Entscheidungsstichwort (Thema)

Projektbefristung

 

Orientierungssatz

1. Bei mehreren aufeinander folgenden befristeten Arbeitsverträgen unterliegt grundsätzlich nur die zuletzt vereinbarte Befristung der gerichtlichen Kontrolle. Etwas anderes gilt nur, wenn die Parteien dem Arbeitnehmer bei Abschluss des letzten Vertrags das Recht vorbehalten, die Wirksamkeit der im vorangegangenen Vertrag vereinbarten Befristung gerichtlich überprüfen zu lassen oder wenn es sich bei dem letzten Vertrag um einen unselbständigen Annex zum vorherigen Vertrag handelt, mit dem das bisherige befristete Arbeitsverhältnis nur hinsichtlich seines Endzeitpunkts modifiziert werden sollte.

2. Ein Annexvertrag zu einem vorangehenden befristeten Arbeitsvertrag liegt vor, wenn in dem Anschlussvertrag lediglich eine verhältnismäßig geringfügige Korrektur des im früheren Vertrag vereinbarten Endzeitpunkts vorgenommen wird, diese Korrektur sich am Sachgrund für die Befristung des früheren Vertrags orientiert und allein in der Anpassung der ursprünglich vereinbarten Vertragslaufzeit an erst später eintretende, zum Zeitpunkt des vorangegangenen Vertragsabschlusses nicht vorhersehbare Umstände besteht.

3. Bei einem befristeten Arbeitsvertrag mit einer Vertragsdauer von zumindest einem Jahr stellt das Hinausschieben des Vertragsendes um mehr als ein Drittel oder sogar um über die Hälfte des Ausgangsvertrags keine verhältnismäßig geringfügige Korrektur des Endzeitpunkts des vorangegangenen Vertrags dar.

4. Die Beschäftigung eines Arbeitnehmers in einem Projekt stellte einen Fall des Sachgrunds des nur vorübergehenden betrieblichen Bedarfs (§ 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG) dar, der die Befristung seines Arbeitsvertrags rechtfertigen kann.

5. Der Arbeitgeber kann sich zur sachlichen Rechtfertigung einer Befristung auf eine Tätigkeit in einem zeitlich begrenzten Projekt nur dann berufen, wenn es sich bei den im Rahmen des Projekts zu bewältigenden Aufgaben um eine auf vorübergehende Dauer angelegte und gegenüber den sog. Daueraufgaben des Arbeitgebers abgrenzbare Zusatzaufgabe handelt. Dies ist nicht der Fall bei Tätigkeiten, die der Arbeitgeber im Rahmen des von ihm verfolgten Betriebszwecks dauerhaft wahrnimmt oder zu deren Durchführung er verpflichtet ist.

6. Für das Vorliegen eines Projekts spricht es regelmäßig, wenn dem Arbeitgeber für die Durchführung der in dem Projekt verfolgten Tätigkeiten von einem Dritten finanzielle Mittel oder sonstige Sachleistungen zur Verfügung gestellt werden.

 

Normenkette

TzBfG § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 1

 

Verfahrensgang

LAG Köln (Urteil vom 24.02.2006; Aktenzeichen 11 Sa 1190/05)

ArbG Köln (Urteil vom 29.07.2005; Aktenzeichen 2 Ca 397/05)

 

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 24. Februar 2006 – 11 Sa 1190/05 – aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten im Wesentlichen über die Wirksamkeit der Befristung ihres Arbeitsverhältnisses.

Die Klägerin war zunächst vom 15. September 1998 bis zum 12. März 1999 bei dem Beklagten im Rahmen eines befristeten Arbeitsvertrags und vom 15. März 1999 bis zum 15. September 2001 als Leiharbeitnehmerin beschäftigt. Anschließend vereinbarten die Parteien im Vertrag vom 18. September 2001 ein befristetes Arbeitsverhältnis als Projektassistentin für die Zeit vom 15. September 2001 bis zum 31. Mai 2003, dessen Laufzeit sie ohne Unterbrechung am 12. Mai 2003 bis zum 31. Mai 2004 und am 23. März 2004 bis zum 31. Dezember 2004 verlängerten. Zumindest in den Verträgen vom 18. September 2001 und vom 23. März 2004 war neben der Geltung der für den Beklagten einschlägigen Tarifverträge die Anwendung der “SR 2y BAT, Nr. 1 Buchstabe a” vereinbart.

Die jeweils als Nebenabrede zu den befristeten Arbeitsverträgen getroffenen Vereinbarungen lauteten wie folgt:

Vertrag vom 18. September 2001:

“Die Einstellung erfolgt für befristete drittmittelfinanzierte Tätigkeiten bei RS gemäß Interner Stellenausschreibung Nr. 85/2001 KP.

Die Befristung erfolgt aufgrund der Projektanforderungen zum Ende der ‘Rosetta-Commissioning-Phase’ (Übergabe des Satelliten in der Umlaufbahn). Nach Abschluss dieser Phase wird die Projektaktivität während der achtjährigen Flugphase deutlich reduziert, so dass eine Projektassistenz nicht mehr erforderlich sein wird.

…”

Vertrag vom 12. Mai 2003:

“Das bis zum 31.05.2003 befristete Beschäftigungsverhältnis wird bis zum 31.05.2004 verlängert.

Die Weiterbeschäftigung ist aufgrund der eingetretenen Startverzögerung und der erwarteten Verlängerung des von der ESA finanzierten ‘Rosetta-Projekts’ erforderlich. Der für Januar 2003 geplante Rosettastart wurde von der ESA wegen Problemen mit ‘Ariane 5’ verschoben. Die neuen Planungen verfolgen zur Zeit einen Start mit einem Startfenster 2004.

Aus heutiger Sicht wird die Möglichkeit zur Anschlussbeschäftigung nach Ablauf des Zeitvertrages leider nicht gesehen.

…”

Vertrag vom 23. März 2004:

“Die Weiterbeschäftigung erfolgt für befristete drittmittelfinanzierte Tätigkeiten bei RS-MUSC. Frau J… bearbeitet im Projekt ‘Rosetta Lander’ die Projektadministration. Diese Aufgaben werden nach der Commissioning-Phase ab 31.12.2004 entfallen, die Routineaufgaben des Projektcontrollings werden vom Institutscontroller übernommen.

Aus heutiger Sicht wird die Möglichkeit zur Anschlussbeschäftigung nach Ablauf des Zeitvertrages leider nicht gesehen…”.

Die in den Nebenabreden genannte Raumfahrtmission Rosetta ist ein europäisches Raumfahrtprogramm im Rahmen des ESA-Wissenschaftsprogramms, an dem die Bundesrepublik in maßgeblichem Umfang beteiligt ist. Ziel der Rosetta-Mission ist die Untersuchung des Kometen Tschurjumow-Gerasimenko, die Aufschluss über die Entstehung des Universums geben soll. Dazu soll die Landeeinheit “Philae” aus einer Umlaufbahn über dem Kern des Kometen von der Raumsonde “Rosetta” abgetrennt werden und anschließend selbständig auf der Kometenoberfläche landen. Der ursprünglich für Januar 2003 geplante Raketenstart musste wegen technischer Probleme verschoben werden. Die Landeeinheit wurde gemeinsam mit der Raumsonde von einer Ariane-5-Trägerrakete erst am 2. März 2004 auf ihre Flugbahn im Weltall gebracht und fliegt seitdem mit der Raumsonde in die Nähe ihres Landesgebiets. Die Flugphase der Sonde wird voraussichtlich bis in das Jahr 2014 reichen, der Abschluss der Rosetta-Mission ist für Dezember 2015 vorgesehen.

Der Beklagte ist das nationale Zentrum der Bundesrepublik für Luft- und Raumfahrt, zu dessen Aufgaben ua. die Forschung auf dem Gebiet der Raumfahrt gehört. Die Landeeinheit für die Rosetta-Mission wurde von einem internationalen Konsortium unter seiner Leitung entwickelt und gebaut. Bei dem Beklagten sind ca. 5.000 Mitarbeiter beschäftigt. Er unterhält ca. 30 verschiedene Institute bzw. Test- und Betriebseinrichtungen. Die Institute sind in Arbeitsgruppen eingeteilt, denen die Forschungsprojekte zugeordnet sind. Das Projekt “Rosetta-Lander” wird von der beim Institut für Raumsimulation gebildeten Arbeitsgruppe MUSC durchgeführt. Mit dem Start der Trägerrakete im März 2004 und den anschließenden Tests der Landeeinheit im Weltall war die in den Nebenabreden der Parteien als Commissioning-Phase bezeichnete Vorbereitungsphase beendet. In der gegenwärtigen Flugphase wird der Flug der Sonde von dem Raumfahrtkontrollzentrum der ESA in Darmstadt überwacht und gesteuert.

Mit der am 12. Januar 2005 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat die Klägerin die Unwirksamkeit der in dem Arbeitsvertrag vom 23. März 2004 vereinbarten Befristung zum 31. Dezember 2004 geltend gemacht und gemeint, dieser und der vorangehende Arbeitsvertrag vom 12. Mai 2003 seien als Annex zu dem am 18. September 2001 abgeschlossenen Arbeitsvertrag anzusehen. Die Befristung könne von dem Beklagten nicht auf einen nur vorübergehenden Bedarf an ihrer Arbeitsleistung gestützt werden, da in den Arbeitsverträgen nur die Befristungsgrundform des Zeitangestellten und nicht die des Angestellten für Aufgaben von begrenzter Dauer vereinbart worden sei. Mit den Hilfsanträgen verfolge sie einen auf einer Zusage ihres Vorgesetzten beruhenden Anspruch auf die Neubegründung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses (Anträge zu 2. und 3.) sowie auf Abgeltung von Mehrarbeit und Urlaub (Anträge zu 4. bis 6.).

Die Klägerin hat beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien auf Grund der Befristung zum 31. Dezember 2004 nicht geendet hat,

hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu 1.

2. den Beklagten im Wege des Schadensersatzes zu verurteilen, ihr Angebot auf Abschluss eines Arbeitsverhältnisses auf Beschäftigung im Institut für Raumsimulation zu den Bedingungen des Arbeitsvertrages vom 15. September 2001 anzunehmen,

hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit den Anträgen zu 1. und 2.

3. den Beklagten im Wege des Schadensersatzes zu verurteilen, ihr Angebot auf Abschluss eines Arbeitsverhältnisses auf Beschäftigung im Institut für Raumsimulation Arbeitsgruppe MUSC als Assistentin für alle dort laufenden Projekte zu ansonsten gleichen Bedingungen wie bisher anzunehmen,

hilfsweise für das Unterliegen mit den Anträgen zu 1. – 3.

4. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 5.871,97 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 1. Januar 2005 zu zahlen,

5. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 185,79 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 1. Januar 2005 zu zahlen,

6. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 4.153,38 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 1. Januar 2005 zu zahlen.

Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt und behauptet, nach dem Start der Trägerrakete, den Manövern im Weltall und den Abwicklungsarbeiten sei das aus ca. 20 Personen bestehende Projektteam und das aus ca. 16 Personen bestehende Industriekonsortium aufgelöst worden.

Beide Vorinstanzen haben dem Hauptantrag der Klägerin stattgegeben. Mit der Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter, während die Klägerin die Zurückweisung der Revision beantragt.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Beklagten ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat zwar rechtsfehlerfrei nur die in dem letzten zwischen den Parteien abgeschlossenen Arbeitsvertrag vom 23. März 2004 vereinbarte Befristung der gerichtlichen Befristungskontrolle unterzogen. Es hat auch zutreffend angenommen, dass sich der Beklagte auf den Sachgrund aus § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG berufen kann, da die Parteien arbeitsvertraglich die nach der SR 2y zum BAT gebotene Vereinbarung über die Befristungsgrundform des Angestellten für Aufgaben von begrenzter Dauer getroffen haben. Das Landesarbeitsgericht hat aber bei der Prüfung des Sachgrunds des vorübergehenden betrieblichen Bedarfs die vom Senat entwickelten Grundsätze zur Projektbefristung nicht hinreichend beachtet. Es hat nicht geprüft, ob bei Vertragsschluss absehbar war, dass es sich bei der in den Nebenabreden der Parteien erwähnten Commissioning-Phase um ein Vorhaben von zeitlich begrenzter Dauer handelt, nach dessen Abschluss das Beschäftigungsbedürfnis für die weitere Tätigkeit der Klägerin voraussichtlich entfallen wird. Der Rechtsstreit ist an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen, da dem Senat auf Grund der bisher getroffenen tatrichterlichen Feststellungen eine eigene Sachentscheidung nicht möglich ist. Die von der Klägerin gestellten Hilfsanträge fallen dem Senat nicht zur Entscheidung an.

I. Das Landesarbeitsgericht hat rechtsfehlerfrei nur die in dem letzten zwischen den Parteien geschlossenen Arbeitsvertrag vom 23. März 2004 vereinbarte Befristung der gerichtlichen Befristungskontrolle unterzogen.

1. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats unterliegt bei mehreren aufeinander folgenden befristeten Arbeitsverträgen grundsätzlich nur die zuletzt vereinbarte Befristung der gerichtlichen Kontrolle. Durch den vorbehaltlosen Abschluss eines weiteren befristeten Arbeitsvertrags stellen die Parteien ihr Vertragsverhältnis auf eine neue rechtliche Grundlage, die für ihre Rechtsbeziehungen künftig allein maßgeblich sein soll. Dadurch wird zugleich ein etwaiges unbefristetes Arbeitsverhältnis aufgehoben (BAG 5. Mai 2004 – 7 AZR 629/03 – BAGE 110, 295 = AP BeschFG 1996 § 1 Nr. 27 = EzA TzBfG § 15 Nr. 1, zu I 1a der Gründe; 4. Juni 2003 – 7 AZR 523/02 – AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 252 = EzA BGB 2002 § 620 Nr. 4, zu 2a der Gründe; 8. Mai 1985 – 7 AZR 191/84 – BAGE 49, 73 = AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 97 = EzA BGB § 620 Nr. 76, zu II der Gründe).

Etwas anderes gilt nur, wenn die Parteien dem Arbeitnehmer bei Abschluss des letzten Vertrags das Recht vorbehalten, die Wirksamkeit der im vorangegangenen Vertrag vereinbarten Befristung gerichtlich überprüfen zu lassen oder wenn es sich bei dem letzten Vertrag um einen unselbständigen Annex zum vorherigen Vertrag handelt, mit dem das bisherige befristete Arbeitsverhältnis nur hinsichtlich seines Endzeitpunkts modifiziert werden sollte (BAG 15. Februar 1995 – 7 AZR 680/94 – AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 166 = EzA BGB § 620 Nr. 130, zu I 1 und 2 der Gründe). Zur Annahme eines entsprechenden Parteiwillens für eine Annexregelung reicht es nicht aus, dass der letzte und der vorletzte Vertrag in den Vertragsbedingungen übereinstimmen und die zu erfüllende Arbeitsaufgabe die gleiche bleibt (BAG 25. August 2004 – 7 AZR 7/04 – BAGE 111, 377 = EzA TzBfG § 14 Nr. 13, zu I 2a der Gründe; 21. Januar 1987 – 7 AZR 265/85 – AP BGB § 620 Hochschulen Nr. 4 = EzA BGB § 620 Nr. 89, zu I 2 der Gründe). Es müssen vielmehr besondere Umstände hinzutreten. Diese sind anzunehmen, wenn in dem Anschlussvertrag lediglich eine verhältnismäßig geringfügige Korrektur des im früheren Vertrag vereinbarten Endzeitpunkts vorgenommen wird, diese Korrektur sich am Sachgrund für die Befristung des früheren Vertrags orientiert und allein in der Anpassung der ursprünglich vereinbarten Vertragslaufzeit an erst später eintretende, zum Zeitpunkt des vorangegangenen Vertragsabschlusses nicht vorhersehbare Umstände besteht. Alles in allem darf es den Parteien nur darum gegangen sein, die Laufzeit des alten Vertrags mit dem Sachgrund der Befristung in Einklang zu bringen (BAG 1. Dezember 1999 – 7 AZR 236/98 – AP HRG § 57b Nr. 21 = EzA BGB § 620 Hochschulen Nr. 21, zu I der Gründe; 15. Februar 1995 – 7 AZR 680/94 – aaO, zu I 2 der Gründe).

2. Nach diesen Grundsätzen unterliegt nur der Arbeitsvertrag vom 23. März 2004 der Befristungskontrolle. Die Parteien haben keine Vorbehaltsvereinbarung getroffen. Die Laufzeit des Arbeitsvertrags vom 23. März 2004 überschreitet die zeitliche Grenze, bei der ein Annexvertrag zu den vorangegangenen Arbeitsverträgen vom 18. September 2001 bzw. 12. Mai 2003 angenommen werden könnte.

Die Dauer des letzten zwischen den Parteien abgeschlossenen Arbeitsvertrags vom 23. März 2004 betrug sieben Monate. Dieser Zeitraum stellt keine verhältnismäßig geringfügige Korrektur des Endzeitpunkts der vorangegangenen Verträge dar. Zur Beurteilung des Merkmals der “verhältnismäßig geringfügigen Korrektur” ist die Laufzeit des zuletzt abgeschlossenen Vertrags der Vertragsdauer des Ursprungsvertrags gegenüberzustellen. Die Laufzeit des Annexvertrags darf nur einen geringen Bruchteil des dem Annexvertrag vorangegangenen befristeten Arbeitsvertrags betragen. Danach handelt es sich bei dem Vertrag vom 23. März 2004 weder um einen Annexvertrag zu der am 18. September 2001 oder am 12. Mai 2003 abgeschlossenen Vereinbarung. Die Laufzeit der Verträge aus dem Jahr 2001 bzw. 2003 betrug etwas über 20 Monate bzw. zwölf Monate. Welcher Zeitraum im Einzelfall als geringfügige Korrektur des bisherigen Endzeitpunkts anzusehen ist, bedarf vorliegend keiner abschließenden Entscheidung. Bei befristeten Arbeitsverträgen mit einer Vertragsdauer von zumindest einem Jahr stellt das Hinausschieben des Vertragsendes um mehr als ein Drittel oder sogar um über die Hälfte des Ausgangsvertrags keine verhältnismäßig geringfügige Korrektur des Endzeitpunkts des vorangegangenen Vertrags dar.

II. Der Senat kann nicht entscheiden, ob die Befristung im Arbeitsvertrag vom 23. März 2004 durch einen sachlichen Grund nach § 14 Abs. 1 TzBfG gerechtfertigt ist. Das Landesarbeitsgericht hat zwar zutreffend erkannt, dass die Befristung des Arbeitsvertrags vom 23. März 2004 nicht durch den Sachgrund der Drittmittelfinanzierung gerechtfertigt ist. Das Landesarbeitsgericht hat aber zu Unrecht das Vorliegen eines Sachgrunds aus § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG verneint.

1. Die Befristung im Arbeitsvertrag vom 23. März 2004 ist nicht durch den Sachgrund der Drittmittelfinanzierung (zu den Voraussetzungen: BAG 15. Februar 2006 – 7 AZR 241/05 – Rn. 12, ZTR 2006, 509) gerechtfertigt. Zwar hat der Beklagte für das Projekt Rosetta-Lander wegen der Startverzögerung der Ariane-5-Rakete Drittmittel von der ESA erhalten. Der Beklagte hat aber schon nicht vorgetragen, dass diese Drittmittel zur Finanzierung der Arbeit der Projektgruppe ausgereicht worden sind, in der die Klägerin beschäftigt war. Insoweit wird das angefochtene Urteil von dem Beklagten auch nicht in Zweifel gezogen.

2. Das Landesarbeitsgericht hat mit rechtsfehlerhafter Begründung das Vorliegen eines Sachgrunds aus § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG verneint.

a) Nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG liegt ein sachlicher Grund für die Befristung eines Arbeitsvertrags vor, wenn der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend besteht. Nach der bereits vor Inkrafttreten des TzBfG zu dem Befristungsgrund des vorübergehenden betrieblichen Bedarfs ergangenen Senatsrechtsprechung stellt die Beschäftigung eines Arbeitnehmers in einem Projekt einen Fall des Sachgrunds des nur vorübergehenden betrieblichen Bedarfs dar, der die Befristung seines Arbeitsvertrags rechtfertigen kann (BAG 25. August 2004 – 7 AZR 7/04 – BAGE 111, 377 = EzA TzBfG § 14 Nr. 13, zu I 3a der Gründe; 7. April 2004 – 7 AZR 441/03 – AP TzBfG § 17 Nr. 4 = EzA BGB 2002 § 620 Nr. 10, zu II 2a aa der Gründe; 28. Mai 1986 – 7 AZR 25/85 – BAGE 52, 133 = AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 102 = EzA BGB § 620 Nr. 79, zu II 2 der Gründe). Der nur vorübergehende projektbedingte personelle Mehrbedarf stellt den Sachgrund für die Befristung des Arbeitsvertrags mit einem projektbezogen beschäftigten Arbeitnehmer für die Dauer des Projekts dar.

Nach der Senatsrechtsprechung kann sich der Arbeitgeber zur sachlichen Rechtfertigung eines befristeten Arbeitsvertrags auf eine Tätigkeit in einem zeitlich begrenzten Projekt nur dann berufen, wenn es sich bei den im Rahmen des Projekts zu bewältigenden Aufgaben um eine auf vorübergehende Dauer angelegte und gegenüber den Daueraufgaben des Arbeitgebers abgrenzbare Zusatzaufgabe handeln. Dies ist nicht der Fall bei Tätigkeiten, die der Arbeitgeber im Rahmen des von ihm verfolgten Betriebszwecks dauerhaft wahrnimmt oder zu deren Durchführung er verpflichtet ist (zu staatlichen Pflichtaufgaben: BAG 11. Februar 2004 – 7 AZR 362/03 – BAGE 109, 339 = AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 256 = EzA BGB 2002 § 620 Nr. 9, zu I 2b bb der Gründe; 4. Dezember 2002 – 7 AZR 437/01 – AP BAT § 2 SR 2y Nr. 24 = EzA BGB 2002 § 620 Nr. 1, zu A II 2 der Gründe; 22. März 2000 – 7 AZR 758/98 – BAGE 94, 130 = AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 221 = EzA BGB § 620 Nr. 170, zu II 3c bb der Gründe). Aus diesem Grund stellt zB die Übernahme eines Auftrags zur Erstellung eines bestimmten Bauwerks für ein Bauunternehmen kein Projekt dar, weil die Erbringung von baulichen Leistungen zu der fortlaufend verfolgten Unternehmenstätigkeit zählt, die auf die Ausführung weiterer Vorhaben gerichtet ist. Für das Vorliegen eines Projekts spricht es regelmäßig, wenn dem Arbeitgeber für die Durchführung der im Projekt verfolgten Tätigkeiten von einem Dritten finanzielle Mittel oder sonstige Sachleistungen zur Verfügung gestellt werden. Die Beurteilung, ob der Arbeitnehmer in einem Projekt oder im Rahmen von Daueraufgaben des Arbeitgebers beschäftigt werden soll, obliegt den Tatsachengerichten, die den Sachverhalt vollständig und widerspruchsfrei zu würdigen haben.

Wird ein Arbeitnehmer für die Mitwirkung an einem Projekt befristet eingestellt, muss bereits im Zeitpunkt des Vertragsschlusses zu erwarten sein, dass die im Rahmen des Projekts durchgeführten Aufgaben nicht dauerhaft anfallen. Für eine solche Prognose müssen ausreichend konkrete Anhaltspunkte vorliegen (BAG 24. Oktober 2001 – 7 AZR 620/00 – BAGE 99, 223 = AP HRG § 57c Nr. 9 = EzA BGB § 620 Hochschulen Nr. 31, zu B I 1b der Gründe mwN). Der befristete Vertrag muss allerdings nicht für die gesamte Laufzeit des Projekts geschlossen werden. Das bloße Zurückbleiben der Vertragslaufzeit hinter der voraussichtlichen Dauer des Forschungsvorhabens ist nicht stets und ohne weiteres geeignet, den sachlichen Grund für die Befristung in Frage zu stellen. Dies ist erst dann der Fall, wenn die Vertragslaufzeit derart hinter der voraussichtlichen Dauer des Befristungsgrunds zurückbleibt, dass eine sinnvolle, dem Sachgrund der Befristung entsprechende Mitarbeit des Arbeitnehmers nicht mehr möglich erscheint (BAG 26. August 1988 – 7 AZR 101/88 – BAGE 59, 265 = AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 124 = EzA BGB § 620 Nr. 102, zu III der Gründe). Die Prognose des Arbeitgebers muss sich nur auf den durch die Beendigung des konkreten Projekts vorhersehbaren Wegfall des zusätzlichen Arbeitsbedarfs für den befristet eingestellten Arbeitnehmer beziehen. Es ist unerheblich, ob der befristet beschäftigte Arbeitnehmer nach Fristablauf auf Grund seiner Qualifikation auf einem freien Arbeitsplatz in einem anderen Projekt befristet oder unbefristet beschäftigt werden könnte (BAG 15. Februar 2006 – 7 AZR 241/05 – Rn. 19, ZTR 2006, 509; 25. August 2004 – 7 AZR 7/04 – BAGE 111, 377 = EzA TzBfG § 14 Nr. 13, zu I 3b cc der Gründe). Insoweit unterscheiden sich die Prognoseanforderungen von den der anderen Fallgruppen des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG, bei denen im Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit hinreichender Sicherheit zu erwarten sein muss, dass für die Beschäftigung des Arbeitnehmers über das vereinbarte Vertragsende hinaus kein Bedarf besteht.

b) Diese Grundsätze hat das Landesarbeitsgericht bei seiner Entscheidung nicht beachtet.

aa) Das Landesarbeitsgericht hat die Befristung im Arbeitsvertrag vom 23. März 2004 für unwirksam gehalten, weil die Klägerin eine Daueraufgabe ausübe und der Beklagte nicht behauptet habe, dass zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses eine Weiterbeschäftigung der Klägerin in anderen Projekten nach Beendigung der Commissioning-Phase zum 31. Dezember 2004 ausgeschlossen ist.

bb) Die Revision rügt insoweit zu Recht eine Verletzung des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG.

Das Landesarbeitsgericht hat verkannt, dass es für die Frage der sachlichen Rechtfertigung einer Projektbefristung ohne Bedeutung ist, ob der befristet beschäftigte Arbeitnehmer Tätigkeiten ausübt, die auch in anderen Projekten des Arbeitgebers anfallen. Maßgeblich ist vielmehr, ob die im Rahmen eines Projekts beschäftigten Arbeitnehmer zusätzliche und nur vorübergehend anfallende Aufgaben oder Daueraufgaben des Arbeitgebers wahrnehmen sollen. Die Prognose des Beklagten musste sich nur dann auf eine Beschäftigungsmöglichkeit der Klägerin in einem anderen Projekt erstrecken, wenn die Klägerin nach dem Inhalt des Arbeitsvertrags vom 23. März 2004 nicht im Rahmen eines Projekts tätig werden sollte oder dessen Durchführung zu den Daueraufgaben des Beklagten zählt. Dies hat das Landesarbeitsgericht nicht geprüft, sondern sich unter Hinweis auf das Senatsurteil vom 25. August 2004 (– 7 AZR 7/04 – BAGE 111, 377 = EzA TzBfG § 14 Nr. 13) auf die Feststellung beschränkt, aus der Entscheidung ergebe sich nicht, wann von einem die Befristung eines Arbeitsvertrags rechtfertigendem Projekt auszugehen sei und wie der Projektbegriff von einer bloßen Umbenennung eines Kundenauftrags abzugrenzen sei.

III. Die Zurückverweisung erübrigt sich nicht deshalb, weil der Beklagte wegen der einzelvertraglich vereinbarten Sonderregelung 2y zum BAT (SR 2y BAT) gehindert wäre, sich auf den Sachgrund des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG zu berufen.

1. Nach Nr. 2 Abs. 1 SR 2y BAT ist im Arbeitsvertrag zu vereinbaren, ob der Angestellte als Zeitangestellter, als Angestellter für Aufgaben von begrenzter Dauer oder als Aushilfsangestellter eingestellt wird. Das Erfordernis der Vereinbarung bestimmter Befristungsgrundformen dient der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit. Dieser Normzweck hat zur Folge, dass der Arbeitgeber sich zur Rechtfertigung einer Befristung nicht auf Sachgründe berufen kann, die zu einer im Arbeitsvertrag nicht vereinbarten Befristungsgrundform gehören. Liegen bei Vertragsschluss mehrere Sachgründe vor, die verschiedenen tariflichen Befristungsgrundformen zuzuordnen sind, müssen die verschiedenen Befristungsgrundformen im Arbeitsvertrag vereinbart sein, damit die Sachgründe bei der Befristungskontrolle berücksichtigt werden können (BAG 28. März 2001 – 7 AZR 701/99 – AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 227 = EzA BGB § 620 Nr. 175, zu B I 1 der Gründe mwN).

Welche der in Nr. 1 SR 2y BAT genannten Befristungsgrundformen die Parteien vereinbart haben, ist durch Auslegung der vertraglichen Abreden zu ermitteln (BAG 29. Oktober 1998 – 7 AZR 477/97 – AP BAT § 2 SR 2y Nr. 17 = EzA BErzGG § 21 Nr. 3, zu 3 der Gründe; 20. Februar 1991 – 7 AZR 81/90 – AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 137 = EzA BGB § 620 Nr. 109, zu II 1a der Gründe). Die Vereinbarung bedarf keiner bestimmten Ausdrucksweise. Auch missverständliche und nach dem juristischen Sprachgebrauch unzutreffende Formulierungen sind unschädlich, wenn sich ein übereinstimmender Wille der Vertragspartner feststellen lässt (BAG 25. November 1992 – 7 AZR 191/92 – AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 150 = EzA BGB § 620 Nr. 117, zu I 3a der Gründe). Die Vereinbarung der Befristungsgrundform bedarf nicht der Schriftform. Sie ist keine Nebenabrede iSv. § 4 Abs. 2 BAT (BAG 20. Februar 1991 – 7 AZR 81/90 – aaO, zu II 1b der Gründe; 15. März 1989 – 7 AZR 264/88 – AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 126, zu II 2a der Gründe).

2. Die einzelfallbezogene Würdigung des Landesarbeitsgerichts, wonach die Parteien die Befristungsgrundform des Angestellten für Aufgaben von begrenzter Dauer (Nr. 1b SR 2y BAT) vereinbart haben, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

Das Landesarbeitsgericht hat die Vereinbarung von Aufgaben von begrenzter Dauer aus dem Inhalt der Nebenabrede zum Arbeitsvertrag vom 23. März 2004 geschlossen. Durch die Erwähnung des Abschlusses der Commissioning-Phase zum 31. Dezember 2004 und der in Aussicht gestellten Übernahme der “Routineaufgaben des Projektcontrollings” durch den Institutscontroller sei zum Ausdruck gebracht worden, dass die von der Klägerin auszuübenden Aufgaben nur für die Dauer der Commissioning-Phase anfallen und damit eine begrenzte Dauer haben. Die gegenüber der tatrichtlerlichen Auslegung des Arbeitsvertrags vom 23. März 2004 erhobenen Gegenrügen der Klägerin sind unbegründet. Das Landesarbeitsgericht konnte ohne Verstoß gegen Denkgesetze den Vortrag des vormaligen Prozessbevollmächtigten des Beklagten in der mündlichen Verhandlung, er wolle nur einen Befristungsgrund geltend machen, der der Befristungsgrundform der Zeitangestellten entspricht, bei der Auslegung der in der Nebenabrede zum Arbeitsvertrag vom 23. März 2004 getroffenen Vereinbarung unberücksichtigt lassen. Diese Äußerung betraf nur seine rechtliche Einschätzung über die Zuordnung des von dem Beklagten geltend gemachten Befristungsgrunds zu den in der Nr. 1 genannten Befristungsgrundformen der SR 2y BAT.

IV. Danach ist das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO). Der Senat kann nicht abschließend entscheiden, ob das Landesarbeitsgericht die Befristungskontrollklage im Ergebnis zu Recht abgewiesen hat, weil die Befristung in dem Arbeitsvertrag vom 23. März 2004 nicht als Projektbefristung iSd. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG gerechtfertigt ist. Es fehlt an tatsächlichen Feststellungen dazu, ob es sich bei der Commissioning-Phase um ein Projekt iSd. Senatsrechtsprechung handelt und bei Vertragsschluss greifbare Anhaltspunkte dafür vorhanden waren, dass mit dem Ende der Commissioning-Phase am 31. Dezember 2004 der Bedarf für die Beschäftigung der Klägerin entfallen würde.

1. Die Klage kann nicht wie von den Vorinstanzen mit der Begründung abgewiesen werden, der Beklagte habe zur Rechtfertigung der Befristung in dem Arbeitsvertrag vom 23. März 2004 keinen ausreichenden Tatsachenvortrag gehalten. Eine der Klage stattgebende Sachentscheidung hätte der Senat nur treffen können, wenn der Beklagte nach dem Verfahrensverlauf ausreichend Gelegenheit und Veranlassung gehabt hätte, die zur Beurteilung der sachlichen Rechtfertigung der vereinbarten Befristung notwendigen Tatsachen vorzutragen. Hieran fehlt es im Streitfall. Beide Vorinstanzen haben dem Beklagten weder konkrete Auflagen über den aus ihrer Sicht klärungsbedürftigen Sachvortrag erteilt (§ 56 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, § 64 Abs. 7 ArbGG) noch haben sie nach dem Akteninhalt den Beklagten durch Hinweise zur Ergänzung des aus ihrer Sicht nicht ausreichenden Vortrags angehalten.

2. Für die nachfolgende Prüfung vermag der Senat keine abschließenden Hinweise zu geben. Allerdings meint er, dass das Landesarbeitsgericht Folgendes beachten sollte:

a) Das Landesarbeitsgericht sollte zunächst aufklären, auf welcher rechtlichen Grundlage sich die Mitwirkung des Beklagten an der Rosetta-Mission vollzieht. Ferner wird es den Vortrag der Parteien dahingehend zu würdigen haben, ob es sich bei der Beteiligung des Beklagten an dem Bau und der Entwicklung des Landegeräts “Philae” einschließlich der abschließenden Tests im Weltall um ein organisatorisch von den anderen Aufgaben des Beklagten trennbares Vorhaben handelt oder ob es sich bei diesem Vorhaben um eine Tätigkeit im Rahmen der dem Beklagten obliegenden Daueraufgaben handelt. Dabei ist zu beachten, dass die satzungsmäßige Forschungs- und Entwicklungstätigkeit des Beklagten auf dem Gebiet der Raumfahrt allein nicht dazu führt, dass der Bau und die Entwicklung des Landers als Daueraufgabe anzusehen ist. Es müssen vielmehr weitere Umstände hinzutreten, zB dass sich der Beklagte dem Vorhaben auf Grund bestehender rechtlicher Vorgaben nicht entziehen konnte. Gegen eine Daueraufgabe iSd. Senatsrechtsprechung spräche dagegen, wenn die Entscheidung des Beklagten, sich an dem Vorhaben zu beteiligen, entweder auf einem eigenständigen Willensentschluss seiner satzungsmäßig handelnden Organe beruhte oder – weil das Vorhaben nicht mit Eigenmitteln des Beklagten durchgeführt werden konnte – der Beklagte seine Koordinierungsfunktion nur bei einer zumindest zeitweiligen Unterstützung Dritter übernehmen konnte.

b) Handelt es sich bei dem Bau und der Entwicklung des Landers um eine Daueraufgabe, könnte die Klage begründet sein, wenn der Beklagte nicht auf Grund greifbarer Anhaltspunkte von einer fehlenden Beschäftigungsmöglichkeit der Klägerin über das vereinbarte Vertragsende ausgehen konnte. Für diese Prognose ist der Zeitpunkt des Vertragsschlusses am 23. März 2004 maßgeblich. Eine die sachliche Rechtfertigung der Befristung ausschließende Beschäftigungsmöglichkeit läge vor, wenn der Beklagte nicht ausschließen konnte, dass die Klägerin bei dem Beklagten mit anderen Tätigkeiten zu den Bedingungen des Arbeitsvertrags vom 23. März 2004 eingesetzt werden konnte. An einer Beschäftigungsmöglichkeit fehlt es hingegen, wenn der Klägerin voraussichtlich nur Tätigkeiten übertragen werden konnten, die nicht der im Arbeitsvertrag vereinbarten Vergütungsgruppe IVb BAT entsprechen.

c) Handelt es sich bei dem Bau und der Entwicklung des Landers um keine Daueraufgabe des Beklagten, hat das Landesarbeitsgericht zunächst zu beurteilen, ob es sich bei der Commissioning-Phase um ein gegenüber den anderen Verfahrensabschnitten abgrenzbares Vorhaben handelt. Hierfür spricht die zwischen den Parteien im Grundsatz unstreitige unterschiedliche Aufgabenstruktur während der Entwicklungs- und Vorbereitungsphase und der sich anschließenden Flugphase der Sonde.

d) Kommt das Landesarbeitsgericht zu dem Ergebnis, dass die Commissioning-Phase entweder als Projekt oder als abgrenzbarer Teil des Gesamtprojekts “Bau und Entwicklung des Landers” anzusehen ist, hat es weiter aufzuklären, ob es sich bei den von dem Beklagten im Rahmen der Commissioning-Phase wahrzunehmenden Aufgaben um solche handelt, deren begrenzte zeitliche Dauer zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses am 23. März 2004 bereits absehbar war. Dazu hat zunächst der Beklagte im Anschluss an seinen bereits gehaltenen Vortrag aus dem Schriftsatz vom 18. Oktober 2005 darzustellen, welche Tätigkeiten das bei ihm gebildete Projektteam bis zum 31. Dezember 2004 noch wahrzunehmen hatte und warum diese nach dem Jahresende 2004 entfallen sollten. Dabei wird das Landesarbeitsgericht den zu substantiierenden Vortrag des Beklagten zu berücksichtigen haben, wonach die Beendigung der Tätigkeit der Projektgruppe auf Grund der Vorgaben des von dem Beklagten vorgelegten Flight-Operations-Plan 4.0 (FOP 4.0) vom 28. Oktober 2003 bei Vertragsschluss am 23. März 2004 absehbar gewesen sei. Hierfür könnte der im FOP 4.0 für den Oktober 2004 vorgesehene Abschluss der Testphase im All (Pos. 339, 360) und die mit Beginn der Flugphase geänderte Aufgabenstruktur des Beklagten im Rahmen der Rosetta-Mission sprechen. Erweist sich der Vortrag des Beklagten als zutreffend, dass das Projektteam nach dem 31. Dezember 2004 entweder aufgelöst worden ist oder sich seine Zusammensetzung bzw. Aufgabenstruktur so verändert haben, dass die ursprünglich der Klägerin obliegenden Tätigkeiten entsprechend den Planungen des Beklagten anderen Beschäftigten übertragen werden konnten, wäre die Klage abzuweisen, da sich die bei Vertragsschluss getroffene Prognose des Beklagten bestätigt hätte, sofern nicht die Klägerin vortragen und nachweisen könnte, dass der tatsächliche Verlauf auf anderen als den prognostizierten Abläufen beruht.

 

Unterschriften

Dörner, Gräfl, Koch, Coulin, Becher

 

Fundstellen

Haufe-Index 1959757

BB 2008, 955

DB 2008, 821

NJW 2008, 1688

NZA 2008, 467

AP, 0

EzA-SD 2008, 8

EzA

NJW-Spezial 2008, 242

SPA 2008, 3

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