Entscheidungsstichwort (Thema)

Kündigungserklärung. unverzügliche Zurückweisung mangels Vollmachtvorlage

 

Leitsatz (amtlich)

Die Zurückweisung der Kündigung mangels beigefügter Vollmacht gem. § 174 Satz 1 BGB geschieht in aller Regel nicht „unverzüglich”, wenn sie in einer fristgerechten Kündigungsschutzklage erklärt wird, die erst nach dem Ablauf der Dreiwochenfrist dem Arbeitgeber zugestellt wird.

 

Normenkette

BGB § 174 S. 1, §§ 626, 812 Abs. 1 S. 1; EFZG §§ 3, 7

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Urteil vom 12.07.1996; Aktenzeichen 2 Ca 9059/94)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 12.07.1996 – 2 Ca 9059/94 – wird zurückgewiesen.

2. Auf die Anschlußberufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts teilweise abgeändert:

Die Klägerin wird auf die Widerklage verurteilt, an den Beklagten 1.727,27 DM brutto nebst 4 % Zinsen seit dem 15.03.1995 zu zahlen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

4. Streitwert: 16.927,00 DM.

 

Tatbestand

Von einer Darstellung des Tatbestandes (§ 313 Abs. 1 Nr. 5 ZPO) wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen. Der Sach- und Streitstand ist aus dem angefochtenen Urteil und den beiderseitigen Schriftsätzen des Berufungsverfahrens ersichtlich.

Die an sich statthafte und auch im übrigen zulässige Berufung der Klägerin ist in der Sache erfolglos; die unselbständige Anschlußberufung des Beklagten ist zulässig und hat auch den antragsgemäßen Erfolg.

Die Klage ist unbegründet, und die Widerklage ist begründet.

I. Berufung der Klägerin:

1. Die zulässige Feststellungsklage ist unbegründet, weil das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die am 28.09.1994 seitens des Beklagten erklärte fristlose Kündigung gemäß § 626 BGB rechtswirksam aufgelöst ist. Dies hat das Arbeitsgericht in dem angefochtenen Urteil mit zutreffenden Erwägungen zu Recht festgestellt. Daran ist auch unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens festzuhalten. Zutreffend hat das angefochtene Urteil festgestellt, daß die Kündigungserklärung rechtswirksam durch den dazu bevollmächtigten Angestellten L erklärt worden ist. Die Zurückweisung der Kündigungserklärung wegen Nichtvorlage einer Original-Vollmacht gemäß § 174 S. 1 BGB ist unerheblich, weil sie auch nach dem Vorbringen der Berufung nicht unverzüglich erfolgt ist. Die Kündigungsschutzklage, am 13.10.1994 bei dem Arbeitsgericht eingereicht, ist dem Beklagten erst am 21.10.1994 zugestellt worden. Es ist zwar richtig, daß die Unverzüglichkeit der Zurückweisung einer Kündigungserklärung durch den Arbeitnehmer nicht bedeutet, daß die Zurückweisung sofort oder generell innerhalb weniger Tage erfolgen müßte. Im Anschluß an § 121 Abs. 1 S. 1 BGB kommt es vielmehr darauf an, ob die Zurückweisung ohne schuldhaftes Zögern erfolgt ist. Dazu gehört zugegebenermaßen auch, daß ein Arbeitnehmer, dem eine Kündigung zugestellt wurde, ohne schuldhaftes Zögern die unbedingt notwendigen Erkundigungen einholt. Ist jedoch, wie im vorliegenden Fall, zwischen dem Zugang der Kündigungserklärung und dem Zugang der Zurückweisungserklärung ein Zeitraum von mehr als drei Wochen verstrichen, dann kann in aller Regel ein unverschuldetes Zögern nicht mehr festgestellt werden. Dementsprechend schwanken auch in Rechtsprechung und Literatur die generellen Einschätzungen zu der Frage, wieviel Zeit einem Arbeitnehmer zur Verfügung steht, um die Nichtvorlage einer Vollmacht zu rügen, zwischen einer Zeitvorgabe von drei Tagen, eventuell einer Woche oder zehn Tagen und maximal drei Wochen. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, daß die Zurückweisung jedenfalls nicht wie die Feststellungsklage gegenüber dem Arbeitsgericht, sondern gegenüber dem Kündigenden zu erklären ist. Nach diesen Grundsätzen ist die Zurückweisung im vorliegenden Falle eindeutig nicht mehr unverzüglich erfolgt (vgl. Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 8. Aufl., § 123 I. 2., Seite 1074; KR-Friedrich, 4. Aufl., § 13 KSchG Rdz. 285; Stahlhacke/Preis, Kündigung und Kündigungsschutz, 6. Aufl., Rdz. 81; Hohmeister, Arbeit und Recht 1992, 143 ff.). Anhaltspunkte dafür, daß im vorliegenden Fall tatsächliche Besonderheiten vorgelegen hätten, die eine unverschuldete Verzögerung ergeben könnten, sind aus dem Klagevorbringen nicht ersichtlich.

Im übrigen verweist das Berufungsgericht auch in Anbetracht fehlender Ausführungen seitens der Berufungsbegründung zur Frage des wichtigen Grundes auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (§ 543 Abs. 1 ZPO).

2. Infolge der Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 28.09.1994 hat das Arbeitsgericht zutreffend auch der Widerklage wegen Rückzahlung der ohne rechtlichen Grund geleisteten Gehaltszahlung für den 29. und den 30.09.1994 stattgegeben (§ 543 Abs. 1 ZPO).

 

Entscheidungsgründe

II. Anschlußberufung des Beklagten:

Die Widerklage ist auch wegen der weitergehenden Gehaltsrückforderung gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 BGB begründet; insofern ist das angefochtene Urteil zu ändern. Die Klägerin hat die seitens der Beklagten geleistete Gehaltszahlung auch für den Zeitraum vom ...

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