Entscheidungsstichwort (Thema)

Fälligkeit der Zulage für die Pflege von Kranken in geschlossenen oder halbgeschlossenen Abteilungen

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Zulage für die Pflege von Kranken in geschlossenen oder halbgeschlossenen Abteilungen wird nicht schon dann fällig, wenn auf der Station weniger als die Hälfte der Patienten unter Verschluß gehalten werden müssen.

 

Normenkette

BAT-O Protokollerklärung Nr. 1 Abs. 1b der Anlage 1b Abschn. A

 

Verfahrensgang

ArbG Schwerin (Aktenzeichen 22 Ca 4374/94)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 06.11.1996; Aktenzeichen 10 AZR 214/96)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

II. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Frage, ob dem Kläger eine besondere Pflegezulage zusteht.

Der Kläger ist seit 1986 bei der Beklagten als Krankenpfleger beschäftigt. Der BAT-O findet aufgrund beidseitiger Tarifbindung Anwendung auf das Arbeitsverhältnis. Der Kläger ist in der Klinik für Neurologie und Psychiatrie auf der psychiatrischen Station als Krankenpfleger beschäftigt. Die Beklagte verfügt in der psychiatrischen Abteilung über insgesamt 56 vollstationäre Betten, die sich auf zwei Stationen zu jeweils zehn Betten verteilen. Zehn Betten werden auf beiden Stationen in insgesamt vier abschließbaren Zimmern für Patienten bereitgehalten, die die Station grundsätzlich nicht verlassen dürfen, und am Verlassen gehindert werden müssen. Die Anzahl dieser Patienten ist zwischen den Parteien streitig, sie beträgt jedoch jedenfalls weniger als 20 Prozent. Die Zimmer dieser Patienten sind in der Regel nicht abgeschlossen. Die Pfleger haben von ihrem Dienstzimmer die Ausgangstür im Blickfeld. Sie können so gegebenenfalls die fraglichen Patienten am Verlassen der Station hindern.

Der Kläger beruft sich auf die Protokollerklärung Nr. 1 Absatz 1 Buchstabe b) der Anlage 1 b Abschnitt A des BAT-O die auszugsweise folgenden Wortlaut hat:

„(1) Pflegepersonen der Vergütungsgruppen Kr. I – Kr. VII, die die Grund- und Behandlungspflege zeitlich überwiegend bei

b) Kranken in geschlossenen oder halbgeschlossenen (Open-door-System) psychiatrischen Abteilungen oder Stationen.

ausüben, erhalten für die Dauer dieser Tätigkeit eine monatliche Zulage …”

Der Kläger hat in erster Instanz vor dem Arbeitsgericht Sch. die Auffassung vertreten, es handelt sich bei der Station, auf der er tätig sei, um eine halbgeschlossene Abteilung im Sinne der genannten Protokollerklärung, da ständig Patienten vorhanden seien, die am Verlassen der Station gehindert werden müßten.

Der Kläger hat beantragt,

  1. festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger für die Dauer seiner Tätigkeit als Krankenpfleger in der Klinik für Neurologie und Psychiatrie im Städtischen Krankenhaus Wismar, auf der psychiatrischen Station monatlich seit dem 1. Februar 1994 die Pflegezulage gemäß Protokollerklärung Nr. 1 Abs. 1 Buchstabe b) der Anlage 1 b Abschnitt A des Bundesangestelltentarifvertrages (BAT-O) zu zahlen;
  2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger DM 797,40 brutto zuzüglich 4 % Zinsen seit dem 28.12.1994 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, daß allein der Umstand, daß vereinzelt Patienten unter Verschluß gehalten werden müßten, die psychiatrische Station nicht zu einer halbgeschlossenen machen könne.

Das Arbeitsgericht Sch. hat durch Urteil vom 16.08.1995 die Klage abgewiesen und die Kosten des Rechtsstreits dem Kläger auferlegt. Der Streitwert ist auf 2.656,80 DM festgesetzt worden. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, Sinn und Zweck der streitgegenständlichen Zulage sei es, die besonderen Schwierigkeiten und Belastungen der Pfleger beim Umgang mit Patienten, die der Unterbringung einer geschlossenen oder halbgeschlossen Anstalt bedürfen, zu honorieren. Gerade diese besondere Belastung sei aber bei den vorliegenden Zahlen nicht in ausreichendem Umfang gegeben. Die besondere Belastung, die sich daraus ergebe, daß die Pfleger ständig beobachten müssen, welche Patienten die Station verlassen und ob sich darunter Patienten befinden, die die Station aus medizinischen oder rechtlichen Gründen nicht verlassen dürfen, soll durch die Zulage nicht ausgeglichen werden. Dabei handele es sich um eine Belastung, die, wenn auch vielleicht teilweise in geringerem Umfang, in jeder psychiatrischen Station auftreten dürften.

Im übrigen wird gemäß § 543 Abs. 2 ZPO auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen.

Dieses Urteil ist dem Kläger am 24.08.1995 zugestellt worden. Er hat dagegen Berufung eingelegt, die am 20.09.1995 beim Landesarbeitsgericht eingegangen ist. Nachdem die Berufungsbegründungsfrist bis zum 20.11.1995 verlängert worden ist, ist die Berufungsbegründung am 17.11.1995 beim Landesarbeitsgericht eingegangen.

Der Kläger ist der Auffassung, es sei unerheblich, zu welchem Anteil Patienten vorhanden seien, die eine halbgeschlossene psychiatrisches Betreuungssystem erforderten. Die tariflichen Voraussetzungen seien schon dann gegebe...

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