Entscheidungsstichwort (Thema)

Schriftformerfordernis bei Kündigung. Unwirksamkeit einer mündlichen Eigenkündigung. Treuwidrigkeit des Berufens auf einen Formmangel. § 242 BGB bei fehlender Schriftform. Aufhebungsvertrag keine Eigenkündigung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine mündliche Eigenkündigung verstößt gegen das Schriftformerfordernis nach § 623 i.V. mit § 126 BGB und kann das Arbeitsverhältnis nicht wirksam beenden.

2. Das Berufen auf einen Formmangel kann nur ausnahmsweise nach § 242 BGB treuwidrig sein, wenn das Ergebnis für einen Vertragsteil untragbar ist.

3. Ein Aufhebungsvertrag ist nicht als eigene Kündigungserklärung auszulegen.

 

Normenkette

BGB §§ 623, 126, 242, 133; ZPO § 97 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Entscheidung vom 07.10.2020; Aktenzeichen 3 Ca 1601/20)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 07.10.2020 - 3 Ca 1601/20 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über den Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

Der Kläger war seit dem 10.01.2020 bei der Beklagten als LKW-Fahrer beschäftigt. Die Parteien vereinbarten u.a. eine sechsmonatige Probezeit mit einer Kündigungsfrist von 14 Tagen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Arbeitsvertrages wird auf Bl. 2 f. d. A. verwiesen.

Der Kläger erklärte am 25.02.2020, dass er aufhöre zu arbeiten. Er stellte den Lastkraftwagen ab, packte seine Sachen und gab die Arbeitsunterlagen im Büro ab. Einen von der Beklagten unterzeichneten Aufhebungsvertrag vom 25.02.2020 (Bl. 36 ff. d. A.), wonach das Arbeitsverhältnis auf Wunsch des Arbeitnehmers mit Wirkung zum 28.02.2020 aufgehoben werden sollte, hat der Kläger nicht unterschrieben. Die Beklagte hat den Kläger mit Wirkung zum 01.03.2020 bei der Krankenkasse abgemeldet. Der Kläger war ab dem 26.02.2020 bis mindestens 17.05.2020 arbeitsunfähig erkrankt. Die Beklagte kündigte unter dem 06.05.2020 das Arbeitsverhältnis schriftlich sowohl zum 20.05.2020 als auch fristlos.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 07.10.2020 (Bl. 44 ff. d. A.) festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund der Kündigung vom 06.05.2020 nicht fristlos, sondern fristgerecht mit dem 20.05.2020 beendet worden ist. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, ein wichtiger Kündigungsgrund sei nicht dargetan. Zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung vom 06.05.2020 habe das Arbeitsverhältnis noch bestanden, denn mangels Schriftform sei weder eine mündliche Kündigung des Klägers vom 25.02.2020 noch der Aufhebungsvertrag vom selbigen Tag wirksam. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbingens sowie der Antragstellung erster Instanz wird auf den Tatbestand, wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung des Arbeitsgerichts wird auf die entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

Gegen das ihr am 12.10.2020 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 11.11.2020 Berufung eingelegt und diese zugleich begründet.

Die Beklagte meint, das Arbeitsverhältnis sei bereits zum 01.03.2020 beendet worden. Sie ist der Ansicht, der Kläger könne sich nach dem Grundsatz "venire contra factum proprium" nicht auf die fehlende Schriftform des Aufhebungsvertrages berufen. Er habe selbst bekundet, das Arbeitsverhältnis beenden zu wollen und geäußert, er werde den Aufhebungsvertrag unterschreiben, wenn er seinen Restlohn erhalte. Die Beklagte habe dies akzeptiert. Der Kläger sei jedoch vor Erhalt des Restlohns verschwunden. Auf Versuche der Kontaktaufnahme habe er nicht mehr reagiert. Der von der Beklagten unterschriebene Aufhebungsvertrag sei als Kündigungserklärung auszulegen, denn die Beklagte habe damit ihren unbedingten Lösungswillen dokumentiert.

Die Beklagte beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des Arbeitsgerichts Köln vom 07.10.2020, Geschäftszeichen 3 Ca 160/20, festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht bis zum 20.05.2020 fortbestand, sondern bereits zum 01.03.2020 beendet wurde.

Der Kläger beantragt,

die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt die Entscheidung des Arbeitsgerichts. Er könne sich auf die mangelnde Schriftform berufen, denn dies führe zu keinem untragbaren Ergebnis für die Beklagte.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze der Parteien vom 01.12.2020 und 14.01.2021, die Sitzungsniederschrift vom 28.04.2021 sowie den übrigen Akteninhalt Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

I. Die Berufung der Beklagten ist zulässig, denn sie ist gemäß § 64 Abs. 2 c) ArbGG statthaft und wurde ordnungsgemäß innerhalb der Fristen des § 66 Abs. 1 ArbGG eingelegt und begründet.

II. Die Berufung ist unbegründet. Die Berufungsbegründung rechtfertigt keine Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung.

1. Das Arbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass das Arbeitsverhältnis weder durch eine mündliche Eigenkündigung des Klägers am 25.02.2020 noch durch einen Aufhebungsvertrag aufgelöst worde...

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