Entscheidungsstichwort (Thema)

AGB-Kontrolle. Darlegungslast für Voraussetzungen der §§ 305ff. BGB

 

Leitsatz (redaktionell)

„Ausgehandelt” i.S.d. § 305 Abs. 1 S. 3 BGB ist eine Vertragsbedingung nur, wenn der Verwender die betreffende Klausel inhaltlich ernsthaft zur Disposition stellt und dem Vertragspartner Gestaltungsfreiheit zur Wahrung eigener Interessen einräumt mit der realen Möglichkeit, die inhaltliche Ausgestaltung der Vertragsbedingung zu beeinflussen.

 

Normenkette

BGB § 305 Abs. 1, § 310 Abs. 3 Nr. 2; ZPO § 138 Abs. 3-4

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Urteil vom 10.12.2003; Aktenzeichen 12 Ca 9217/03)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 10.12.2003 – 12 Ca 9217/03 – abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten der Revision hat die Klägerin zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um Entgeltfortzahlungsansprüche, die dem Grunde und der Höhe nach bis auf die Frage unstreitig sind, ob sie aufgrund einer einzelvertraglichen Verfallklausel verfallen sind.

Wegen des gesamten Vorbringens der Parteien, der gestellten Anträge und des bisherigen Verfahrensganges wird auf den Tatbestand des Urteils der erkennenden Kammer vom 27.08.2004 sowie auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 25.05.2005 – 5 AZR 572/04 – Bezug genommen.

Nach dieser Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts kommt es für die Entscheidung in der Sache nunmehr darauf an, ob Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne des § 305 Abs. 1 BGB vorliegen. Liegen solche nicht vor, ist die Klausel wirksam. Liegen sie vor, ist sie unwirksam.

Die Kammer hat auf der Grundlage der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts den Parteien mit Beschluss vom 21.10.2005 Gelegenheit zum weiteren Vortrag gegeben. Danach sollte zunächst der Beklagte vortragen. Die Klägerin erhielt Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 05.12.2005. Sie sollte dabei vorsorglich auch im Sinne der Ziffer VII 2. des BAG – Urteils vortragen, nämlich zu der Frage, ob der Beklagte die Klausel ernsthaft zur Disposition gestellt und der Klägerin Gestaltungsfreiheit zur Wahrung ihrer Interessen eingeräumt hat.

Der Beklagte trug nach Gewährung einer Fristverlängerung fristgemäß mit Schriftsatz vom 22.11.2005 Folgendes vor:

Er habe zum Zeitpunkt der Einstellung der Klägerin als Anwaltsgehilfin Frau M und die Auszubildende Frau Z beschäftigt. Frau W, eine weitere Anwaltsgehilfin, sei kurz vor Beginn des Arbeitsverhältnisses mit der Klägerin aus dem Betrieb des Beklagten ausgeschieden. Als Ersatz hierfür sei die Klägerin vorgesehen gewesen. Der Ausbildungsvertrag mit Frau Z habe keine Ausschlussklausel enthalten. Bei den Mitarbeiterinnen M und W habe der Beklagte Arbeitsverträge mit der gleichen Ausschlussklausel wie bei der Klägerin verwendet. Er habe zwar in den Jahren zuvor auch noch andere Rechtsanwaltsgehilfinnen beschäftigt. Mit diesen seien zum Teil schriftliche Verträge geschlossen worden. Ob diese eine Ausschlussklausel enthielten und mit welchem Inhalt, könne er heute nicht mehr sagen.

Der Beklagte trägt vor, er habe jedenfalls zweimal die streitgegenständliche Ausschlussklausel im Zeitpunkt der klägerischen Einstellung benutzt, sodass nach seiner Meinung nicht von einer Vielzahl von Verträgen mit der vorformulierten Vertragsklausel ausgegangen werden könne. Er habe auch für die weitere Zukunft damals im Einstellungszeitpunkt der Klägerin nicht die Weiterverwendung der Klausel geplant. Entscheidend sei allein, dass er bei der Einstellung der Klägerin die streitgegenständliche Klausel lediglich für zwei andere Fälle benutzt habe. Er meint, da die Klausel somit vor Einstellung der Klägerin nicht mindestens für drei weitere Fälle vorgesehen gewesen sei, komme es nicht mehr entscheidend auf die Einflussmöglichkeiten der Klägerin an.

Die Klägerin habe aber auch Einfluss nehmen können. Aufgrund des Ausscheidens der Mitarbeiterin W habe der Beklagte zum damaligen Zeitpunkt dringend eine Ersatzkraft gesucht. Die Klägerin sei auch die einzige Bewerberin auf diese Stelle gewesen, sodass der Beklagte dringend auf ihre Mitarbeit und Hilfe angewiesen sei, da die anfallende Arbeit in der Kanzlei von den restlichen Büro- Mitarbeiterinnen nicht habe bewältigt werden können. Dieser Umstand sei der Klägerin auch bekannt gewesen, sodass die arbeitsvertraglichen Bedingungen mit der Klägerin in fast allen Punkten – u. a. auch im Bereich der Ausschlussklausel – verhandelbar gewesen seien. Diesen Standpunkt habe er, der Beklagte, der Klägerin gegenüber auch hinreichend deutlich gemacht. Die Klägerin habe den Arbeitsvertrag in Ruhe studiert und dann, nachdem sie ihn für in Ordnung befunden habe, gegengezeichnet, da – wie sie erklärt habe – kein unüblicher Inhalt enthalten gewesen sei.

Die Klägerin hat innerhalb der ihr gesetzten Frist nicht Stellung genommen. Mit Schriftsatz vom 09.01.2006 hat sie lediglich vorgetragen, sie könne die Ausführungen der Gegenseite nur mit Nichtwissen bestreiten. Mit ...

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