Entscheidungsstichwort (Thema)

Streitgegenstand. Auslegung DRK-Reformtarifvertrag. DRK-Arbeitsbedingungen-Ost. Deutsches Rotes Kreuz. Klage auf Entgelterhöhungen nach dem DRK-Reformtarifvertrag. Vergütung einer Krankenschwester nach den Tarifverträgen und Arbeitsbedingungen des Deutschen Roten Kreuzes

 

Leitsatz (amtlich)

1. Bei der Auslegung von Arbeitsverträgen ist das zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses allgemein vorhandene Vorverständnis zu berücksichtigen, wie es z. B. seinen Ausdruck findet in dem damals vorliegenden Urteilen des Bundesarbeitsgerichtes.

2. Arbeitsbedingungen im Sinne von § 19 der Satzung des Deutschen Roten Kreuzes vor 2009 dienen der Vereinheitlichung von Regelungen. Sie weichen von zeitgleich geltenden Tarifverträgen nicht ab (BAG vom 27.11.2002 - 4 AZR 663/01 -, Juris Rz. 24; LAG Niedersachsen vom 15.12.2005 - 7 Sa 2004/04 -, Juris Rz. 52). Die Inhaltsgleichheit ergibt sich aus dem Zweck, nämlich der Vereinheitlichung von Regelungen, der sonst nicht erreicht werden könnte. Diese Auslegung der Satzung ist im Wortlaut angelegt. Sie entspricht dem Interesse des DRK an weitgehend einheitlichen Regelungen innerhalb des Verbandes.

3. Eine arbeitsvertragliche Verweisung auf DRK - Arbeitsbedingungen - Ost erfüllt die Voraussetzung von § 2 Abs. 3 Satz 1 Nachweisgesetz und verstößt nicht gegen § 308 Nr. 4 BGB.

 

Normenkette

BGB §§ 133, 157, 305 c Abs. 2, § 308 Nr. 4; NachwG § 2 Abs. 3 S. 1; Satzung DRK (vor 2009) § 19; BGB §§ 138, 307 Abs. 1 S. 2, § 611 Abs. 1; Satzung DRK § 19 Abs. 3-4

 

Verfahrensgang

ArbG Schwerin (Entscheidung vom 02.08.2012; Aktenzeichen 6 Ca 2576/11)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Beklagten vom 22.10.2012 wird das Urteil des Arbeitsgerichtes Schwerin vom 02.08.2012 abgeändert, soweit die Beklagte zur Zahlung von 4.077,12 Euro brutto nebst Zinsen verurteilt wurde.

Die Klage wird im vollen Umfang abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten beider Rechtszüge.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt für die Zeit von Juni 2011 bis Dezember 2011 mehr Geld wegen tariflicher Lohnerhöhungen basierend auf dem sogenannten DRK-Reformtarifvertrag, falscher Eingruppierung oder sittenwidrig niedrigem Entgelt.

Die 1980 geborene Klägerin war seit 03.09.2001 bei der Beklagten als Krankenschwester beschäftigt, seit 2004 zu einer wöchentlichen Arbeitszeit von 33,25 Stunden. Sie erhielt zuletzt bei Arbeit in einer Intensivstation etwa 1.682,59 Euro brutto monatlich, darin enthalten 1.543,80 Euro Grundvergütung (Blatt 5) und eine Intensivzulage. Wegen der näheren Einzelheiten der exemplarisch zur Akte gereichten Abrechnung für September 2011 wird auf die Anlage K1, Blatt 8 d. A., verwiesen. Inzwischen arbeitet die Klägerin nicht mehr bei der Beklagten.

Im insoweit unveränderten Arbeitsvertrag vom 26.07.2001 heißt es auszugsweise (Blatt 9 - 11):

"§ 2

Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach den Arbeitsbedingungen des DRK(O) in der jeweils gültigen Fassung.

§ 3

Die Angestellte ist in die Vergütungsgruppe KR IV (DRK-Tarifvertrag Ost) eingruppiert."

Wegen der im Internet veröffentlichten Satzung des Deutschen Roten Kreuzes e. V. (im Folgenden abgekürzt DRK) Stand 2009 wird verwiesen auf (Blatt 260)

[http://www.drk.de/fileadmin/Ueber_uns/DRK-Bundessatzung_2009.pdf. ]

Wortlaut und Entwicklung von Arbeitsbedingungen und Tarifverträgen beim DRK sind teilweise im Streit. Unstreitig ist Folgendes: Nach 1989 gab es unterschiedliche DRK-Tarifverträge für die neuen und alten Bundesländer, genannt DRK-Tarifvertrag Ost und DRK-Tarifvertrag West, die sich zu unterschiedlichen Zeiten teils mehr und teils weniger an die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes anlehnten. Die DRK-Arbeitsbedingungen-Ost wurden nach 2000 nicht mehr aktualisiert. Der DRK-Tarifvertrag Ost wurde mit Schreiben vom 04.07.2001 zum 31.12.2001 gekündigt. Mit dem 27. Änderungstarifvertrag wurde mit Wirkung zum 01.01.2007 ein einheitlicher DRK-Tarifvertrag für alle Bundesländer geschaffen, genannt DRK-Reformtarifvertrag, der (auch hinsichtlich der Entgelthöhe) durch Änderungstarifverträge aktualisiert wurde. Der DRK-Reformtarifvertrag enthält andere Eingruppierungsvorschriften als der DRK-Tarifvertrag Ost.

Wegen des Wortlautes der auszugsweise zur Akte gereichten DRK-Arbeitsbedingungen-Ost wird auf die Anlage B1, Blatt 68 - 86 d. A., verwiesen. Wegen des Wortlauts von Erklärungen zu den Arbeitsbedingungen aus dem Jahre 2000 wird verwiesen auf die Anlage B2, Blatt 62 - 67 d. A. Wegen in Schriftsätzen erwähnter Daten und Namen von Tarifverträgen nebst zur Akte gereichter dazugehöriger Tabellen und Textauszüge wird verwiesen auf Seite 3 des Schriftsatzes vom 16.02.2012 nebst Anlagen zu dem Schriftsatz, Blatt 26 - 34 d. A., Blatt 5 f. des Schriftsatzes vom 18.12.2012, Blatt 237 f. sowie auf Blatt 272 - 276 d. A..

Die Klägerin erhielt nach Nichtfortführung der DRK-Arbeitsbedingungen-Ost Entgelterhöhungen, nach Angaben der Beklagten 141,42 Euro (Blatt 39). Mit Schreiben vom 30.11.2011, der Beklagten am 01.12.2011 zugegangen, begehrt die Kläge...

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