Entscheidungsstichwort (Thema)

Entgeltfortzahlung. öffentlicher Dienst

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Änderung der individuellen Arbeitszeit im Sinne der Protokollerklärung Nr. 1 Satz 3 zu § 21 Satz 2 TVöD liegt vor, wenn die arbeitsvertraglich vereinbarte Arbeitszeit geändert wird.

2. Die Änderung des Referenzzeitraums für die Bemessung der in die Entgeltfortzahlung einfließenden unsteten Entgeltbestandteile bei der Änderung der individuellen Arbeitszeit gemäß § 21 Satz 2 TVöD i.V. mit der Protokollerklärung Nr. 1 Satz 3 hierzu ist rechtlich nicht zu beanstanden.

 

Normenkette

TVöD § 21 S. 2, § 26 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG München (Urteil vom 15.02.2008; Aktenzeichen 2a Ca 12208/07)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 23.02.2010; Aktenzeichen 9 AZR 52/09)

 

Tenor

1.Die Berufung des Klägers gegen dasEndurteil des Arbeitsgerichts München vom15.02.2008 – Az. 2a Ca 12208/07 – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

2.Die Revision wird für den Kläger zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Bemessungsgrundlage für die Entgeltfortzahlung nach § 21 des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst (TVöD) vom 13.09.2005.

Der am 0.0.1953 geborene Kläger ist bei der Beklagten, die den Flughafen München betreibt, seit Oktober 1977 als Arbeiter im Bodenverkehrsdienst (teilzeit-)beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet kraft arbeitsvertraglicher Vereinbarung der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst Anwendung.

§ 21 TVöD bestimmt:

In den Fällen der Entgeltfortzahlung nach § 6 Abs. 3 Satz 1, § 22 Abs. 1, § 26, § 27 und § 29 werden das Tabellenentgelt sowie die sonstigen in Monatsbeträgen festgelegten Entgeltbestandteile weitergezahlt. Die nicht in Monatsbeträgen festgelegten Geldbestandteile werden als Durchschnitt auf Basis der dem maßgebenden Ereignis für die Entgeltfortzahlung vorhergehenden letzten drei vollen Kalendermonate (Berechnungszeitraum) gezahlt. Ausgenommen hiervon sind das zusätzlich für Überstunden gezahlte Entgelt (mit

Ausnahme der im Dienstplan vorgesehenen Überstunden), Leistungsentgelte, Jahressonderzahlungen sowie besondere Zahlungen nach § 23.

Protokollerklärungen zu den Sätzen 2 und 3:

1. Volle Kalendermonate im Sinne der Durchschnittsberechnung nach Satz 2 sind Kalendermonate, in denen an allen Kalendertagen das Arbeitsverhältnis bestanden hat. Hat das Arbeitsverhältnis weniger als drei Kalendermonate bestanden, sind die vollen Kalendermonate, in dem das Arbeitsverhältnis bestanden hat, zugrunde zu legen. Bei Änderungen der individuellen Arbeitszeit werden die nach der Arbeitszeitänderung liegenden vollen Kalendermonate zugrunde gelegt.

…”

Die Arbeitnehmer im Bodenverkehrsdienst der Beklagten arbeiten im Schichtbetrieb. Bei den zweimal jährlich erfolgenden Flugplanwechseln können sich die Schichten und damit die wöchentliche Arbeitszeit verändern. Die Schichten „vergibt” die Beklagte vorbehaltlich der Zustimmung des Betriebsrats an die Arbeitnehmer nach dem Senioritätsprinzip. So änderte sich die Arbeitszeit des Klägers ab 01.11.2006 von zuvor durchschnittlich 22,50 Wochenstunden auf durchschnittlich 19,00 Wochenstunden und ab 01.01.2007 auf durchschnittlich 17,50 Stunden.

Der Kläger hatte in den Monaten November 2006 und Januar 2007 jeweils vier Tage Urlaub. Bei der Bemessung des Urlaubsentgelts berücksichtigte die Beklagte keine unsteten Entgeltbestandteile i. S. v. § 21 Satz 2 TVöD. Diese hätten unter Zugrundelegung der dem Urlaub jeweils vorhergehenden letzten drei vollen Kalendermonate für die vier Urlaubstage im November 2006 EUR 85,32 brutto und für die vier Urlaubstage im Januar 2007 EUR 71,44 brutto betragen.

Mit seiner am 04.09.2007 beim Arbeitsgericht München eingegangenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, ihm stünden auch bei einer Entgeltfortzahlung in den Monaten, in denen sich seine Arbeitszeit aufgrund einer durch den Flugplanwechsel bedingten Änderung seiner Schichtzeiten ändere, die unsteten Entgeltbestandteile gem. § 21 Satz 2 TVöD zu.

Der Kläger hat beantragt:

  1. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, bei der Berechnung des Durchschnittslohns gem. § 21 TVöD die letzten drei Monate als Berechnungsgrundlage heranzuziehen unabhängig davon, ob sich die Monatsarbeitszeit des Klägers in diesem Zeitraum ändert.
  2. Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger EUR 156,76 brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Klageerhebung zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat unter Berufung auf die Protokollerklärung Nr. 1 zu § 21 TVöD die Auffassung vertreten, bei einer Entgeltfortzahlung in dem Monat, in dem sich die Schichtzeiten des Klägers änderten, unstete Geldbestandteile nicht berücksichtigen zu müssen, weil sich jeweils die individuelle Arbeitszeit des Klägers ändere.

Das Arbeitsgericht hat mit Endurteil vom 15.02.2008 die Klage abgewiesen und seine Entscheidung im Anschluss an ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts zu § 47 Abs. 2 Unterabs. 4 BAT (Urteil vom 13.06.1991 – 8 AZR 330/90 –, ZTR ...

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