Entscheidungsstichwort (Thema)

Wirksamkeit der Befristung der Aufstockung der wöchentlichen Arbeitszeit

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Befristung einzelner Vertragsbedingungen ist, anders als die Befristung des gesamten Arbeitsvertrages, nicht daraufhin zu überprüfen, ob sie durch einen sachlichen Grund gem. § 14 Abs. 1 TzBfG gerechtfertigt ist. Vielmehr unterliegt sie einer Angemessenheitskontrolle, die anhand einer Berücksichtigung und Bewertung rechtlich anzuerkennender Interessen beider Vertragsparteien vorzunehmen ist.

2. Jedenfalls bei der befristeten Arbeitszeiterhöhung in einem erheblichen Umfang (hier: von 50% auf fast 75% der regelmäßigen Wochenarbeitszeit) bedarf es trotz der Unanwendbarkeit des TzBfG zur Annahme einer nicht unangemessenen Benachteiligung bei der Befristung der Aufstockung der Arbeitszeit solcher Umstände, die die Befristung der gesamten über das erhöhte Arbeitsvolumen gesondert geschlossenen Vertrages rechtfertigen würden.

3. Danach ist die befristete Aufstockung der Arbeitszeit nur dann wirksam, wenn bereits bei Vereinbarung der Aufstockung nicht mit hinreichender Sicherheit zu erwarten war, dass nach dem vorgesehenen Vertragsende für die Beschäftigung des Arbeitnehmers kein dauerhafter betrieblicher Bedarf im bisherigen Umfang bestehen werde (hier: verneint).

 

Normenkette

TzBfG § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 1; BGB § 307 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Entscheidung vom 23.09.2015; Aktenzeichen 2 Ca 8940/14)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 25.04.2018; Aktenzeichen 7 AZR 520/16)

 

Tenor

  1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 23.09.2015 - 2 Ca 8940/14 - abgeändert:

    Es wird festgestellt, dass über den 31.12.2014 hinaus nach dem Arbeitsvertrag der Parteien eine Arbeitszeit von 74,67 % der tariflichen regelmäßigen Arbeitszeit gilt.

  2. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten.
  3. Die Revision wird nicht zugelassen
 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer befristeten Erhöhung der Arbeitszeit.

Die Klägerin ist seit dem 01.04.1994 bei den Beklagten beschäftigt, zuletzt als Verwaltungsassistentin in der Poststelle des sogenannten Beitragsservice. Die Klägerin war zunächst in Vollzeit tätig. Auf den Arbeitsvertrag vom 20.11./1. 12.1997 wird verwiesen. Zwischen Parteien ist außer Streit, dass aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung die beim W R jeweils geltenden tariflichen Bestimmungen, derzeit der MTV-W /Z B (Im Folgenden MTV) auf das Arbeitsverhältnis Anwendung finden.

Die Parteien vereinbarten mit 4 Vertragsänderungen jeweils auf ein Jahr befristete Verkürzungen der Arbeitszeit auf 74,67 % der regelmäßigen Arbeitszeit. Mit Vertragsänderung Nr. 3 änderten die Parteien den Arbeitsvertrag hinsichtlich der Arbeitszeit dahingehend ab, dass die Klägerin mit Wirkung vom 25.12.2006 als Sachbearbeiterin/Teilzeitkraft mit 50 % der regelmäßigen Arbeitszeit beschäftigt wird. Während der Elternzeit der Klägerin vom 04.01.2010 - 29.12.2011vereinbarten die Parteien (Vertragsänderungen Nr. 5 und Nr. 6) eine Arbeitszeit von 40 % der tarifvertraglich regelmäßigen Arbeitszeit. Mit Vertragsänderung Nr. 7 vereinbarten die Parteien ab 30.12.2011 eine Arbeitszeit der Klägerin von 50 % und mit Vertragsänderung Nr. 8 eine befristete Arbeitszeiterhöhung vom 01.03.2012 bis 28.02.2013 auf 74,67 % der tarifvertraglich regelmäßigen Arbeitszeit. Mit Mail vom 26.11.2012 stellte die Klägerin folgenden Antrag:

"da meine Arbeitszeit von 75 %, täglich 5:45 Std, für mich und der Betreuung meiner Kinder optimal ist, bitte ich um Verlängerung der Laufzeit, da der jetzige Vertrag am 28. Februar 2013 ausläuft."

Mit Vertragsänderung Nr. 9 vom 30.01./05.02.2013 vereinbarten die Parteien eine befristete Arbeitszeiterhöhung vom 01.03.2013 bis 31.12.2014 auf 74,67 % der tarifvertraglich regelmäßigen Arbeitszeit. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die von den Beklagten vorgelegten Arbeitsverträge verwiesen.

Mit Mail vom 11.11.2014 teilte die Klägerin ihrer Vorgesetzten mit:

"Die Arbeitszeiten lege ich auf die Wochentage auf Montag, Dienstag, Mittwoch und Donnerstag fest."

Mit Schreiben vom 21.11.2014 teilten die Beklagten der Klägerin - auszugsweise - mit:

"Nach Mitteilung Ihrer Fachabteilung endet die befristete Arbeitszeiterhöhung zum 31.12.2014.

Sie haben daraufhin den Antrag auf eine Änderung der Verteilung ihre Arbeitszeit ab 01.01.2015 gestellt. In Absprache mit ihrer Fachabteilung wünschen sie die Viertagewoche (Freitag arbeitsfrei).

Mit Wirkung vom 01.01.2015 werden sie daher wieder mit 50 % der regelmäßigen tarifvertraglichen Arbeitszeit beschäftigt. Die Arbeitszeit wird in der 4-Tage-Woche (Freitag arbeitsfrei) mit täglich 4 Stunden und 49 Minuten (ohne Pausenzeiten) erbracht.

Diese Arbeitszeit gilt verbindlich. Sie kann nur in Einvernehmen mit der Fachabteilung geändert werden.

Bitte bestätigen sie dies durch ihre Unterschrift auf der beigefügten Kopie des Schreibens.

Alle übrigen Konditionen des Arbeitsvertrages bleiben, bis auf die prozentuale Anpassung der Vergütung - unverändert."

Die...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge