Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch eines Arbeitnehmers auf einen Übergangszuschuss für die ersten sechs Monate nach Eintritt in den Ruhestand in der Insolvenz des Arbeitgebers

 

Leitsatz (amtlich)

Bei dem sog. Übergangszuschuss nach der Gesamtbetriebsvereinbarung der Siemens AG "Vereinbarung zum Übergangszuschuss bei Pensionierung im Tarifkreis" vom 22.12.1981 handelt es sich um eine Leistung der betrieblichen Altersversorgung, die insolvenzgeschützt ist.

Auf den Übergangszuschuss ist das Rechtsinstitut der unverfallbaren Versorgungsanwartschaft anwendbar. Entsprechend ist bei vorzeitigem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis eine zeitratierliche Kürzung vorzunehmen.

Der Kürzungsfaktor ist auf die Differenz zwischen dem zuletzt bezogenen Brutto-Entgelt und der SAF-Betriebsrente anzuwenden.

 

Normenkette

BetrAVG §§ 1-2, 6-7

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Entscheidung vom 22.05.2015; Aktenzeichen 19 Ca 7883/14)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 20.03.2018; Aktenzeichen 3 AZR 373/16)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten hin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 22.05.2015 in Sachen19 Ca 7883/14 teilweise abgeändert und wie folgt neugefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 18.251,87 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 01.10.2014 zu zahlen.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die weitergehende Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz haben der Kläger 17 % und der Beklagte 83 % zu tragen. Von den Kosten der Berufungsinstanz trägt der Kläger 11 % und der Beklagte 89 %.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um einen Anspruch des Klägers auf Zahlung eines Übergangszuschusses für die ersten sechs Monate nach seinem Eintritt in den Ruhestand.

Der am 25.08.1953 geborene, schwerbehinderte Kläger trat zum 01.06.1975 als Arbeitnehmer in die Dienste der S AG. Er erhielt eine Betriebsrentenzusage nach dem allgemeinen Versorgungswerk der S AG (S Altersfürsorge "SAF").

Unter dem 22.12.1981 schloss die S AG mit ihrem Gesamtbetriebsrat eine "Vereinbarung zum Übergangszuschuss bei Pensionierung im Tarifkreis", die unstreitig auf das Arbeitsverhältnis des Klägers Anwendung fand. Die GBV vom 22.12.1981 lautet auszugsweise wie folgt:

"Mitarbeiter des Tarifkreises erhalten nach ihrer Pensionierung einen Übergangszuschuss. Damit soll den Mitarbeitern der Übertritt in den Ruhestand wirtschaftlich erleichtert werden.

Im Einzelnen gilt Folgendes:

1.

Die S AG räumt ihren Mitarbeitern einen Rechtsanspruch auf den Übergangszuschuss ein.

2. Voraussetzung ist, dass der Mitarbeiter

- mindesten 10 Dienstjahre (ohne Ausbildungszeiten) nach Vollendung des 18. Lebensjahres bei der S AG abgeleistet hat und

- im unmittelbaren Anschluss an die aktive Dienstzeit bei der S AG pensioniert wird.

3. Die Höhe des Übergangszuschusses, der für 6 Monate gezahlt wird, entspricht der Differenz zwischen dem zuletzt bezogenen Brutto-Monatsentgelt bei regelmäßiger tariflicher oder abweichend vereinbarter Arbeitszeit (ohne einmalige Zuwendungen, tariflicher vermögenswirksamer Leistungen, Vergütungen für Mehrarbeit, zusätzliches Urlaubsgeld, Krankenlohn sowie Zuschläge für Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit) und dem SAF-Ruhegeld.

...

5. Der Anspruch auf Übergangszuschuss ist nicht übertragbar und nicht vererblich.

Für Witwen von verstorbenen Mitarbeitern verbleibt es bei der bisherigen Regelung, nach der SAF befristete Beihilfen gewährt werden.

..."

(Bl. 17 f. d. A.).

In einem von der S AG im Einvernehmen mit ihrem Gesamtbetriebsrat anlässlich des Abschlusses der Betriebsvereinbarung zum Übergangszuschuss herausgegebenen Rundschreiben vom 23.12.1981 heißt es auszugsweise wie folgt:

"SAF-Richtlinien/Übergangszuschuss

Mit Wirkung vom 01.04.1979 trat die "Vereinbarung zum Übergangsgeld bei Pensionierung im Tarifkreis" in Kraft. Die Bezeichnung "Übergangsgeld" hat verschiedentlich dazu geführt, diese Leistung mit dem Übergangsgeld des öffentlichen Dienstes in Verbindung zu bringen, das einen ganz anderen Rechtscharakter hat und einem anderen Zweck dient.

Um weiteren Missverständnissen vorzubeugen, wird daher ab sofort unser Übergangsgeld in "Übergangszuschuss" umbenannt. Die Höhe des Übergangszuschusses entspricht der Differenz zwischen dem zuletzt bezogenen Brutto-Monatsentgelt und dem SAF-Ruhegeld. Die Gesamtleistungen, die Mitarbeiter erhalten, bleiben unverändert.

..."

(Bl. 16 d. A.).

Die S AG kündigte die GBV vom 22.12.1981 fristgerecht zum 30.09.1983. Unter dem 29.07.1983 schloss die S AG mit dem Gesamtbetriebsrat zum Übergangszuschuss eine weitere Vereinbarung folgenden Inhalts:

Die Vereinbarung zum Übergangszuschuss bei Pensionierung im Tarifkreis vom 22.12.1981 wurde firmenseits zum 30.09.1983 gekündigt. Dazu wird ab dem 01.10.1983 folgendes vereinbart:

1) Mitarbeiter, deren Arbeits- bzw. Ausbildungsverhältnis mit der S AG nach dem 30.09.1983 beginnt, erwerben keinen Anspruch mehr auf Zahlung eines Übergangszuschusses bei Pensionierung.

...

2) Für Mitarbeiter, deren...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge