Versorgungskasse der G (Anlage 2). In besonders gelagerten Ausnahmefällen können weitere Dienstzeiten anerkannt werden.

3.2

Mitarbeiter, die mindestens 20 Jahre im Kreditgewerbe beschäftigt waren, davon mindestens 10 Jahre bei den zu vereinigenden Instituten oder der C können einen Rechtsanspruch auf Versorgung nach Maßgabe des beigefügten Vertragsmusters (Anlage 3) erhalten. Besonders tüchtigen und bewährten Mitarbeitern kann ein solcher Versorgungsanspruch vorzeitig gewährt werden. Die Entscheidung über die Gewährung trifft der Vorstand der C...."

Das Bundesarbeitsgericht hat in mehreren Urteilen vom 15.05.2012 (u.a. Az.: 3 AZR 610/11) festgestellt, dass bei der Beklagten eine betriebliche Übung bezüglich des Versorgungsvertrags entstanden ist. Danach hat jeder Mitarbeiter, der vor dem 01.01.2002 eingestellt wurde, Anspruch darauf, dass die Beklagte ihm bei Erfüllung der Wartezeit von 20 Jahren, einem Gesundheitszustand, der eine vorzeitige Ruhestandsversetzung nicht erwarten lässt, und durchschnittlich guten Beurteilungen, in Ergänzung zum bestehenden Arbeitsvertrag den Abschluss eines Versorgungsvertrages anbietet.

Die Klagepartei hätte nach Erfüllung der Wartezeit im Mai 2015 unter der Voraussetzung, dass bei ihr die weiteren Bedingungen (Beurteilung und Gesundheit) erfüllt sind, einen dementsprechenden Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt.

In einer Intranet-Veröffentlichung vom 22.07.2009 (Anlage K5) teilte die Beklagte unter der Überschrift "Betriebliche Altersversorgung" mit, dass der Verwaltungsrat beschlossen habe, die Erteilung von Direktzusagen auf beamtenähnliche Versorgung einzustellen und die betriebliche Altersversorgung für die betroffenen Mitarbeiter auf ein marktübliches, beitragsorientiertes System umzustellen.

In einem weiteren Anschreiben vom 16.09.2009 an die Mitarbeiter (Anl. K6) wurde unter der Überschr...

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