Entscheidungsstichwort (Thema)

Befristung. Befristungsgrundform. Projekt

 

Leitsatz (amtlich)

Eine bestimmte Ausdrucksweise ist für die Vereinbarung der Befristungsgrundform gem. Nr. 2 Abs. 1 SR 2 y BAT nicht vorgeschrieben. Vielmehr ist durch Auslegung des Arbeitsvertrages zu ermitteln, welche Befristungsgrundform die Parteien vereinbart haben. Auch missverständliche und nach dem juristischen Sprachgebrauch unzutreffende Formulierungen sind unschädlich, wenn sich ein übereinstimmender Wille der Vertragspartner feststellen lässt.

Grundsätzlich darf die wirtschaftliche Tätigkeit eines dauerhaft bestehenden Unternehmens oder die Verwaltungstätigkeit desselben nicht in einzelne „Projekte” zerlegt werden, um die Arbeitsverhältnisse dementsprechend zu befristen. Ein „Projekt” kann eine Befristung nur dann rechtfertigen, wenn die Prognoseanforderungen erfüllt sind, die das Bundesarbeitsgericht an die Befristung wegen vorübergehenden zusätzlichen Arbeitskräftebedarfs aufgrund betrieblicher Gründe anlegt. Eine Beschränkung der Prognose auf den Arbeitskräftebedarf in einem konkreten Projekt kommt daher grundsätzlich nicht in Betracht (a. A. BAG Urt. v. 25.08.2004 – 7 AZR 7/04 – AP Nr. 13 zu § 14 TzBfG).

 

Normenkette

TzBfG § 14

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Urteil vom 29.07.2005; Aktenzeichen 2 Ca 397/05)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 07.11.2007; Aktenzeichen 7 AZR 484/06)

 

Tenor

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 29.07.2005 – 2 Ca 397/05 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer Vertragsbefristung.

Die Klägerin ist Volkswirtin, 52 Jahre alt und ledig. Sie war zuletzt bei der Beklagten als Projektassistentin beschäftigt. Hier war sie tätig im Projekt „R”. Die Raumfahrtmission R ist ein europäisches Raumfahrtprogramm im Rahmen des E-Wissenschaftsprogramms. D ist bei der „R-Mission” der wichtigste europäische Partner und mit wesentlichen Experimenteinheiten beteiligt. Das finanzielle Gesamtvolumen der Mission im Rahmen der E beträgt ca. eine Milliarde Euro. Der ursprünglich für Januar 2003 geplante Raketenstart musste wegen technischer Probleme der Rakete verschoben werden. Der Start wurde am 02.03.2004 erfolgreich durchgeführt. Die Flugphase der Sonde wird mindestens bis ins Jahr 2014 reichen. Zwischen den Parteien ist unter anderem streitig, wie sich der notwendige Tätigkeitsumfang einer Projektassistentin entwickelt in der Übergangszeit zwischen Vorbereitungsphase und Flugphase des Projekts. Unstreitig ist zwischen den Parteien jedenfalls, dass spätestens zur Jahreswende 2004/2005 die Vorbereitungsphase des Projekts abgeschlossen war und dies im Mitarbeiterstab des Projekts zu einer personellen Reduzierung geführt hat, da während der Vorbereitungsphase andere Tätigkeiten anfallen, als während der Flugphase.

In rechtlicher Hinsicht vertreten die Parteien unterschiedliche Auffassungen zu der Frage, ob sich die Prognose des Arbeitsgebers im Zeitpunkt des Abschlusses eines befristeten Vertrages auf das zukünftige Beschäftigungsbedürfnis im konkreten Projekt beschränken darf, oder ob diese Prognose die fehlende Beschäftigungsmöglichkeit in einem anderen Projekt umfassen muss.

Die Klägerin erhielt zuletzt ein Bruttomonatsentgelt in Höhe von 3.101,59 EUR. Auf das Arbeitsverhältnis findet der Bundesangestelltentarifvertrag und die diesen ergänzenden und ändernden Tarifverträge durch eine arbeitsvertragliche Bezugnahme Anwendung. Der Beklagte ist das nationale Zentrum der B für Luft- und Raumfahrt. Aufgabe ist es, auf den Gebieten Luft- und Raumfahrt Forschung zu betreiben. Bei dem Beklagten sind ca. 5000 Mitarbeiter beschäftigt. Er unterhält ca. 30 verschiedene Institute bzw. Test- und Betriebseinrichtungen. Diese Institute sind in Arbeitsgruppen eingeteilt. Die Forschungsprojekte sind diesen Arbeitsgruppen zugeordnet. Das Projekt „Rosetta-Mission” ist nur eines dieser vielen Forschungsprojekte, gehört aber zu den bedeutenden.

Ab dem 15.09.1998 trat die Klägerin bei dem Beklagten auf der Grundlage eines gemäss § 1 Beschäftigungsförderungsgesetz befristeten Vertrages ein. Der Vertrag war befristet bis zum 12.03.1999. Ab dem 15.03.1999 wurde sie als Zeitarbeitskraft bei der Firma S an die Beklagte ausgeliehen. Ab dem 15.09.2001 waren wieder Arbeitsverträge mit der Beklagten selbst Grundlage ihrer Tätigkeit. Insgesamt wurden drei Verträge geschlossen:

Vertrag vom von bis

1.) 18.09.2001

15.09.2001

31.05.2003 (Anlage K 2)

2.) 12.05.2003

verlängert bis

31.05.2004 (Blatt 16 d.A.)

3.) 23.03.2004

01.06.2004

31.12.2004

Im Vertrag 1) vereinbarten die Parteien unter § 2, dass sich das Arbeitsverhältnis nach SR 2 y Nr. 1 lit. a richte. In der Anlage heißt es:

„Die Einstellung erfolgt für befristete drittmittelfinanzierte Tätigkeiten…Die Befristung erfolgt aufgrund der Projektanforderungen zum Ende der „R-Commissioning-Phase” (Übergabe des Satelliten in der Umlaufbahn). Nach Abschluss dieser Phase wird die Projektaktivität während d...

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