Rechtsmittel eingelegt unter dem Aktenzeichen: 6 AZR 262/11

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Interessenausgleich mit Namensliste

 

Leitsatz (amtlich)

Enthält ein Interessenausgleich mit Namensliste die Ermächtigung, der Arbeitgeber dürfte bis zu 10 % Leiharbeitnehmer einsetzen, dann ist die Vermutungswirkung gem. §§ 1 Abs. 5 KSchG, 125 InsO nicht aufgehoben, jedenfalls dann nicht, wenn die Ermächtigung weitere Einschränkungen (Befristung, Regelung des Zwecks) enthält.

 

Normenkette

KSchG § 1 Abs. 5; InsO § 125

 

Verfahrensgang

ArbG Celle (Urteil vom 11.03.2010; Aktenzeichen 1 Ca 255/09)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten zu 1 und 2 wird das Urteil des Arbeitsgerichts I-Stadt vom 11.03.2010 – 1 Ca 255/09 – abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer gegenüber dem Kläger aus betriebsbedingten Gründen ausgesprochenen Kündigung.

Die S. GmbH (im Folgenden: Schuldnerin) stellte an verschiedenen Standorten Produkte für die Autoindustrie her. Bei der Schuldnerin, die am Standort A. mehrere 100 Arbeitnehmer beschäftigte, ist ein Betriebsrat gewählt worden.

Sie beschäftigte den am 0.0.1956 geborenen Kläger ab dem 18.01.1990 an ihrem Standort in A. als Maschinenbediener. Sein durchschnittliches Bruttomonatseinkommen belief sich zuletzt auf ca. 2.360,00 EUR.

Die Arbeitnehmer der Schuldnerin waren entsprechend ihrer Tätigkeit in Entgeltgruppen gemäß dem Bundesentgelttarifvertrag für die Arbeitnehmer in der Westdeutschen Chemischen Industrie eingruppiert: Maschinenbediener in E 2, Gabelstaplerfahrer in E 3, Lagerarbeiter in E 3, Maschinenführer und Einrichter in E 4 und Schichtführer in E 7.

Das Amtsgericht I-Stadt eröffnete mit Beschluss vom 01.03.2009 zum Az.: 33 IN 56/08 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin und bestellte den Beklagten zu 1.) zum Insolvenzverwalter. Dieser vereinbarte unter dem 18.03.2009 mit dem Betriebsrat einen Interessenausgleich mit Namensliste gemäß § 125 InsO und eine Betriebsvereinbarung zur Durchführung der Betriebsvereinbarung über ein Interessenausgleich, in der die Kriterien für die vorzunehmende Sozialauswahl festgelegt wurden.

Bestandteil der Namensliste ist auch der Name des Klägers. Der Interessenausgleich enthält unter anderem folgende Regelungen: „…

§ 1 Geltungsbereich/Gegenstand des Interessenausgleichs

1.

Der Interessenausgleich umfasst alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die am Tage der Insolvenzeröffnung (01.03.2009) in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis mit der S. GmbH standen. Räumlich erstreckt sich der Interessenausgleich auf die Bundesrepublik Deutschland. Sachlich erfasst dieser Interessenausgleich den aufgrund des Umsatzrückgangs und des entfallenden Beschäftigungsbedarfs folgenden Personalabbau. Für den einzelnen Betrieb erfolgt eine Umstrukturierung der Arbeitsabläufe gemessen an dem Auftragsvolumen für das Jahr 2009. Die Personalbedarfsplanung ist als Anlage 1 beigefügt. Der Insolvenzverwalter hat die unternehmerische Entscheidung getroffen, in den in der Anlage 1 aufgeführten Bereichen Arbeitsplätze abzubauen.

2.

Sollte sich zukünftig zeitweise ein Personalmehrbedarf vorübergehend ergeben, so vereinbaren die Parteien bereits jetzt, dass der Arbeitgeber diesen zunächst mit Leiharbeitskräften bis zu einer Gesamtzahl von bis zu 10 %, gemessen an der Belegschaft des Werkes A. (Produktionsbetrieb) abdecken kann. Dies ist beschränkt auf einen Personalmehrbedarf, der aufgrund von Urlaub- und Krankenfehlzeiten entsteht. Sollte sich auftragsbezogen ein vorübergehender Mehrbedarf ergeben, so werden die Betriebsparteien eine gesonderte Regelung treffen, wie diesem Mehrbedarf begegnet werden soll.

Soweit zukünftig Neueinstellungen vorgenommen werden, so sind sich die Betriebsparteien einig, dass bei der Besetzung dieser Stellen bei gleicher Eignung und Fähigkeiten bevorzugt Arbeitnehmer berücksichtigt werden, die von diesem Personalabbau betroffen waren.

§ 2 Durchführung/Betriebsänderung

Bei der Gemeinschuldnerin muss am Standort A. ein Personalabbau von insgesamt 153 Arbeitsplätzen erfolgen.

Den vom Personalabbau betroffenen und in der Anlage 2 namentlich aufgeführten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern soll noch vor dem 31.03.2009 eine Kündigung ausgesprochen werden. Die Parteien sind sich darüber einig, dass es sich bei der Anlage 2 um eine Namensliste im Sinne von § 125 Insolvenzordnung handelt, die im Wege einer zusammengesetzten Urkunde integraler Bestandteil dieser Betriebsvereinbarung ist.

§ 3 Sozialauswahl

1.

Die Betriebsparteien sind sich darüber einig, dass Grundlage der Sozialauswahl zunächst ein zwischen Betriebsrat und Insolvenzverwalter abgestimmtes Punkteschema ist. Hierüber wurde mit dem Betriebsrat eine gesonderte Vereinbarung getroffen.

2.

Der Arbeitgeber hat die unternehmerische Entscheidung getroffen, eine ausgewogene Personalstruktur zu schaffen bzw. in einzelnen Abteilungen zu erhalten, § 125 Abs. 2 InsO. Aus diesem Grund sollen –...

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