Entscheidungsstichwort (Thema)

Festsetzung eines angemessenen Nachtzuschlags bei Nachtwachen in Pflegeeinrichtungen

 

Leitsatz (amtlich)

Ist der Arbeitgeber gemäß § 21 Abs.3 S.2 WTG NRW gesetzlich verpflichtet, in seinen Pflegeeinrichtungen Nachtwachen zu beschäftigen, so kann einer der Gesetzeszwecke von § 6 Abs.5 ArbZG, der darin besteht, Nachtarbeit zu verteuern, um sie für den Arbeitgeber unattraktiv zu machen, von vornherein nicht erreicht werden. In solchen Fällen kann es unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls als angemessen im Sinne von § 6 Abs.5 ArbZG erscheinen, den Nachtzuschlag für die Dauernachtarbeit der sog. Nachtwachen auf 20 % festzusetzen.

 

Normenkette

WTG NRW § 21; BGB § 612; ArbZG §§ 2, 6; TVöD-B § 8

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Entscheidung vom 27.10.2017; Aktenzeichen 17 Ca 8519/16)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 25.05.2022; Aktenzeichen 10 AZR 230/19)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 27.10.2017 in Sachen 17 Ca 8519/16 wird zurückgewiesen.

Auf die Berufung der Beklagten hin wird das o. a. Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert:

Die Klage wird insgesamt abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Höhe der der Klägerin zustehenden Nachtarbeitszuschläge sowie um die korrekte Eingruppierung in die hausinterne Vergütungsordnung der Arbeitgeberin.

Wegen des Sach- und Streitstandes in erster Instanz, wegen der erstinstanzlich zur Entscheidung gestellten Sachanträge und wegen der Gründe, die die 17. Kammer des Arbeitsgerichts Köln dazu bewogen haben, der Klage (nur) teilweise stattzugeben, wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des arbeitsgerichtlichen Urteils vom 27.10.2017 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 04.12.2017 Bezug genommen.

Das Urteil des Arbeitsgerichts wurde der Beklagten am 30.11.2017 zugestellt. Die Beklagte hat hiergegen am 14.12.2017 Berufung eingelegt und diese - nach Verlängerung der Frist bis zum 28.02.2018 - am 07.02.2018 begründet.

Der Klägerin wurde das erstinstanzliche Urteil am 05.12.2017 zugestellt. Die Klägerin hat hiergegen am 05.01.2018 Berufung eingelegt und diese nach entsprechender Fristverlängerung bis zum 05.03.2018 begründet.

Die Beklagte und Berufungsklägerin zu 1) vertritt die Auffassung, dass das Arbeitsgericht der Klägerin keinen höheren Nachtarbeitszuschlag habe zusprechen dürfen als die von ihr gezahlten 20 %. Zwar habe das Arbeitsgericht, im Ausgangspunkt zutreffend, seinen Überlegungen die Grundsatzentscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 09.12.2015, 10 AZR 423/14, zugrunde gelegt, wonach bei Dauernachtarbeit zunächst in der Regel ein Nachtarbeitszuschlag in Höhe von 30 % gerechtfertigt sein könne. Dem BAG-Urteil zufolge könne aber auch ein geringerer Prozentsatz - je nach den Umständen des konkreten Einzelfalls - als angemessen anzusehen sein, z. B. dann, wenn während der Nachtarbeit in größerem Umfang Arbeitsbereitschaft anfalle oder es sich von vornherein um einen nächtlichen Bereitschaftsdienst handele. Zu Unrecht habe das Arbeitsgericht nicht berücksichtigt, dass sie, die Beklagte, mit der Anlage B10 und den Ausführungen in ihrem Schriftsatz vom 28.07.2017 im Einzelnen dargelegt und nachgewiesen habe, dass in eine durchschnittliche Nachtschicht der Klägerin bei acht Stunden Nettoarbeitszeit 2,37 Stunden Arbeitsbereitschaft fielen.

Ferner könne nach dem angesprochenen BAG-Urteil der Nachtarbeitszuschlag auch dann bis zu einer Untergrenze von 10 % als noch angemessen angesehen werden, wenn die Nachtarbeit aufgrund ihrer Eigenart oder aus technischen Gründen für den Arbeitgeber unvermeidbar sei. Zutreffend habe das Arbeitsgericht in diesem Zusammenhang erkannt, dass sie, die Beklagte, gemäß § 21 Abs. 3 Satz 2 WTG NRW sogar gesetzlich verpflichtet sei, Dauernachtwachen in ihren Häusern zu beschäftigen. Aus den genannten Gesichtspunkten sei es als fehlerhaft anzusehen, wenn das Arbeitsgericht dennoch einen Nachtarbeitszuschlag in Höhe von 25 % für den vorliegenden Fall für maßgeblich gehalten habe.

Schließlich habe sie, die Beklagte, auch bereits erstinstanzlich darauf hingewiesen, dass der TVöD für den sozialen Dienst, wie er auch von der Klägerin verrichtet werde, eine Nachtarbeitszulage von 20 % als angemessen vorsehe. Eine solche tarifvertragliche Regelung bezeichne die in der Branche übliche Vergütung im Sinne des § 612 BGB.

Auf den vollständigen Inhalt der Berufungsbegründungsschrift der Beklagten und ihren weiteren Schriftsatz vom 26.07.2018, beim Landesarbeitsgericht eingegangen am 14.09.2018, wird ergänzend Bezug genommen.

Die Beklagte beantragt als Berufungsklägerin zu 1),

das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 27.10.2017,17 Ca 8519/16, aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin und Berufungsbeklagte beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Im Wege ihrer eigenen Berufung beantragt die Klägerin als Berufungsklägerin zu 2),

unter teilweiser Abänderung des Urteils des Arbeit...

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