Entscheidungsstichwort (Thema)

Benennung betriebsfremder Personen als Beisitzer durch Betriebsrat. Erforderlichkeit der Benennung eines fremden Beisitzers für dessen Honoraranspruch. Maximale Kostenlast bei Benennung mehrerer Beisitzer durch Betriebsrat

 

Leitsatz (amtlich)

Der Betriebsrat wie auch die Arbeitgeberin können einen oder mehrere betriebsfremde und somit honorarberechtigte Beisitzer benennen. Die Wirksamkeit der Bestellung eines außerbetrieblichen Beisitzers - und damit dessen Honoraranspruch - hängt nicht davon ab, ob seine Benennung im Einzelnen erforderlich gewesen ist bzw. der Betriebsrat diese für erforderlich halten durfte. Hierdurch entstehen zwar ggf. weitere von der Arbeitgeberin zu tragende Kosten. Da jedoch jede Seite im Regelfall nicht mehr als zwei oder drei Beisitzer benennen kann, ergibt sich daraus eine Begrenzung der Kostenlast.

 

Normenkette

BetrVG § 76 Abs. 2, § 76a Abs. 3; ArbGG § 100; BetrVG § 76a Abs. 4

 

Verfahrensgang

ArbG Schwerin (Entscheidung vom 27.10.2021; Aktenzeichen 2 BV 17/21)

 

Tenor

1. Die Beschwerde der Arbeitgeberin (Beteiligte zu 2) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Schwerin vom 27.10.2021 - 2 BV 17/21 - wird zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

A.

Die Beteiligten streiten über die Zahlung eines Honorars für die Tätigkeit eines betriebsfremden Einigungsstellenbeisitzers.

Die Arbeitgeberin erbringt mit mehreren 100 Mitarbeitern Logistikdienstleistungen wie die Lagerung und Verteilung von Waren. Im Jahr 2019 verhandelte sie mit dem bei ihr gebildeten Betriebsrat über den Abschluss einer Betriebsvereinbarung zur Arbeitskleidung. Am 14.11.2019 stellte der Betriebsrat das Scheitern der Verhandlungen fest und beschloss, die Einigungsstelle anzurufen. Dem Vorschlag des Betriebsrats, jeweils vier Beisitzer zu bestellen, stimmte die Arbeitgeberin mit E-Mail vom 29.11.2019 zu.

Der Betriebsrat benannte daraufhin mit Beschluss vom 23.01.2020 zwei im Betrieb beschäftigte sowie zwei betriebsfremde Beisitzer, nämlich einen Fachanwalt für Arbeitsrecht und den Beteiligten zu 1, der als Gewerkschaftssekretär langjährig für diesen Betrieb zuständig war und sich mittlerweile im Ruhestand befand. Der kurz zuvor neu gewählte Betriebsratsvorsitzende, der erstmalig einer Einigungsstelle angehörte und diesbezüglich noch über keine Erfahrungen verfügte, hatte den Beteiligten zu 1 um dessen Unterstützung gebeten. In seiner Funktion als Gewerkschaftssekretär war der Beteiligte zu 1 regelmäßig mit Fragen der Arbeitskleidung befasst.

Die Einigungsstelle Arbeitskleidung verhandelte an insgesamt drei Tagen, nämlich am 05.10., 23.10. und 30.11.2020. Der Beteiligte zu 1 nahm an sämtlichen Sitzungen teil. Der Vorsitzende der Einigungsstelle stellte der Arbeitgeberin pro Sitzungstag ein Honorar in Höhe von € 3.500,00, insgesamt also ein Honorar in Höhe von € 10.500,00 netto zuzüglich Umsatzsteuer in Rechnung. Unter Bezugnahme hierauf rechnete der Beteiligte zu 1 unter dem 05.06.2021 gegenüber der Arbeitgeberin ein Honorar in Höhe von 7/10 der Vergütung des Vorsitzenden ab, also einen Betrag von € 7.350,00. Die Arbeitgeberin zahlte zwar das Honorar für den als Beisitzer benannten Fachanwalt für Arbeitsrecht, lehnte aber die Zahlung eines Honorars für einen weiteren betriebsfremden Beisitzer ab.

Der Beteiligte zu 1 hat erstinstanzlich die Ansicht vertreten, dass er als nicht dem Betrieb angehörender Beisitzer nach § 76a Abs. 3 BetrVG ein Honorar beanspruchen könne. Jede Seite habe das Recht, diejenigen Beisitzer zu benennen, denen sie das nötige Vertrauen entgegenbringe. Den Beteiligten zu 1 habe der Betriebsrat aufgrund der langjährigen Zusammenarbeit und dessen Kenntnissen im Bereich des Gesundheitsschutzes und der Arbeitskleidung ausgewählt. Selbst wenn der Beteiligte zu 1 noch hauptamtlicher Gewerkschaftsfunktionär gewesen wäre, hätte er als Beisitzer einer Einigungsstelle einen Vergütungsanspruch gehabt. Der geforderte Betrag entspreche der Höhe nach dem Üblichen.

Der Beteiligte zu 1 hat erstinstanzlich beantragt,

die Beteiligte zu 2 zu verpflichten, an den Beteiligten zu 1 für dessen Tätigkeit als Beisitzer in einer Einigungsstelle zum Thema Arbeitskleidung € 7.350,00 (ohne Mehrwertsteuer) zu zahlen.

Die Arbeitgeberin (Beteiligte zu 2) hat beantragt, den Antrag zurückzuweisen. Sie hat die Ansicht vertreten, dass neben der Bestellung eines Rechtsanwalts die Hinzuziehung eines zweiten betriebsfremden und somit vergütungspflichtigen Beisitzers nicht erforderlich gewesen sei. Angesichts des simplen Regelungsgegenstandes sei es unverhältnismäßig gewesen, zusätzlich zu der Beisitzervergütung für den Rechtsanwalt weitere Honorarkosten zu verursachen.

Das Arbeitsgericht hat dem Antrag entsprochen und zur Begründung ausgeführt, dass es zulässig sei, auch betriebsfremde Beisitzer für die Einigungsstelle zu bestellen. Die Anzahl der betriebsfremden Beisitzer sei gesetzlich nicht begrenzt. Der Betriebsrat dürfe ebenso wie der Arbeitgeber mehr als einen externen Beisitzer benennen. Au...

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