Entscheidungsstichwort (Thema)

Soziale Auswahl im Insolvenzverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

Die Beschränkung der Nachprüfbarkeit der sozialen Auswahl in § 125 Abs. 1 Nr. 2 InsO bezieht sich auch auf die Bestimmung des Kreises der vergleichbaren Arbeitnehmer und die Ermittlung der aus der Sozialauswahl gemäß § 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG herauszunehmenden Arbeitnehmer.

 

Normenkette

InsO § 125 Abs. 1 Nr. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Urteil vom 25.09.2008; Aktenzeichen 3 Ca 4953/07)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 25.09.2008 – 3 Ca 4953/07 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Rechtmäßigkeit einer betriebsbedingten Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers.

Der Beklagte ist der Insolvenzverwalter der Gemeinschuldnerin. Dort war der Kläger aufgrund schriftlichen Arbeitsvertrages (Bl. 11 d. A.) als angelernter Arbeiter beschäftigt. Der Kläger ist verheiratet und hat 3 Kinder. Er wurde von der Gemeinschuldnerin mit Emaillierarbeiten im Akkord beschäftigt. Am 15.05.2007 wurde Insolvenz beantragt; am 01.06.2007 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt (Beschluss des Amtsgerichts Köln Bl. 15 f. d. A.).

Durch Schreiben vom 01.06.2007 (Bl. 87 d. A.) zeigte der Beklagte Masseunzulänglichkeit an.

Nach Erstellung eines Gutachtens zur Prüfung der Frage, ob der Betrieb fortgeführt werden könne oder nicht, schlossen der Beklagte und der bei der Gemeinschuldnerin bestehende Betriebsrat einen Interessenausgleich mit Namensliste, der vorsah, dass von den insgesamt etwa 60 Mitarbeitern der Gemeinschuldnerin 13 namentlich bezeichnete Mitarbeiter, darunter der Kläger, gekündigt werden sollten. Diesbezüglich enthielt der Interessenausgleich und die mit ihm verbundene Anlage Ausführungen dazu, weshalb bestimmte Mitarbeiter nicht vergleichbar seien bzw. in die Sozialauswahl nicht mit einzubeziehen seien (Interessenausgleich und Anlage vom 24.07.2007 – Bl. 91 ff. d. A.).

Mit Kündigungsschreiben vom 24.07.2007, dem Kläger zugegangen am 28.07.2007 kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers zum 31.10.2007. Hiergegen richtete sich die fristgerecht erhobene Kündigungsschutzklage des Klägers.

Durch Urteil vom 25.09.2008 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung darauf abgestellt, der Kläger habe eine grobe Fehlerhaftigkeit bei der Sozialauswahl nicht nachweisen können.

Gegen das am 25.09.2008 verkündete Urteil hat der Kläger am 13.01.2009 Berufung einlegen lassen und diese nach Zustellung des erstinstanzlichen Urteils am 04.03.2009 und nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist auf den 25.04.2009 am 02.04.2009 begründen lassen.

Der Kläger rügt den langen Zeitablauf zwischen Verkündung und Zustellung des ausgefertigten Urteils. Das Arbeitsgericht habe zudem keinerlei Feststellungen zu der Frage getroffen, ob überhaupt eine Betriebsänderung i. S. d. § 111 BetrVG vorgelegen habe. Falls § 1 Abs. 5 S. 2 KSchG Anwendung finden sollte, sei jedenfalls festzuhalten, dass die getroffene Sozialauswahl grob fehlerhaft gewesen sei. Bei einer eingeschränkten Überprüfbarkeit hätte daher die Unwirksamkeit der Kündigung festgestellt werden müssen. Die grobe Fehlerhaftigkeit ergebe sich insbesondere im Hinblick auf den Mitarbeiter A. G., auf dessen Arbeitsplatz der Kläger selbst früher tätig gewesen sei. Der Kläger sei auf nahezu allen Arbeitsplätzen im Betrieb der Gemeinschuldnerin einsetzbar mit Ausnahme der Bereiche Büro, Mühle, Beize und Labor. Diesbezüglich sei der Kläger im Rahmen seiner Betriebszugehörigkeit an diversen Arbeitsplätzen eingesetzt gewesen. Diese seien sämtlich ohne Weiteres von angelerntem Personal zu erbringen, so dass auch der Kläger hierzu ohne Weiteres in der Lage sei. Vergleichbar seien insbesondere die Arbeitnehmer C., G., S., O., S., H., S. und H.. Diese Arbeitnehmer seien zwingend in die Sozialauswahl mit einzubeziehen gewesen. Angesichts des Umstandes, dass diese über weit weniger Sozialpunkte als der Kläger verfügten, führe dies zur groben Fehlerhaftigkeit der durchgeführten Sozialauswahl. Zu berücksichtigen sei, dass der Kläger im Akkord Spitzenleistungen für die Gemeinschuldnerin tagtäglich erzielt habe, während dort nach wie vor Mitarbeiter beschäftigt seien, die dem Kläger das Wasser nicht reichen könnten. Insoweit sei die ausgesprochene Kündigung willkürlich. Die Kündigung sei zudem von sachfremden Erwägungen bestimmt, denn der Kläger sei nur deshalb gekündigt worden, weil er in der vorangegangenen Zeit drei erfolgreiche Rechtsstreite gegen die Gemeinschuldnerin geführt habe. Schließlich scheitere die Kündigung auch daran, dass der Beklagte im fraglichen Zeitraum sogar regelmäßig Leiharbeiter eingesetzt habe. Die Kündigung habe offensichtlich schon unter diesem Gesichtspunkt keine Grundlage gehabt. Soweit das Landesarbeitsgericht die Auffassung einnehme, dass über den Vortrag des Klägers Beweis zu erheben sei, beantrage der Kläge...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge