Entscheidungsstichwort (Thema)

Befristung. Sachgrund. mittelbare Vertretung

 

Leitsatz (amtlich)

Der Sachgrund der Vertretung für die Befristung eines Arbeitsverhältnisses kann auch vorliegen, wenn der Arbeitgeber bei Vertragsschluss mit dem Vertreter dessen Aufgaben einem oder mehreren vorübergehend abwesenden Beschäftigten „gedanklich zuordnet”.

Diese Variante der mittelbaren Vertretung setzt keinen neuen Arbeitsplan und die Einsparung der Aufgaben auf dem bisherigen Arbeitsplatz des vertretenen Arbeitnehmers voraus (im Anschluss an BAG v. 15.2.2006 – 7 AZR 232/05, NZA 2006, 781).

 

Normenkette

TzBfG § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Urteil vom 03.05.2007; Aktenzeichen 6 Ca 8809/06)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das am 03.05.2007 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Köln – 6 Ca 8809/06 – wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten der Berufung trägt die Klägerin.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Befristung des Arbeitsvertrages vom 15.12.2005 (Kopie Bl. 32 ff. d. A.) für die Zeit vom 01.01.2006 bis zum 31.12.2006, dem der Personalrat mit Schreiben vom 14.12.2005 (Kopie Bl. 36 d. A.) zugestimmt hatte.

Die zur Zeit der Klageerhebung am 30.10.2006 28 Jahre alte Klägerin ist Justizangestellte und nach Abschluss ihrer Ausbildung bei dem Amtsgericht Köln seit dem 03.07.1997 ununterbrochen aufgrund befristeter Arbeitsverträge bei der Staatsanwaltschaft Köln und dort seit 1998 in der Geschäftsstelle des Rauschgiftdezernats beschäftigt.

Die Klägerin hat die angegriffene Befristungsabrede für unwirksam gehalten, weil das beklagte Land den Kausalzusammenhang für den Sachgrund der Vertretung nicht hinreichend dargelegt habe. Den Arbeitsplatz der angeblich vertretenen Mitarbeiterin A W habe sie unstreitig zu keinem Zeitpunkt eingenommen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 03.05.2007 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Befristung des Arbeitsvertrages sei wegen der Vertretung für die bis zum 03.05.2007 in Elternzeit befindliche Mitarbeiterin W sachlich gerechtfertigt gewesen. Da die befristete Beschäftigung zur Vertretung die Versetzungs- und Umsetzungsbefugnisse des Arbeitgebers unberührt lasse, sei es unerheblich, dass die Klägerin nicht auf dem Arbeitsplatz der Vertretenen eingesetzt worden sei. Eine lückenlose Darlegung der vorgenommenen Umorganisation und der Vertretungskette werde vom Gesetz in § 14 Abs. 1 TzBfG nicht verlangt.

Gegen das ihr am 22.06.2007 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts hat die Klägerin am 03.07.2007 Berufung eingelegt, die sie am 26.07.2007 begründet hat. Unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens trägt sie vor, die Befristung sei weder aufgrund unmittelbarer Vertretung noch aufgrund mittelbarer Vertretung der im Arbeitsvertrag genannten Mitarbeiterin W gerechtfertigt. Das beklagte Land habe weder eine entsprechende Vertretungskette noch einen Arbeitsplan im Sinne der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 15.02.2006 – 7 AZR 232/05 – dargelegt. In Wirklichkeit habe sie, die Klägerin, Daueraufgaben wahrgenommen.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Köln vom 03.05.2007 – 6 Ca 8809/06 – festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch den befristeten Vertrag vom 15.12.2005 nicht wirksam befristet wurde.

Das beklagte Land beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Es meint, der Sachgrund der Vertretung liege auch vor, wenn der befristet beschäftigte Arbeitnehmer Aufgaben wahrnehme, die der Arbeitgeber einem vorübergehend abwesenden Arbeitnehmer bei dessen unveränderter Weiterarbeit oder nach dessen Rückkehr tatsächlich und rechtlich übertragen könne. Das sei hier der Fall, weil die Klägerin und Frau W unstreitig der selben Vergütungsgruppe (VI b BAT) angehörten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes haben die Parteien auf ihre im zweiten Rechtszug gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

I. Die Berufung der Klägerin ist zwar zulässig, weil sie statthaft (§ 64 Abs. 1 und 2 ArbGG) und frist- sowie formgerecht eingelegt und begründet worden ist (§§ 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO).

II. In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg.

Das Arbeitsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die Befristung des streitbefangenen Arbeitsvertrages, deren Überprüfung in den folgenden befristeten Arbeitsverträgen vom 20.12.2006 und 29.06.2007 ausdrücklich vorbehalten wurde, war gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG sachlich gerechtfertigt. Danach liegt ein sachlicher Grund für die Befristung vor, wenn der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird. Dieser Tatbestand war hier gegeben. Im Einzelnen gilt Folgendes:

1. Die Befristung gilt nicht bereits deshalb nach § 17 Satz 2 TzBfG i. V. m. § 7 KSchG als wirksam, weil die Klägerin die vorletzte Befristungsvereinbarung im Klagewege und in der Frist des § 17 TzBfG hätte angreifen müss...

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