Entscheidungsstichwort (Thema)

Antrag auf Teilzeit einer Flugbegleiterin. Ablehnung Teilzeitantrag aus betrieblichen Gründen. Stark eingeschränkte Einsetzbarkeit als Ablehnungsgrund. Einstweiliger Rechtsschutz zur Durchsetzung eines Teilzeitanspruchs

 

Leitsatz (amtlich)

Eine durch die begehrte Teilzeit stark eingeschränkte Einsetzbarkeit einer Flugbegleiterin auf den gemäß Flugplan vorgesehenen Umläufen kann einen im Sinne von § 8 Abs. 4 TzBfG entgegenstehenden Grund bedeuten.

 

Normenkette

ZPO §§ 935, 940; TzBfG § 8 Abs. 4

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Entscheidung vom 14.02.2013; Aktenzeichen 10 Ga 6/13)

 

Tenor

  • 1.

    Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 14.2.2013, Az. 10 Ga 6/13 wird zurückgewiesen.

  • 2.

    Die Kosten der Berufung trägt die Klägerin.

 

Tatbestand

Die Verfügungsklägerin begehrt gegenüber ihrer Arbeitgeberin, der Verfügungsbeklagten, den Erlass einer einstweiligen Verfügung, wonach diese zur Beschäftigung der Klägerin in Teilzeit verpflichtet werden soll.

Die Klägerin ist seit 1995 bei der beklagten Fluggesellschaft als Flugbegleiterin beschäftigt. Das fliegende Personal der Beklagten wird in sogenannten Flugketten eingesetzt, die es teilweise mit sich bringen, dass die Mitarbeiter bis zu 5 Tage nicht an den Wohnsitz zurückkehren können. Die Klägerin ist Mutter von drei Kindern. Ihr Ehemann ist Pilot in Vollzeit und regelmäßig für bis zu sechs Tage am Stück von Familienwohnsitz abwesend.

In einer "Betriebsvereinbarung zur Teilzeit/Altersteilzeit Kabine" (Betriebsvereinbarung Teilzeit) sind verschiedene Teilzeitmodelle für die Mitarbeiter des Kabinenpersonals vorgesehen, wobei eine Arbeitszeitreduzierung auf weniger als 50 % der Regelarbeitszeit Mitarbeitern in Elternzeit vorbehalten ist. Bei Vorliegen von "sozialen Gründen" und soweit es die betrieblichen Möglichkeiten zulassen, können ausnahmsweise auch andere Teilzeitmodelle, auch solche, die nur für Mitarbeiter in Elternzeit vorgesehen sind, genehmigt werden. Auf die zum Schriftsatz der Beklagten vom 01. Juli 2013 zur Akte gereichte Anlage 1 (Bl. 249 ff. der Gerichtsakte) wird verwiesen.

Einen Antrag der Klägerin auf Gewährung von Teilzeit lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 11.10.2012 ab.

Am 21.12.2012 hat die Klägerin bei dem Arbeitsgericht Hamburg einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gestellt. Das Arbeitsgericht Hamburg hat das Verfahren nach Anhörung der Parteien an das Arbeitsgericht Köln verwiesen.

Die Klägerin hat behauptet, dass Flugbegleiterinnen in Vollzeit regelmäßig zu zwei 6-Tages-Ketten im Monat eingesetzt würden. Auch bei Teilzeit 25 % könne sie ihre Verfügbarkeit für den entsprechenden Durchschnitt an 6-Tages-Ketten, nämlich eine in zwei Monaten, gewährleisten.

Sie hat die Auffassung vertreten, dass ihr bei rechtskonformer Auslegung der Betriebsvereinbarung Teilzeit hieraus ein Anspruch auf die begehrte Arbeitszeitreduzierung auf 25 % der Regelarbeitszeit zustehe. Hierzu hat sie darauf verwiesen, dass sie während der Abwesenheiten ihres Ehemannes wie eine allein erziehende Mutter belastet sei und zudem ihre krebskranke Mutter unterstützen müsse. Ihr Teilzeitanspruch ergebe sich daneben aber auch aus dem Teilzeit- und Befristungsgesetz. Die Eilbedürftigkeit sei gegeben, weil sie den Ablauf eines Hauptsacheverfahrens mit der prognostischen Verfahrensdauer eines halben Jahres nicht abwarten könne.

Die Klägerin hat beantragt,

der Verfügungsbeklagten aufzugeben, sie mit einer Verringerung der individuellen Arbeitszeit auf 25% der tariflich jährlichen Vollzeitarbeitszeit vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache zu beschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt,

den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, dass ein Antrag auf Beschäftigung im einstweiligen Verfügungsverfahren nicht statthaft sei. Bis zur Rechtskraft einer ihre Zustimmung zum Teilzeitbegehren der Klägerin herbeiführenden (§ 894 ZPO) gerichtlichen Entscheidung sei die Klägerin zur derzeit vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung verpflichtet. Ein Verfügungsanspruch ergebe sich auch nicht aus der Betriebsvereinbarung Teilzeit; insbesondere könne sich die Klägerin nicht auf das Vorliegen "sozialer Gründe" im Sinne von § 4 (2) der Betriebsvereinbarung Teilzeit berufen. Diese seien in der Betriebsvereinbarung abschließend geregelt. Die Klägerin erfülle die dort vorgesehenen Voraussetzungen nicht. Auch § 8 TzBfG vermittele keinen Beschäftigungsanspruch. Sie sei auch berechtigt gewesen, den Teilzeitantrag der Klägerin abzulehnen, da die Betriebsvereinbarung Teilzeit bereits einen ausreichenden entgegenstehenden betrieblichen Grund liefere. Auch sei die Klägerin in Teilzeit 25 % nicht mehr in der Lage, auch die im Flugplan vorgesehenen 5-Tages-Ketten zu bedienen. Das widerspreche dem Grundsatz der gleichmäßigen Belastung. Der erforderliche Verfügungsgrund sei nicht nachvollziehbar, weil nicht erkennbar werde, dass eine ordnungsgemäße Betreuung der Familie nur bei Gewährung der beantragten Arb...

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