Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialplan. Abfindung. Stichtagregelung. Gleichbehandlung

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Wirksamkeit einer Regelung in einem Tarifsozialplan und einer Gesamtbetriebsvereinbarung, wonach Arbeitnehmer, die vor Abschluss der Verhandlungen zwischen Arbeitgeberin und Gewerkschaft sowie Gesamtbetriebsrat über einen Sozialplan das Arbeitsverhältnis bereits gekündigt hatten, keine Abfindung erhalten.

 

Normenkette

GG Art. 3 Abs. 1; BetrVG § 75 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Urteil vom 15.05.2008; Aktenzeichen 17 Ca 9895/07)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 12.04.2011; Aktenzeichen 1 AZR 505/09)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 15.05.2008 – 17 Ca 9895/07 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über einen Abfindungsanspruch aus einem Sozialplan, nachdem der Kläger mit Schreiben vom 26. September 2007 das Arbeitsverhältnis fristgerecht zum 31. März 2008 gekündigt hatte.

Der Kläger, geboren am 11. Juni 1961, war bei der Beklagten in deren Betrieb in K. seit dem 1. September 1992 als Wirtschaftsinformatiker in der Organisationseinheit 4 Verkaufsprozesse beschäftigt zu einem Jahresbruttogehalt von zuletzt EUR 68.915,28.

Mit Schreiben vom 4. Dezember 2006 und 11. Dezember 2006 unterrichtete die Beklagte ihre Mitarbeiter darüber, ihre Gesellschafter hätten im Rahmen eines Konzepts zur Standortkonsolidierung endgültig und bindend beschlossen, die Standorte D., K., M. und K. bis Ende des dritten Quartals/Anfang des vierten Quartals 2008 zu schließen. In den nächsten vier Wochen würden die Zielstandorte für jeden einzelnen Mitarbeiter anhand der bislang von ihm verrichteten Aufgaben festgelegt. Bis Ende Januar 2007 werde der Betriebsrat umfassend unterrichtet, so dass ab Anfang Februar 2007 mit ihm zügig verhandelt werden könne.

Nach einer vertraulichen Informationsschrift vom 31. Januar 2007 sollten alle 11 Mitarbeiter der Organisationseinheit 4 von K. nach M. versetzt werden. Dies teilte der Vorgesetzte des Klägers auch den Mitarbeitern dieser Organisationseinheit mit einer Mail am 22. Februar 2007 mit.

Andererseits unterrichte die Gewerkschaft ver.di die Mitarbeiter mit einer Mitteilung vom 12. Februar 2007 darüber, sie fordere in Übereinstimmung mit dem Gesamtbetriebsrat von der Beklagten den Abschluss eines Firmentarifvertrages zum Standortkonzept. Ihr gehe es nicht darum, die Folgen des Standortkonzepts für die Beschäftigten abzumildern, sondern die Arbeitsplätze an den bestehenden Standorten zu erhalten. Die Geschäftsleitung der Beklagten solle den Beschluss über die Schließung von bestimmten Standorten zurücknehmen.

Mit weiteren 15 Informationsschriften unterrichtete die Beklagte in den Monaten April 2007 bis September 2007 die Mitarbeiter über die Verhandlungen über die geplante Standortkonsolidierung mit Vertretern des Gesamtbetriebsrats und der Gewerkschaft ver.di, wobei sie zum Ausdruck brachte, der Beschluss ihrer Gesellschafter habe unverändert Gültigkeit, sie wolle beschleunigt über die Umsetzung mit dem Gesamtbetriebsrat und auch der Gewerkschaft ver.di, die Streikaktionen durchführe, ein Ergebnis erzielen.

In der Informationsschrift vom 6. September 2007 führte sie aus, in der einberufenen Einigungsstelle sei das Scheitern eines einvernehmlichen Interessenausgleichs festgestellt worden. Nunmehr habe sie die Möglichkeit, die Standortkonsolidierung zum 30. September 2008 umzusetzen. Es sei mit dem Gesamtbetriebsrat und der Gewerkschaft ver.di abgestimmt worden, einen Sozialplan bzw. einen Tarifsozialplan zu vereinbaren. Gegenstand der Verhandlungen würden Regelungen über wirtschaftliche Ausgleichsleistungen (Mobilitätshilfen, Fahrgeldzuschuss, Abfindungen etc.) und Umsetzungsregelungen sein. Sollten die Verhandlungen nicht bis Ende September 2007 abgeschlossen sein, sei ein Schlichtungsverfahren geplant. Vorsorglich sei eine Verhandlung vor der Einigungsstelle auf den 15. Oktober 2007 festgelegt worden.

Mit der Informationsschrift vom 13. September 2007 unterrichtete die Beklagte die Mitarbeiter darüber, sie werde in die Verhandlungen Absprachen aus den Sondierungsgesprächen einbringen über Erleichterungen für die betroffenen Mitarbeiter und die Einrichtung von Kontingentarbeitsplätzen (Telearbeitsplätze, Flextime-Arbeitsplätze und eine befristete Weiterbeschäftigung in K.).

Nach Einleitung eines Schlichtungsverfahrens schloss die Beklagte mit der Gewerkschaft ver.di am 18. Oktober 2007 einen Tarifsozialplan Standortkonsolidierung, in dem u. a. festgelegt wurde, dass die Beklagte einrichtete: 80 unbefristete und 40 auf Dauer von drei Jahren befristete Telearbeitsplätze mit einer Arbeitsverpflichtung von vier Tagen pro Woche zuhause und von einem Tag pro Woche an einem zugewiesenen Standort, 70 Flextime-Arbeitsplätze für die Dauer von 4,25 Jahren mit einer Arbeitsverpflichtung von zwei Tagen pro Woche zuhause und von drei Tagen an einem zugewiesenen Standort sowie 250 für die ...

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