rechtskräftig

 

Leitsatz (amtlich)

Die Stillegung eines Betriebs stellt keine mitbestimmungspflichtige Betriebsänderung i. S. von §§ 111 für Betriebsverfassungsgesetz dar, wenn ein Betrieb geschlossen wird, der von vorneherein und für die Arbeitnehmer erkennbar nur für einen zeitlich begrenzten Betriebszweck errichtet worden ist und nunmehr wegen Zweckerreichung geschlossen wird.

 

Verfahrensgang

ArbG München (Beschluss vom 18.05.1988; Aktenzeichen 7 BV 187/87)

 

Tenor

Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts München vom 18.05.1988 – 6 BV 187/87 – wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten über die Rechtswirksamkeit eines von der Einigungsstelle beschlossenen Sozialplans.

Der Arbeitgeber betreibt das Altenwohnstift am … in …, das satzungsgemäß caritativen gemeinnützigen Zwecken dient. In der Zeit vom 01.10.1984 bis Anfang 1988 betrieb der Arbeitgeber in den Räumen des Altenwohnstifts ebenso satzungsgemäß mit etwa 30 Arbeitnehmern eine Fachklinik für Multiple Sklerose (MS)-Kranke. Diese Klinik hatte von vornherein nur die Funktion, eine vorübergehende Lücke im Bereich der Versorgung von MS-Kranken zu schließen. Diese Versorgungslücke war dadurch entstanden, daß das klinisch-neurologische Behandlungszentrum … für MS-Kranke mit 30.09.1984 geschlossen worden und die als Ersatz dafür vorgesehene MS-Fachklinik … noch nicht fertiggestellt war. Der Arbeitgeber hatte sämtliche Arbeitnehmer, die in der MS-Fachklinik im Altenwohnstift beschäftigt wurden, vorher über deren vorübergehende Funktion informiert. Im November 1986 wurde sämtlichen Arbeitnehmern mitgeteilt, „daß Anfang Januar 1988 der Krankenhausbetrieb in … beginnen kann und damit die Zeit unseres Krankenhauses hier in … zu Ende geht”. Gleichzeitig wurde es als wünschenswert bezeichnet, „wenn das gut eingespielte Team von … als Personalstamm auch in … zur Verfügung stehen könnte”.

Am 15.01.1987 wählten die Arbeitnehmer der MS-Fachklinik im Altenwohnstift einen Betriebsrat. Arbeitgeber und Betriebsrat bildeten zum Zwecke der Aufstellung eines Sozialplans wegen der Stillegung der MS-Fachklinik eine Einigungsstelle. Diese beschloß den Sozialplan vom 07.09.1987. Der Spruch der Einigungsstelle wurde dem Arbeitgeber am 11.09.1987 zugestellt.

Mit dem am 22.09.1987 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antrag hat der Arbeitgeber die Feststellung der Rechtsunwirksamkeit des von der Einigungsstelle beschlossenen Sozialplans vom 07.09.1987 beantragt. Auf diesen Antrag hat das Arbeitsgericht durch Beschluß vom 18.05.1988 die Rechtsunwirksamkeit des Spruches der Einigungsstelle vom 07.09.1987 festgestellt. Das Arbeitsgericht hat seinen Beschluß im wesentlichen damit begründet, daß die Schließung der MS-Fachklinik zwar eine Betriebsänderung im Sinne von § 111 Satz 2 Nr. 1 BetrVG gewesen sei, der Betriebsrat aber nicht so rechtzeitig gewählt worden ist, daß dies die betriebsverfassungsrechtlichen Beteiligungsrechte gemäß § 111 und § 112 BetrVG hätte auslösen können. Der Betriebsrat müsse schon in einem Zeitpunkt gewählt sein, in dem noch eine Einflußnahme auf die Planung einer Betriebsänderung möglich sei. Diese Voraussetzung sei im vorliegenden Fall nicht gegeben, weil zum Zeitpunkt der Wahl des Betriebsrats die Schließung der MS-Fachklinik bereits festgestanden habe, offen sei lediglich noch der genaue Zeitpunkt der Schließung gewesen. Infolgedessen sei zum Zeitpunkt der Wahl des Betriebsrats bereits kein Raum mehr für Verhandlungen über einen Interessenausgleich gewesen. Im übrigen wird auf den Beschluß des Arbeitsgerichts Bezug genommen.

Der Betriebsrat macht im Wege der Beschwerde geltend, daß zum Zeitpunkt seiner Wahl der Zeitpunkt der Schließung der MS-Fachklinik noch nicht festgestanden habe und aus diesem Grunde die Beteiligungsrechte gemäß §§ 111 ff. BetrVG nicht ausgeschlossen seien. Dementsprechend sei die Durchführung der Schließung der MS-Fachklinik in dem beschlossenen Sozialplan auch noch sinnvoll beeinflußt worden. Der Betriebsrat beantragt demgemäß die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses des Arbeitsgerichts und die Zurückweisung des Antrags des Arbeitgebers.

Der Arbeitgeber beantragt die Zurückweisung der Beschwerde. Er macht wie schon im ersten Rechtszug geltend, daß der von der Einigungsstelle beschlossene Sozialplan nicht nur aus den vom Arbeitsgericht in dem angefochtenen Beschluß angeführten Gründen, sondern auch deswegen unwirksam sei, weil die Betriebsratswahl vom 15.01.1987 nichtig sei und die Einigungsstelle die Grenzen des ihr eingeräumten Ermessens überschritten habe.

Hinsichtlich des sonstigen Sach- und Rechtsvortrags wird auf die Beschwerdebegründung und -beantwortung Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet.

Das Arbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht die Rechtsunwirksamkeit des von der Einigungsstelle beschlossenen Sozialpans vom 07.09.1987 festgestellt.

Allerdings ist der Betriebsrat entgegen der Begründung des angefochtenen Beschlusses nicht etwa zu spät gewählt ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge