Entscheidungsstichwort (Thema)

OK-Vermerk kein Beweis für Zugang eines Faxes. Nachweis des Widerrufs eines Vergleichs. Strengbeweis im Urteilverfahren nicht durch anwaltliche Versicherung möglich. Wiedereinsetzung nur bei Notfristen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Das Beweismittel der anwaltlichen Versicherung für den Zugang eines Faxschreibens ist kein Strengbeweis im Urteilsverfahren.

2. Die Widerrufsfrist für einen Vergleich ist keine Notfrist, so dass eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand unzulässig ist.

 

Normenkette

ZPO § 224 Abs. 1 S. 2, §§ 233, 236

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Entscheidung vom 23.06.2021; Aktenzeichen 3 Ca 5309/20)

 

Tenor

  1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 23.06.2021 - 3 Ca 5309/20 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
  2. Die Revision wird nicht zugelassen.
 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob der Rechtsstreit durch den im Gütetermin unter Widerrufsvorbehalt abgeschlossene Gerichtsvergleich beendet worden ist oder dieser Vergleich vom Kläger wirksam widerrufen wurde, mit der Folge, dass der Rechtsstreit, der eine Kündigungsschutzklage zum Gegenstand hat, weiter anhängig ist.

Der Kläger hat gegen die Kündigung der Beklagten vom 30.07.2020 mit am 14.08.2020 beim Arbeitsgericht eingegangener Klage Kündigungsschutz begehrt. Die Beklagte beruft sich dabei auf verhaltensbedingte Kündigungsgründe. Der Kläger bestreitet die dazu von der Beklagten in der Berufung vorgetragenen Kündigungsvorwürfe.

Die Parteien schlossen im Gütetermin vor dem Arbeitsgericht am 16.12.2020 einen Vergleich auf Widerruf, wonach das Arbeitsverhältnis aufgrund fristgemäßer Kündigung der Beklagten aus betrieblichen Gründen zum 31.08.2020 beendet wurde, die Beklagte an den Kläger eine Abfindung i.H.v. 2.500,00 € brutto zahlt und ihm ein "gutes" Zeugnis erteilt. Dem Kläger wurde der Widerruf des Vergleichs bis zum 30.12.2020 vorbehalten. Der Eingang des Widerrufs beim Arbeitsgericht konnte nicht festgestellt werden.

Der Kläger hat behauptet, den Vergleich mit am 22.12.2020 an das Arbeitsgericht gefaxtem Schriftsatz vom selben Tage widerrufen zu haben und legt dazu ein Sendeprotokoll mit "OK" Vermerk vor. Wegen der Einzelheiten wird auf den Sendebericht (Bl. 46 d. A.) verwiesen.

Der Kläger hat beantragt,

  1. festzustellen, dass der Rechtsstreit durch den Vergleich vom 16.12.2020 nicht beendet worden ist;
  2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers durch schriftliche Kündigung der Beklagten vom 30.07.2020, zugegangen am gleichen Tag, zum 31.08.2020 nicht aufgelöst worden ist;
  3. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern zu unveränderten Bedingungen über den Beendigungszeitpunkt hinaus fortbesteht;
  4. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger für den Fall des Obsiegens mit dem Feststellungsantrag zu den im Arbeitsvertrag vom 13.11.2020 geregelten Arbeitsbedingungen als Richtmeister und Bauleiter zu einem Bruttogehalt von durchschnittlich 5000,00 € bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über den Feststellungsantrag weiterzubeschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen und die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat den Zugang des Widerrufs bestritten und die Auffassung vertreten, der Rechtsstreit sei durch den bestandskräftig gewordenen Vergleich vom 16.12.2020 beendet worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.

Das Arbeitsgericht hat festgestellt, dass der Rechtsstreit durch den Vergleich vom 16.12.2020 beendet worden ist. Auf das Urteil (Bl. 91 - 92 d.A.) wird verwiesen. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung des Klägers, der weiter der Auffassung ist, dass er unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs mit rechtzeitiger Übersendung des Telefaxes bei Verwendung eines funktionsfähigen Sendegeräts und korrekter Eingabe der Empfängernummer alles seinerseits Erforderliche getan habe. Trage das Sendeprotokoll den Vermerk "OK", könne es einem am Verfahren Beteiligten nicht als schuldhaftes Verhalten angelastet werden, wenn es sich bei dem elektronischen Übertragungsvorgang dennoch zu - nicht aus dem Sendeprotokoll ersichtlichen - Fehlern komme. Bestätige das Sendeprotokoll - wie hier - durch Vermerk "OK", gebe es keine Anhaltspunkte, dass die Übermittlung fehl geschlagen sein könnte und keinen Anlass, sich beim empfangenen Gericht nach dem Eingang des Faxes zu erkundigen.

Der Widerrufsschriftsatz sei bereits acht Tage vor Fristablauf gefertigt und sodann seien, wie aus dem Sendebericht vom 22.12.2020 hervorgehe, um 15:12 Uhr drei Seiten erfolgreich versandt worden. Aufgrund dieses glaubhaft gemachten Sachverhalts habe er - der Kläger - ohne weiteres davon ausgehen dürfen, dass der Widerrufsschriftsatz erfolgreich übertragen worden sei. Es dürfe nicht zu seinen Lasten gehen, dass seitens des Gerichts die Eingangsnachweise nur einen Monat lang gespeichert würden. Höchst vorsorglich werde anwa...

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