Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitskampf;. Firmentarifvertrag

 

Leitsatz (amtlich)

Der gegen einen tarifgebundenen Arbeitgeber geführte Streik zur Erzwingung eines Firmentarifvertrags ist unzulässig, wenn der bestehende Verbandstarifvertrag bereits eine Regelung der streitbefangenen Materie enthält und die angestrebte Neuerung eine Änderung oder Ergänzung bedeuten würden.

 

Normenkette

GG Art. 9 Abs. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Bonn (Teilurteil vom 17.05.2001; Aktenzeichen 3 Ca 2135/00)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 10.12.2002; Aktenzeichen 1 AZR 96/02)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 17.05.2001 – 3 Ca 2135/00 – wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass festgestellt wird, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin wegen des vom 21.06.2000 bis 04.08.2000 geführten Streiks der Mitglieder der Beklagten Schadensersatz zu leisten.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

Die Revision wird zugelassen.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 1.500.000,00 DM.

 

Tatbestand

Die Klägerin verlangt von der Beklagten Schadensersatz wegen eines im Sommer 2000 durch die Mitglieder der Beklagten durchgeführten Streiks. Die Klägerin betreibt die M. B. Sie ist Mitglied im k. A. und an die von diesen mit der Beklagten abgeschlossenen Tarifverträge gebunden. Die Klägerin ist bereits seit mehreren Jahren in privater Rechtsform als GmbH organisiert, wobei die Stadt B. 100 % der Gesellschaftsanteile hielt. Im November 1999 übertrug die Stadt B. 93,5 % ihrer Anteile auf die in ein privates Unternehmen umgewandelte Holding der S. B. (S.-Holding). Zwischen der Beklagten und der Stadt B. war im Dezember 1998 aus Anlass der privatisierenden Umwandlung des Eigenbetriebes S. B. im Wege der Ausgliederung aus dem Vermögen der Stadt B. ein Personalüberleitungstarifvertrag abgeschlossen worden, in dem unter anderem Bestandsschutzregelungen für betroffenen Arbeitnehmer enthalten waren.

Die beklagte Gewerkschaft forderte die Klägerin Anfang 2000 zu Tarifverhandlungen mit dem Ziel des Abschluss eines Gleichstellungstarifvertrages auf, der im Wesentlichen die Regelungen des Personalüberleitungstarifvertrages vom 22./23.12.1998 übernehmen sollte.

In dem Tarifvertragsentwurf der Beklagten heißt es unter anderem:

§ 2 Verhältnis zu anderen Tarifverträgen

Dieser Tarifvertrag gilt neben den sonstigen Tarifverträgen, die für die durch § 1 erfassten Arbeitsverhältnisse maßgeblich sind. Er geht den sonstigen Tarifverträgen vor, sofern seine Normen günstigere Regelungen enthalten.

§ 3 Besitzstandsgarantie

Die Stadt, S.-H. und M. garantieren, dass den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern durch den Mehrheitsanteilserwerb seitens S.-H., unter Garantie des bisherigen sozialen und rechtlichen Besitzstandes keine Nachteile entstehen werden. Insbesondere werden garantiert:

- die Geltung der bisher anzuwendenden Tarifverträge

- die Aufrechterhaltung der Mitgliedschaft der M. im k. A. N-W

- die Verpflichtung etwaiger Rechtsnachfolger oder Teilrechtsnachfolger der M. zum Eintritt in den k. A. und die R. Zusatzversorgungskasse oder, falls dies aus Rechtsgründen unmöglich sein sollte, die Verpflichtung des Rechtsnachfolgers bzw. Teilrechtsnachfolgers zur Gewährung wirtschaftlich gleichwertiger Leistungen, die denen entsprechen, die bestehen würden, wenn die Mitgliedschaft in den vorgenannten Verbänden erlangt werden könnte.

§ 4 Kündigungsschutz

4.1 Die Stadt, S.-H. und M. werden auf Dauer keine betriebsbedingten Beendigungskündigungen gegenüber den gemäß § 1 erfassten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern aussprechen. Eine Beeinträchtigung des wirtschaftlichen Besitzstandes dieser Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern durch betriebsbedingte Änderungskündigung ist gleichermaßen auf Dauer ausgeschlossen.

4.2 M. verpflichtet sich, den Kündigungsschutz nach Absatz 1 durch folgende in die Arbeitsverträge zu übernehmende Klausel einzelvertraglich zu gewährleisten: „Das Arbeitsverhältnis kann auf Dauer aus betriebsbedingten Gründen nicht gekündigt werden. Das Recht zur betriebsbedingten Änderungskündigung bleibt unberührt, soweit der wirtschaftliche Besitzstand dadurch auf Dauer nicht beeinträchtigt wird.” M. gewährleistet in Fällen einer Rechtsnachfolge bzw. Teilrechtsnachfolge auf Arbeitgeberseite, dass der Rechtsnachfolger bzw. Teilrechtsnachfolger seinerseits gegenüber den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern nach § 1 keine Kündigungen im Sinne von Absatz 1 ausspricht.

§ 5 Rückkehroptionen

Sollte M., eine ihrer etwaigen künftigen Tochtergesellschaften oder Teile dieser Gesellschaften aufgelöst werden oder ihren Zweck aufgeben, haben die nach § 1 erfassten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einen Einstellungsanspruch gegen S.-H. oder ein anderes Konzernunternehmen des S. B.-Konzern, sofern die Auflösung/Zweckaufgabe nicht mit einem Betriebsübergang nach § 613 a BGB verbunden ist.

§ 8 Schlussbestimmungen

8.1. Soweit die unmittelbare und zwingende Wirkung von Normen dieses Tarifvertrages im Zusammenhang mit etwaigen künftigen Umstrukturierungsma...

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