Entscheidungsstichwort (Thema)

Wirksame Verlängerung eines befristeten Arbeitsvertrages einer Lehrkraft für besondere Aufgaben an Universitätsinstitut

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Zuordnung zum wissenschaftlichen Personal im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG kann sich bereits aus einem wissenschaftlichen Zuschnitt der abzuhaltenden Lehrveranstaltungen ergeben. Die Anleitung von Studierenden zu wissenschaftlichem Arbeiten impliziert regelmäßig eine wissenschaftliche Tätigkeit der Lehrkraft.

2. Die Verlängerung des befristeten Arbeitsvertrages nach § 2 Abs. 5 Satz 1 WissZeitVG tritt automatisch ein, ohne dass es des Abschlusses eines neuen Arbeitsvertrags bedarf. Das hierzu erforderliche Einverständnis der Mitarbeiterin oder des Mitarbeiters unterliegt nicht dem Schriftformerfordernis des § 14 Abs. 4 TzBfG; es kann somit auch mündlich erklärt werden.

 

Normenkette

WissZeitVG § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 1, 5; TzBfG § 14 Abs. 4; WissZeitVG § 1 Abs. 1 Sätze 1, 5, § 2 Abs. 5 S. 1; TzBfG § 15 Abs. 5

 

Verfahrensgang

ArbG Rostock (Entscheidung vom 27.11.2014; Aktenzeichen 2 Ca 95/14)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 30.08.2017; Aktenzeichen 7 AZR 524/15)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Rostock vom 27.11.2014 - 2 Ca 95/14 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Befristung des Arbeitsverhältnisses nach dem WissZeitVG.

Die am 10.12.1972 geborene Klägerin schloss nach ihrer Ausbildung zur Diplom-Pädagogin mit dem beklagten Land zum 15.10.2008 einen auf den 31.12.2010 befristeten Arbeitsvertrag als Lehrkraft für besondere Aufgaben mit einer Teilzeitbeschäftigung im Umfang von 50 % der regelmäßigen Arbeitszeit, d. h. mit 20 Wochenstunden bzw. einer Unterrichtsverpflichtung von acht Semesterwochenstunden. Gemäß Stellenbeschreibung vom 08./14.10.2008 übertrug das beklagte Land ihr an der Universität B-Stadt, Philosophische Fakultät, Institut für Pädagogische Psychologie, folgende Aufgaben:

"...

5. Darstellung der Tätigkeit

lfd. Nr.

Aufgaben

ausführliche Beschreibung der dabei anfallenden Arbeitsschritte u. ggf. Angabe der anzuwendenden Vorschriften

Anteil an gesamter AZ

1

2

3

4

1.

Lehre

Lehrveranstaltungen im Bereich der Pädagogischen Psychologie wie von den BA-/MA-Prüfungsordnungen sowie der LehPrVO-MV 2000 vorgesehen:

- Grundlagenseminare zur Entwicklungspsychologie, zur Lernpsychologie, zur kognitiven Psychologie, zur Sozialpsychologie, zur Differenziellen Psychologie und pädagogisch-psychologischen Diagnostik.

- Vertiefungsseminare

- Weitere Lehrveranstaltungen nach Bedarf. Die Seminarplanung erfolgt auf der Grundlage aktueller psychologischer Theorien in enger Abstimmung und unter Beachtung der Inhalte der vom Institut angebotenen Vorlesungen. Die Studierenden (B.A./M.A., Lehramt, auch Diplom) können in den Seminaren Leistungsnachweise erwerben bzw. im Zusammenhang mit Lehrmodulen Modulprüfungen ablegen. Die Durchführung der Seminare erfolgt erforderlichenfalls mithilfe von modernen Medien (Lernplattformen etc.). Ein Teil der Lehrveranstaltungen kann in Form paralleler Kurse erfolgen.

70 %

8 SWS

2.

Lehrbegleitende Tätigkeiten, Betreuung und Organisation der Lehre

Beratung von Studierenden. Insbesondere Beratung, Anleitung und Betreuung von Studierenden beim Einsatz von diagnostischen Methoden und von Förderprogrammen.

Prüfungstätigkeiten:

- Abnahme mündlicher Prüfungen im 1. Staatsexamen (Beisitz).

- Abnahme von Modulprüfungen.

- Themenstellung und Korrektur (Erst- und Zweitgutachten) schriftlicher Prüfungen im 1. Staatsexamen.

- Mitarbeit bei der Erstellung von Studienmaterialien (auch digitale Medien)

- Mitarbeit bei der Studienorganisation (Einschreibungen in die Lehramtsseminare am Institut, Bearbeitung von Sammellisten und Verteilung der Prüflinge auf die Prüfer usw.).

- Mitarbeit bei Betrieb bzw. Verwaltung der Testothek (Organisation, Testbeschaffung usw.).

30 %

..."

Kurz nach der Einstellung schloss die Klägerin das Promotionsverfahren zum Dr. phil. erfolgreich ab.

Mit dem Änderungsvertrag vom 27.07./05.08.2010 verlängerten die Parteien das Arbeitsverhältnis unter Bezugnahme auf § 2 Abs. 1 WissZeitVG über den 31.12.2010 hinaus um weitere zwei Jahre bis zum 31.12.2013. Die Arbeitsaufgaben blieben unverändert. Der Zeitanteil betrug zuletzt wiederum 50 % der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit einer Vollbeschäftigten.

Ab dem 10.10.2010 unterlag die Klägerin einem Beschäftigungsverbot. Ab dem 30.05.2011 befand sie sich im Mutterschutz. Im unmittelbaren Anschluss daran beantragte sie Elternzeit.

Daraufhin unterrichtete das beklagte Land sie mit Schreiben vom 28.07.2011 wie folgt über die Verlängerung des Arbeitsvertrages:

"...

Verlängerung des Arbeitsvertrages

Sehr geehrte Frau Dr. ...,

Ihr derzeitiger Arbeitsvertrag endet am 31.12.2013. Mit Ihrer Zustimmung verlängert sich Ihr Arbeitsvertrag gemäß § 2 Abs. 5 Nr. 3 Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG) um die Zeit und in dem Umfang, in der eine Erwerbstätigkeit aufg...

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