Entscheidungsstichwort (Thema)

Einzelhandel Mecklenburg-Vorpommern. Tarifvertrag. Kassierer. Kassenzulage. Ausgangskasse. SB-Kasse. Funktionszulage. Urlaubsentgelt. Entgeltfortzahlung. Arbeitsunfähigkeit. Gleichbehandlung. Geschlechtsdiskriminierung. Kassenzulage nach Einzelhandelstarifvertrag Mecklenburg-Vorpommern. Kassenzulage im Einzelhandel bei Arbeitsunfähigkeit und Erholungsurlaub. Leistungsklage einer teilzeitbeschäftigten Kassiererin an Ausgangskassen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Nach § 2.8 des Entgelttarifvertrages für den Einzelhandel Mecklenburg-Vorpommern erhalten Kassiererinnen, die im Wochendurchschnitt mehr als 24 Stunden an Ausgangskassen tätig sind, eine Zulage (Kassenzulage); teilzeitbeschäftigte Kassiererinnen erhalten die Kassenzulage schon dann, wenn sie eine ihrer Teilzeitquote entsprechend geringere Anzahl von Stunden im Wochendurchschnitt an Ausgangskassen verbringen.

2. Gibt es in einem Ladenlokal nur Ausgangskassen im Tarifsinne und keine Etagenkassen oder sonstigen Kassen mehr, erhält die Kassiererin stets die Kassenzulage, solange sie als Kassiererin im Tarifsinne anzusehen ist und somit zu mehr als der Hälfte ihrer Arbeitszeit als Kassiererin eingesetzt wird.

3. Ausfallzeiten wegen Urlaubs, Arbeitsunfähigkeit, Überstundenabbau oder aus ähnlichen Anlässen haben keine Auswirkungen auf die Möglichkeit, die Kassenzulage zu verdienen; maßgebend ist stets die tatsächliche monatliche Arbeitsleistung und der Anteil der Kassenstunden an dieser tatsächlichen Arbeitszeit.

4. Bezieht die Arbeitnehmerin für ihre tatsächlich erbrachte Arbeitsleistung die Kassenzulage stets und durchgängig, muss die Kassenzulage auch bei der Berechnung des Urlaubsentgelts nach § 9.7 des Manteltarifvertrages für den Einzelhandel Mecklenburg-Vorpommern (MTV) sowie bei der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle nach § 8.2 MTV berücksichtigt werden.

 

Normenkette

TVG § 1; MTV Einzelhandel Mecklenburg-Vorpommern; ETV Einzelhandel MV; EFZG § 4; BUrlG § 11; TzBfG § 4; BGB § 611 Abs. 1; MTV Einzelhandel Mecklenburg-Vorpommern § 8.2, § 9.7; ETV Einzelhandel MV § 2.8, § 3.1 S. 2; EFZG § 4 Abs. 1; TzBfG § 4 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Rostock (Entscheidung vom 29.12.2010; Aktenzeichen 4 Ca 2032/09)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Rostock vom 29. Dezember 2010 (4 Ca 2032/09) wird zurückgewiesen.

2. Unter teilweiser Abänderung des arbeitsgerichtlichen Urteils wird die Beklagte auf die klägerische Anschlussberufung hin verurteilt, an die Klägerin weitere 182,20 Euro brutto als Kassenzulage für die Monate Juni bis September 2009 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 136,65 Euro seit dem 1. September 2009 und auf weitere 45,55 Euro seit dem 1. Dezember 2009 zu zahlen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 1/10 und die Beklagte zu 9/10.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Parteien steht in Streit, in welchem Umfang der Klägerin die Kassenzulage nach § 2.8 des Entgelttarifvertrages für den Einzelhandel Mecklenburg-Vorpommern (ETV Einzelhandel MV) zusteht.

Die Klägerin arbeitet bei der Beklagten, einem bundesweit tätigen Filialunternehmen des Einzelhandels, in Ladenlokalen in C-Stadt. Zunächst war dies im Streitzeitraum ein Ladenlokal in R., seit 2010 ist die Klägerin in einem Ladenlokal in der Innenstadt tätig. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist 2009 aufgrund eines Betriebsübergangs entstanden; die Klägerin ist bereits seit vielen Jahren im Einzelhandel tätig. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden nach dem unstreitigen Sachvortrag beider Parteien die Tarifverträge für den Einzelhandel im Bundesland Mecklenburg-Vorpommern zumindest auch aufgrund arbeitsvertraglicher Inbezugnahme Anwendung. Die Klägerin erhält Vergütung nach der Gehaltsgruppe 2 des § 3 ETV Einzelhandel MV aus der Stufe "nach dem 7. Tätigkeitsjahr".

Die tarifliche Wochenarbeitszeit einer Vollzeitkraft beträgt nach § 5.1 des Manteltarifvertrages für den Einzelhandel im Bundesland Mecklenburg-Vorpommern (MTV Einzelhandel MV) 39 Stunden. Zwischen den Parteien besteht eine Teilzeitvereinbarung, wonach die Klägerin monatlich 96 Stunden zu arbeiten hat. Dafür bekam sie bis Oktober 2009 ein Entgelt in Höhe von 1.138,74 Euro und ab November 2009 aufgrund einer Tariferhöhung in Höhe von 1.161,51 Euro brutto monatlich.

Die Zahlung der Kassenzulage ist nach § 2.8 ETV Einzelhandel MV davon abhängig, dass die Kassiererin eine bestimmte Anzahl von Stunden an einer Ausgangskasse eingesetzt wird. Die Vorschrift lautet wörtlich:

"SB-Kassierer/innen erhalten in den Monaten, in denen sie auf Anweisung der Geschäftsleitung im Wochendurchschnitt mehr als 24 Stunden an Ausgangskassen (check-out) tätig sind, eine Funktionszulage von 4 % ihres Tarifentgelts."

Die Klägerin wird von der Beklagten überwiegend an den Kassen eingesetzt. Nach der Arbeitsorganisation in den Ladenlokalen der Beklagten sind die bei ihr tätigen Kassenkräfte aber auch verpflichtet, andere Arbeiten auszuführe...

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