Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsvereinbarung. Fortgeltung bei Betriebsspaltung und -verschmelzung

 

Leitsatz (amtlich)

Wird ein Betrieb mit anderen Betrieben oder Teilen von anderen Betrieben zu einem neuen Betrieb zusammengefasst, so gelten die für diesen Altbetrieb bestehenden Betriebsvereinbarungen in ihrem Geltungsbereich jedenfalls dann normativ fort, wenn dieser Geltungsbereich nach wie vor räumlich oder organisatorisch abgegrenzt werden kann.

 

Normenkette

BetrVG §§ 77, 1, 3, 21a; BGB § 613a

 

Verfahrensgang

ArbG München (Beschluss vom 05.12.2007; Aktenzeichen 4a BV 233/07)

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 07.06.2011; Aktenzeichen 1 ABR 110/09)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 05.12.2007, Az. 4a BV 233/07, abgeändert:

Es wird festgestellt, dass die Betriebsvereinbarung zum Jahresarbeitszeitmodell vom 12.11.1997 in der Fassung vom 22.01.2001 in den Filialen

  • M. 1,
  • M. 15,
  • M. 33,
  • M. 40,
  • M. 44,
  • M.45,
  • M. 70,
  • M. 701,
  • M. 71,
  • M. 801,
  • M. 81,
  • M. 83,
  • M. 90,
  • M. 60,
  • B.,
  • F. 1,
  • R. 1,
  • F. 1 und
  • K. 1

Anwendung findet.

2. Die Rechtsbeschwerde wird für die Beteiligte zu 2. zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten darüber, ob eine Betriebsvereinbarung in den im Beschlusstenor genannten Filialen zur Anwendung kommt.

Antragsteller ist der Betriebsrat, für den nach § 3 Abs. 1 BetrVG gebildeten Betrieb RS der Beteiligten zu 2. Die im Tenor genannten Filialen sind dem RS zugeordnet.

Ursprünglich waren die genannten Filialen der „NPM” zugeordnet. Hier war ein Betriebsrat gebildet.

Für die „NPM” wurde am 12.11.1997 die hier streitgegenständliche Betriebsvereinbarung zum „Jahresarbeitszeitmodell” geschlossen (zum Inhalt der Betriebsvereinbarung in der Fassung vom 22.02.2001, vgl. Bl. 10 ff. d. A.). Mit Anschlussvereinbarung vom 28.06.1999 wurde für den Fall einer Kündigung vereinbart, dass die Betriebsvereinbarung bis zum Abschluss einer neuen nachwirkt (Bl. 15 d. A.). Eine Kündigung dieser Betriebsvereinbarung ist bislang nicht erfolgt.

Inhaber der „NPM” war ursprünglich die pp. AG. Daneben bestand – ebenfalls unter dem Dach der pp. AG – die „NPI”, für die ein eigener Betriebsrat gebildet war.

Vertriebsorganisatorisch bildete die pp. AG im Zuge einer Neuordnung des Filialbereichs aus der „NPM” und der „NPI” einen VD M.. Die betriebsverfassungsrechtliche Vertretung blieb dabei unangetastet; die jeweiligen Betriebsratsgremien für die beiden Niederlassungen bestanden fort.

Daneben bestanden in der pp.-Gruppe weitere – auch gesellschaftsrechtlich – selbständige Vertriebsorganisationen, zum einen zehn regionale pp. Vertriebsgesellschaften, jeweils in Rechtsform einer GmbH (unter anderem die „pp. GmbH1”) und zehn regionale pp. Retail Gesellschaften, ebenfalls in der Rechtsform einer GmbH (unter anderem die „pp. GmbH2”). Diese GmbHs wurden allesamt im Laufe des Jahres 2004 auf die „pp. GmbH3” verschmolzen, die dann in die „pp. GmbH4” umbenannt wurde. Unter dem 11.08.2004 schloss die „pp. GmbH3” (im Text des Tarifvertrages dann schon mit „pp. GmbH4” benannt) einen „Tarifvertrag gemäß § 3 BetrVG” (Bl. 177 ff. d. A.). Nach dessen § 3 sollten bei der „pp. GmbH4” die in der Anlage aufgeführten 10 regionalen Betriebe (unter anderem München) sowie die Betriebe Management, Partnermanagement und Service/IT-Filialen bestehen; je Betrieb sollte 1 Betriebsrat gebildet werden. In diesem Zusammenhang wurde auch ein Organisationsschreiben (Nr. 983/E) vom 13.09.2004 erlassen, das unter dem Betreff „Weiterentwicklung Organisation Filialen zum 01.01.2005” entsprechende Regelungen enthält (Bl. 56 ff. d.A.).

Dementsprechend wurden unter dem Dach der „pp. GmbH4” die vormaligen Betriebsorganisationen der VD München (also der NPM, NPI) und der pp. GmbH1 sowie der pp. GmbH2 zusammengeführt.

Die Mitarbeiterzahlen der zusammengeführten Betriebe werden von den Beteiligten den Größenordnungen nach übereinstimmend, allerdings nach Kopfzahlen etwas voneinander abweichend, angegeben (auf die Angaben im Schriftsatz des Betriebsrates vom 09.01.2009, dort Seite 3 ff., und der Beteiligten zu 2. vom 19.12.2008, dort Seite 8 ff., wird Bezug genommen).

Im hierdurch gebildeten Betrieb München der „pp. GmbH4” wurden im Frühjahr 2005 Betriebsratswahlen durchgeführt. Schon im Schreiben vom 29.09.2004 (Nr. 998/E; nach dem dem internen Sprachgebrauch der pp. eine „Anweisung”, vgl. Einleitung des Schreibens) war unter Ziffer 1.1 unter anderem geregelt, dass bei den zehn regionalen Betrieben im ersten Halbjahr 2005 Betriebsratswahlen durchgeführt werden, die bis 30.06.2005 abgeschlossen sind (zum Inhalt des Schreibens im Einzelnen und im Übrigen vgl. Bl. 44 ff. d. A.).

Zum 01.01.2006 wurde der Filialbereich erneut neu organisiert. 850 Filialen (bundesweit) blieben bei der „pp. GmbH4”, 1.172 Filialen wurden der „pp. AG” zugeordnet. Die „pp. GmbH4” wurde in die „pp. AG” (Beteiligte zu 2.) umfirmiert. Bezogen auf den Betrieb München wurden von 187 Filialen (Stand 31.12.2005) 106 Filialen auf die „pp. AG” überführt, 86 Filialen...

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