Entscheidungsstichwort (Thema)

Innerbetriebliche Gleichbehandlung nach Maßgabe des Spartentarifvertrages einer Beschäftigtengruppe. Feststellungsklage zum Anspruch eines Werkstattmitarbeiters auf dem Fahrpersonal gewährte Ersatzfeiertage

 

Leitsatz (amtlich)

Wenn der Arbeitgeber aufgrund innerbetrieblicher Regelung das Werkstattpersonal mit dem Fahrpersonal (§ 20 Spartentarifvertrag Nahverkehr Mecklenburg-Vorpommern) gleich behandelt, können sich auch Arbeitnehmer aus der Werkstatt auf die Feiertagsregelungen aus dem Spartentarifvertrag Nahverkehr Mecklenburg-Vorpommern berufen.

 

Normenkette

TVG § 1; GG Art. 3; BGB §§ 242, 611 Abs. 1; TV-Nahverkehr MV §§ 3, 9 Abs. 1 S. 2 Buchst. c), § 20; TV-Nahverkehr MV Anlage 3 § 11 S. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Rostock (Entscheidung vom 16.06.2015; Aktenzeichen 2 Ca 918/14)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 22.03.2018; Aktenzeichen 6 AZR 834/16)

 

Tenor

1. Unter Abänderung des arbeitsgerichtlichen Urteils wird festgestellt, dass der Kläger für jeden zahlungspflichtigen Wochenfeiertag Anspruch auf einen bezahlten freien Tag nach § 11 Satz 3 Anlage 3 TV-N MV hat.

2. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreites trägt die Beklagte.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, wie Feiertagsarbeit nach dem maßgeblichen Tarifvertrag zu vergüten beziehungsweise mit Freizeit auszugleichen ist.

Die Beklagte betreibt städtischen Nahverkehr in Mecklenburg-Vorpommern. Der Kläger ist seit 1982 als KfZ-Mechaniker in Vollzeit bei der Beklagten bzw. bei deren Vorgängergesellschaften beschäftigt. Er ist eingesetzt in der hauseigenen Werkstatt und arbeitet dort im Schichtdienst. Der Schichtdienst umfasst auch Arbeiten an Wochenenden und an Feiertagen.

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet kraft beiderseitiger Tarifbindung der Spartentarifvertrag Nahverkehrsbetriebe vom 18. März 2003 in der Fassung des Änderungstarifvertrages vom 30. Oktober 2007, abgeschlossen zwischen dem Kommunalen Arbeitgeberverband Mecklenburg-Vorpommern e.V. (KAV) und der Landesbezirksleitung Schleswig-Holstein / Mecklenburg-Vorpommern der Vereinigten Dienstleistungsgewerkschaft e.V. (ver.di) Anwendung (hier abgekürzt mit TV-N MV bezeichnet). Die nach § 1 Absatz 1 TV-N MV erforderliche betriebliche Anwendungsvereinbarung sieht die Geltung des Tarifvertrages im Betrieb der Beklagten ab dem 1. Januar 2004 vor. Bis zum 31. Dezember 2003 fand auf das Arbeitsverhältnis der Parteien kraft der beiderseitigen Tarifbindung der Bundesmanteltarifvertrag Gemeinden, Tarifgebiet Ost (BMT-G-O) Anwendung.

Der Kläger ist eingruppiert in die Entgeltgruppe 7 Stufe 2 TV-N MV. Das monatliche Bruttoarbeitsentgelt beträgt derzeit durchschnittlich etwas über 2.900 Euro. Das Tabellenentgelt der Entgeltgruppe 7 Stufe 1 liegt gut 150 Euro unterhalb der dem Kläger zustehenden Stufe 2.

In § 9 Absatz 1 TV-N MV ist der Ausgleich für Sonderformen der Arbeit geregelt. Die Norm lautet wörtlich:

"(1) Der Arbeitnehmer erhält neben dem Entgelt für die tatsächliche Arbeitsleistung einen Zeitzuschlag. Er beträgt für

a)

für Überstunden

30 v. H.

b)

für Nachtarbeit

25 v. H.

c)

für Feiertagsarbeit

135 v. H.

d)

Sonntagsarbeit

25 v. H.

e)

für Arbeit am 24. Dezember und am 31. Dezember sowie an den Tagen vor Ostern- und Pfingstsonntag in der Zeit von 14.00 Uhr bis 24.00 Uhr

100 v. H.

des auf die Arbeitsstunde entfallenden Anteils des monatlichen Entgelts der Stufe 1 seiner Entgeltgruppe. Beim Zusammentreffen mehrerer Zeitzuschläge nach Satz 2 Buchstabe c bis e wird nur der jeweils höchste Zeitzuschlag gezahlt.

Die nach den vorstehenden Sätzen zu zahlenden Zeitzuschläge können auf schriftlichen Antrag im Verhältnis 1:1 in Zeit umgewandelt und dem Arbeitszeitkonto (§ 10) zugeführt werden."

§ 20 TV-N M-V bestimmt, dass sich die besonderen Bestimmungen für den Fahrdienst (Arbeitnehmer im Betriebs- und Verkehrsdienst, einschließlich der Verkehrs- und Fahrmeister) aus der Anlage 3 des Tarifvertrages ergeben. § 11 der Anlage 3 TV-N MV lautet wörtlich:

"In jedem Kalenderjahr werden so viele unbezahlte freie Tage gewährt, wie Sonntage in dieses Jahr fallen. Im Jahresdurchschnitt müssen mindestens 10 Sonntage dienstplanmäßig freie Tage sein. Ferner werden in jedem Kalenderjahr so viele bezahlte freie Tage gewährt, wie lohnzahlungspflichtige Wochenfeiertage in dieses Jahr fallen."

Die besonderen Bedingungen für das Fahrpersonal aus der Anlage 3 zum TV-N MV werden im Betrieb der Beklagten gleichfalls auf die Arbeitnehmer der Werkstatt angewendet, da man die dortigen Belastungen durch die Schichtarbeit als ähnlich belastend ansieht, wie die Arbeitszeiten des Fahrpersonals. Das hat die in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht anwesende Prokuristin der Beklagten so ausdrücklich bestätigt.

Die Vergütung von Feiertagsarbeit war in den Verhandlungen zum Abschluss des TV-N MV, die von März 2001 bis März 2003 angedauert hatten, mehrfach Gegenstand der Verhandlungen der Tarifvertragsparteien.

Von Seiten der Gewerkschaft gab es i...

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