Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitgeberdarlehen. Unternehmensbeteiligung. Abwicklungsvereinbarung. Ausgleichsklausel. Insolvenzverwalter. Unklarheitenregelung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die in einer zwischen dem Arbeitnehmer und dem Insolvenzverwalter des Arbeitgebers abgeschlossenen Abwicklungsvereinbarung enthaltene Klausel: „mit der Erfüllung dieser Vereinbarung sind alle gegenseitigen Ansprüche der Parteien aus dem Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung, gleich welchen Rechtsgrundes, seien sie bekannt oder unbekannt, abgegolten und erledigt” erfasst auch einen Anspruch auf Rückzahlung eines Darlehens, das der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer zweckgebunden zur Finanzierung einer Beteiligung am Arbeitgeber-Unternehmen gewährt hatte.

2. Zumindest unterfällt die formularmäßig in einer Vielzahl von Fällen verwandte Klausel insoweit der Unklarheitenregelung des § 305 c BGB.

3. Der Anwendung von § 305 c BGB steht § 310 Abs. 4 S. 1 BGB nicht entgegen, wenn zwar die Abwicklungsvereinbarung einem Vertragsmuster entspricht, welches in der Anlage eines vom Insolvenzverwalter mit dem Betriebsrat abgeschlossenen Interessenausgleichs und Sozialplans enthalten ist, der Abschluss der Abwicklungsvereinbarung aber jedem Arbeitnehmer individuell freigestellt war.

4. Zur Auslegung einer in einem Darlehensvertrag enthaltenen Verrechnungsklausel.

 

Normenkette

BGB §§ 133, 157, 305c, 310; BetrVG § 77

 

Verfahrensgang

ArbG Aachen (Urteil vom 23.10.2006; Aktenzeichen 8 Ca 5590/05 d)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 19.03.2009; Aktenzeichen 6 AZR 178/08)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 23.10.2006 in Sachen 8 Ca 5590/05 d wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um einen Anspruch des Insolvenzverwalters auf Rückzahlung eines Darlehens, das die Gemeinschuldnerin dem Beklagten zum Zwecke der Finanzierung einer Beteiligung an ihrem Unternehmen gewährt hatte.

Wegen des Sach- und Streitstandes erster Instanz und wegen der erstinstanzlich zur Entscheidung gestellten Sachanträge wird auf die umfassende Sachverhaltsdarstellung im Tatbestand des arbeitsgerichtlichen Urteils vom 23.10.2006 Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht Aachen hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen darauf abgestellt, dass der Anspruch jedenfalls aufgrund der in Ziffer 7 des zwischen den Parteien zum 30.04.2004 abgeschlossenen Abwicklungsvertrages enthaltenen Ausgleichsklausel nunmehr ausgeschlossen sei.

Das Urteil des Arbeitsgerichts wurde dem Kläger am 22.03.2007 zugestellt. Der Kläger hat hiergegen am 11.04.2007 eingelegt und diese am 21.05.2007 begründen lassen.

Der Kläger wendet sich mit Rechtsgründen gegen die Auslegung des Arbeitsgerichts, dass der hier in Streit stehende Darlehensrückzahlungsanspruch von der in Ziffer 7 Abs. 1 Abwicklungsvereinbarung enthaltenen Ausgleichsklausel erfasst werde. Diese Klausel unterliege auch nicht der AGB-Kontrolle nach §§ 305 ff. BGB, wie zwar nicht vom Arbeitsgericht Aachen, aber von anderen Gerichten in Parallelverfahren fälschlich angenommen worden sei.

Ebensowenig scheitere der Rückzahlungsanspruch daran, dass die Gemeinschuldnerin bei Abschluss des Darlehensvertrages ihre Aufklärungspflichten verletzt hätte, wie ebenfalls von anderen Gerichten angenommen worden sei.

Der Kläger und Berufungskläger beantragt nunmehr,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Aachen vom 23.10.2006, 8 Ca 5590/05 d, den Beklagten und Berufungsbeklagten zu verurteilen, an den Kläger 13.142,67 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 6 % per anno seit dem 01.01.2003 zu zahlen.

Der Beklagte und Berufungsbeklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Der Beklagte verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil, wonach der streitige Anspruch gemäß Ziffer 7 Abs. 1 der Abwicklungsvereinbarung erledigt sei. Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts Aachen unterfalle der Abwicklungsvertrag aber auch der AGB-Kontrolle nach §§ 305 ff. BGB.

Des weiteren macht sich der Beklagte die Ausführung des Arbeitsgerichts Köln in seinem Urteil vom 18.01.2007 in Sachen 1 Ca 11159/05 zu eigen, wonach der Darlehensrückforderungsanspruch wegen der in § 5 Abs. 1 Satz 2 des Darlehensvertrages enthaltenen Verrechnungsklausel erloschen sei. Hilfsweise beruft sich der Beklagte schließlich auch auf die Auffassung des LAG Frankfurt in seinem Urteil vom 19.03.2007, 17 Sa 1790/06, wonach der Darlehensrückzahlungsanspruch wegen einer Verrechnung mit dem Anspruch der Beteiligungsgesellschaft A auf Einlagenrückerstattung erloschen sei.

Auf die weiteren Einzelheiten der von den Parteien wechselseitig in das Berufungsverfahren eingeführten Parallelurteile des LAG Berlin/Brandenburg vom 09.02.2007, 25 Sa 10343/06, des Arbeitsgerichts Köln vom 18.01.2007, 1 Ca 11159/05, des LAG Frankfurt vom 19.03.2007, 17 Sa 1790/06 und des LAG Düsseldorf vom 15.08.2007, 4 Sa 884/07, wird ergänzend Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Aache...

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