Entscheidungsstichwort (Thema)

Insolvenzsicherung. Energiebeihilfe. Anpassungsgeld

 

Leitsatz (amtlich)

Bei der sog. Energiebeihilfe (Ersatz für früher gewährte Deputatkohle) und dem Zuschuss zum sog. Anpassungsgeld für Arbeitnehmer des Steinkohlebergbaus handelt es sich nicht um Leistungen der betrieblichen Altersversorgung, die insolvenzgesichert sind.

 

Normenkette

BetrAVG §§ 1, 7

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Urteil vom 06.11.2008; Aktenzeichen 17 Ca 661/08)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 16.03.2010; Aktenzeichen 3 AZR 599/09)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 06.11.2008 – 17 Ca 661/08 – unter Zurückweisung der Anschlussberufung des Klägers teilweise abgeändert:

  1. Die Klage wird insgesamt abgewiesen.
  2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger
  3. Die Revision wird zugelassen.
 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Einstandspflicht des Beklagten als Träger der gesetzlichen Insolvenzsicherung für eine sog. Energiebeihilfe, die als Ersatz für die frühere Gewährung von Deputatkohle gezahlt wird, und für einen Zuschuss zum Anpassungsgeld. Der am 18.02.1955 geborene Kläger (Kopie des sog. Bergmannsversorgungsscheins Bl. 42 d. A.) schied am 01.05.2005 aus seinem Arbeitsverhältnis bei der Firma D.-H. GmbH in D. aus, über deren Vermögen am 01.06.2007 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Rückwirkend ab Dezember 2003 ist beim Kläger eine Erwerbsunfähigkeit festgestellt worden. Von einer weitergehenden Darstellung des Sachverhalts wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Urteil vom 06.11.2008 teilweise stattgegeben und den Beklagten zur Zahlung von Energiebeihilfe in Höhe von 909,22 EUR verurteilt, verbunden mit der Feststellung, dass der Beklagte verpflichtet sei, die Energiebeihilfe über das Jahr 2008 hinaus im bisherigen Umfang an den Kläger zu zahlen. Hinsichtlich des Anpassungsgeldes hat es die Klage abgewiesen. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf Bl. 49 f. d. A. verwiesen.

Mit seiner Berufung wendet sich der Beklagte vor allem gegen die Annahme des Arbeitsgerichts, bei der Energiebeihilfe handele es sich um eine Leistung der betrieblichen Altersversorgung. Zudem habe der Kläger bislang nicht dargelegt, dass die Anspruchsvoraussetzungen des § 45 MTV Rheinisch-Westfälischer Steinkohlenbergbau zum Erhalt von Hausbrand/Energiebeihilfe erfüllt seien.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 06.11.2008 – 17 Ca 661/08 – abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

Im Wege der Anschlussberufung beantragt er,

  1. den Beklagten zu verurteilen, an ihn 11.350,56 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.06.2009 zu zahlen;
  2. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihm den Zuschuss zum Anpassungsgeld über den Monat Juni 2009 hinaus im bisherigen Umfang auszuzahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Anschlussberufung des Klägers zurückzuweisen.

Der Kläger meint, auch der Zuschuss zum Anpassungsgeld stelle eine Leistung der betrieblichen Altersversorgung dar, weil der Leistungsbegriff des § 1 Abs. 1 S. 1 BetrAVG weit auszulegen sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes haben die Parteien auf die von ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

I. Die Berufung des Beklagten ist zulässig, weil sie statthaft (§ 64 Abs. 1 u. 2 ArbGG) und frist- sowie formgerecht eingelegt und begründet worden ist (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO).

Gleiches gilt für die Anschlussberufung des Klägers (§ 524 ZPO).

II. In der Sache hat nur das Rechtsmittel des Beklagten Erfolg, während die Anschlussberufung des Klägers unbegründet ist. Im Einzelnen gilt Folgendes:

1. Die Berufung des Beklagten

Entgegen der Auffassung des Klägers und ihm folgend des Arbeitsgerichts handelt es sich bei der Energiebeihilfe, die jährlich zuletzt in Höhe von 454,64 EUR gezahlt worden ist, nicht um eine Leistung der betrieblichen Altersversorgung. Eine betriebliche Altersversorgung i. S. d. § 1 Abs. 1 S. 1 BetrAVG, für die der Beklagte nach § 7 Abs. 1 BetrAVG einzustehen hätte, liegt vor, wenn einem Arbeitnehmer aus Anlass des Arbeitsverhältnisses Leistungen der Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung zugesagt werden. Wesentliche Kennzeichen sind der Versorgungszweck und der Umstand, dass der Leistungsfall durch ein biologisches Ereignis ausgelöst wird (vgl. HWK/Schipp, 3. Aufl., § 1 BetrAVG Rz. 1).

Daran gemessen bildet die Gewährung von Hausbrand bzw. Energiebeihilfe keine Leistung der betrieblichen Altersversorgung. Sie dient nicht Altersversorgungszwecken und wird auch nicht durch ein biologisches Ereignis ausgelöst. Vielmehr stellt sie eine bedarfsorientierte Fürsorgeleistung des Arbeitgebers dar, die unter vielfältigen Vorbehalten steht. Diese Ausgestaltung des Zuwendungsanspruchs spricht gegen einen festen Bestandteil der Altersversorgung, auf die der Empfänger uneingeschränkt vertrauen...

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