Entscheidungsstichwort (Thema)

Übernahme von Auszubildenden in der norddeutschen Metall- und Elektroindustrie. Unbegründete Schadensersatzklage eines Ausgebildeten bei akuten Beschäftigungsproblemen infolge Kurzarbeit in der maßgeblichen Berufsgruppe

 

Leitsatz (amtlich)

1. Nach § 7.3 des Tarifvertrages Aufbau und Sicherung von Beschäftigung der Metall- und Elektroindustrie für die Länder Hamburg und Umgebung, Schleswig-Holstein sowie Mecklenburg-Vorpommern vom 23.05.2012 (TV Besch) ist ein Ausgebildeter, sofern ihm kein unbefristetes Arbeitsverhältnis angeboten wird, nach bestandener Abschlussprüfung für mindestens 12 Monate befristet zu übernehmen. Nach § 7.5 TV Besch kann davon mit Zustimmung des Betriebsrats abgesehen werden, wenn das Angebot eines Arbeitsverhältnisses wegen akuter Beschäftigungsprobleme nicht möglich ist.

2. Akute Beschäftigungsprobleme liegen nicht nur dann vor, wenn Entlassungen unmittelbar bevorstehen, sondern können sich auch daraus ergeben, dass der übernommene Auszubildende aufgrund von Kurzarbeit in seiner Berufsgruppe nicht eingesetzt werden kann. Sinn und Zweck der befristeten Übernahme in ein Arbeitsverhältnis ist es vorrangig, dem Berufsanfänger Berufspraxis zu verschaffen, um so seine Vermittlungschancen auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern.

 

Normenkette

TVG § 1; BGB § 280 Abs. 1, § 281 Abs. 1; TV-Beschäftigung § 7.3; TV-Beschäftigung § 7.5; BGB § 280 Abs. 1 S. 1, § 281 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, § 611 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Rostock (Entscheidung vom 14.12.2016; Aktenzeichen 4 Ca 1185/16)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Rostock vom 14.12.2016 - 4 Ca 1185/16 - wird zurückgewiesen.

2. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

3. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über Schadensersatzansprüche wegen Nichtübernahme in ein befristetes Arbeitsverhältnis im Anschluss an die Berufsausbildung.

Der 1992 geborene Kläger schloss zum 01.09.2012 mit der N. Y. W. GmbH einen Vertrag über die Ausbildung zum Konstruktionsmechaniker mit einer Laufzeit bis zum 28.02.2016.

Am 01.10.2015 unterrichtete die N. Y. W. GmbH gemeinsam mit dem stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden ihre 20 Auszubildenden des 4. Ausbildungsjahres, u. a. auch den Kläger, darüber, dass eine Übernahme in ein Arbeitsverhältnis nach der Ausbildung aus wirtschaftlichen Gründen nicht möglich sein wird. Zu diesem Zeitpunkt verfügte die N. Y. W. GmbH nur noch über einen laufenden Auftrag, die Fertigstellung der Plattform DolWin Gamma. Nachfolgeaufträge lagen nicht vor, weshalb es bereits Verhandlungen mit dem Betriebsrat über einen Personalabbau und die Einrichtung einer Transfergesellschaft gegeben hatte. Um den Jahreswechsel 2015/2016 herum zeichnete sich dann ein Verkauf des Unternehmens ab, weshalb die N. Y. W. GmbH entschied, doch noch 9 der insgesamt 20 Auszubildenden befristet zu übernehmen.

Da der Kläger die Abschlussprüfung zunächst nicht bestand, verlängerte sich sein Ausbildungsverhältnis bis zur Wiederholungsprüfung. Am 26.04.2016 ging das Ausbildungsverhältnis des Klägers gemäß Übertragungsvertrag vom 15.03.2016, der auf § 613a BGB Bezug nimmt, auf die Beklagte über.

Auf das Ausbildungsverhältnis der Parteien finden kraft beiderseitiger Verbandszugehörigkeit die Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie für die Länder Hamburg und Umgebung, Schleswig-Holstein sowie Mecklenburg-Vorpommern Anwendung, u. a. der am 01.06.2012 in Kraft getretene Tarifvertrag Aufbau und Sicherung von Beschäftigung vom 23.05.2012, abgeschlossen zwischen dem Verband der Metall- und Elektroindustrie e. V., Hamburg (Nordmetall) sowie der IG Metall, Bezirksleitung Küste, Hamburg (im Folgenden: TV Besch). In diesem Tarifvertrag heißt es:

"...

§ 7

Übernahme von Auszubildenden

Die Tarifvertragsparteien sind sich einig, dass die Ausgebildeten in der Regel nach bestandener Abschlussprüfung unbefristet in ein Arbeitsverhältnis übernommen werden sollen.

Die Tarifvertragsparteien gehen weiter davon aus, dass die Anzahl der angebotenen Ausbildungsplätze nach Möglichkeit gesteigert werden soll, zumindest aber konstant bleibt.

7.1 Die Betriebsparteien beraten im Rahmen der Personalplanung gemäß §§ 92, 96 BetrVG den Bedarf an Ausbildungsplätzen.

7.2.1 Der Arbeitgeber ermittelt vor Beginn der Ausbildung den voraussichtlichen Bedarf; die Betriebsparteien können durch freiwillige Betriebsvereinbarung diesen voraussichtlichen Bedarf vereinbaren und daraus folgend in der Vereinbarung festlegen, wie vielen Auszubildenden im Anschluss an die bestandene Abschlussprüfung die Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis angeboten wird. Die gemäß dieser Betriebsvereinbarung über Bedarf Ausgebildeten haben keinen Anspruch auf Übernahme.

7.2.2 ...

7.3 Soweit vor Beginn der Ausbildung zwischen den Betriebsparteien keine Vereinbarung getroffen wird, hat der Arbeitgeber spätestens sechs Monate vor dem Ende der Ausbildungsverträge der jeweiligen Jahrgäng...

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