Entscheidungsstichwort (Thema)

Streit über Urlaubsabgeltung bei andauernder Arbeitsunfähigkeit bis zum Ende des Übertragungszeitraumes

 

Leitsatz (redaktionell)

Der Abgeltungsanspruch des bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses arbeitsunfähig erkrankten Arbeitnehmers erlischt bei Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit bis zum Ende des Übertragungszeitraumes ersatzlos.

 

Normenkette

BUrlG § 7 Abs. 4

 

Verfahrensgang

ArbG Rosenheim (Urteil vom 25.06.2008; Aktenzeichen 3 Ca 6782/07 Rei)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichtes Rosenheim vom 25.6.2008 – 3 Ca 6782/07 Rei – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über einen Urlaubsabgeltungsanspruch.

Der Kläger war bei der Beklagten seit 1972 bis 30.09.2007 als Kfz-Mechaniker beschäftigt gegen einen Stundenlohn von zuletzt EUR 12,50 brutto und einer Arbeitszeit von 8 Stunden an 5 Tagen pro Woche. Das Arbeitsverhältnis endete durch einen Vergleich vor dem Arbeitsgericht Rosenheim vom 01.10.2007, wonach es einvernehmlich aus gesundheitlichen Gründen, jedoch auf Veranlassung des Arbeitgebers, zum 30.09.2007 beendet wurde.

Der Kläger machte mit seiner Klage vom 30.11.2007 zum Arbeitsgericht Rosenheim geltend, er habe noch ein restliches Urlaubsguthaben von 27 Urlaubstagen. Das von der Beklagten erstellte Urlaubs-Karteiblatt für den Kläger zeige 32 Tage Urlaubsguthaben am Jahresanfang 2007 abzüglich 5 genommener Urlaubstage im Februar 2007 und somit einen Rest von 27 Urlaubstagen. Dieser Anspruch sei nach § 7 Abs. 4 Bundesurlaubsgesetz abzugelten mit EUR 2.700,– brutto (27 Urlaubstage × 8 Stunden × 12,50 EUR).

Das Arbeitsgericht Rosenheim hat die Beklagte durch Versäumnisurteil vom 19.02.2007 verurteilt, EUR 2.700,– brutto nebst Zinsen seit 10.12.2007 abzurechnen und den sich ergebenden Nettobetrag an den Kläger auszubezahlen.

Die Beklagte hat gegen dieses Versäumnisurteil, das ihr am 21.12.2007 zugestellt wurde, am 21.12.2007 Einspruch eingelegt und vorgetragen, der geltend gemachte Anspruch bestehe nicht; der Kläger sei nach wie vor und schon seit Frühjahr 2007 durchgehend arbeitsunfähig krank. Die Erfüllbarkeit des zu Grunde liegenden Urlaubsanspruches sei jedoch zwingende tatbestandliche Voraussetzung für den Urlaubsabgeltungsanspruch. Die Darlegungs- und Beweislast trage der Arbeitnehmer. Die Erfüllbarkeit des Urlaubsanspruches sei nicht gegeben, weil der Kläger die vertraglich vorgesehene Arbeit nicht mehr aus gesundheitlichen Gründen erbringen könne und arbeitsunfähig sei. Dies komme auch im vor dem Arbeitsgericht Rosenheim am 01.10.2007 geschlossenen Vergleich zum Ausdruck, wonach das Arbeitsverhältnis einvernehmlich aus gesundheitlichen Gründen beendet worden sei. Der Kläger habe selbst in der damaligen Klage vorgetragen, die Arbeitsleistungen nicht mehr vertragsgerecht erbringen zu können.

Der Kläger hat weder schlüssig vorgetragen noch unter Beweis gestellt, dass er bis zum 31.03.2007 zu irgendeinem Zeitpunkt arbeitsfähig war.

Durch Endurteil vom 25.06.2008 hat das Arbeitsgericht Rosenheim das Versäumnisurteil vom 19.12.2007 aufgehoben und die Klage abgewiesen. Zur Begründung wird ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf Urlaubsabgeltung, denn nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes sei Voraussetzung für eine Urlaubsabgeltung nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses, dass der Urlaubsanspruch, der dem Urlaubsabgeltungsanspruch zu Grunde liege, in natura hätte genommen werden können. Dies sei hier jedoch nicht der Fall, da Voraussetzung für eine Urlaubsgewährung die Arbeitsfähigkeit des Arbeitnehmers sei.

Der Kläger hat gegen dieses Urteil, das ihm am 01.07.2008 zugestellt wurde, am 08.07.2008 Berufung eingelegt und diese gleichzeitig begründet. Er trägt im Berufungsverfahren vor, das Urteil und die ständige Rechtsprechung des BAG würden Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2003/88/EG verletzen. Nach den Schlussanträgen der Generalanwältin T. vom 24.01.2008 im Verfahren EuGH C-350/06 (Schultz-Hoff gegen Deutsche Rentenversicherung Bund, vorgelegt vom LAG Düsseldorf durch Vorlagebeschluss vom 02.08.2006) sei Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2003/88/EG so zu verstehen, dass Arbeitnehmern bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf jeden Fall ein Anspruch auf finanzielle Vergütung als Ersatz für erworbenen und nicht genommenen Urlaub (Urlaubsabgeltung) zustehe. Dem schließe sich der Kläger an.

Der Kläger beantragt im Berufungsverfahren

das angefochtene Urteil aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger EUR 2.700,– brutto nebst Zinsen seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt dagegen die kostenpflichtige Zurückweisung der Berufung und trägt vor, ein Verstoß gegen Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2003/88/EG sei nicht gegeben.

Bezüglich des Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird auf den Schriftsatz des Klägers vom 07.07.2008 (Bl. 73 bis 75 d. A.) und auf den Schriftsatz der Beklagten vom 15.07.2008 (Bl. 84 bis 86 d. A.) verwiesen.

 

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