Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtswegzuständigkeit. Umschüler

 

Leitsatz (amtlich)

Nimmt ein Umschüler an einem vom Arbeitsamt geförderten Umschulungslehrgang teil, so kann er je nach den Umständen der Vertragsgestaltung als „Beschäftigter” i.S. von § 5 Abs. 1 ArbGG anzusehen sein.

 

Normenkette

ArbGG § 5; GVG § 17a; ArbGG § 5 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Aachen (Beschluss vom 05.06.2003; Aktenzeichen 4 Ca 2218/03)

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 15.10.2003; Aktenzeichen 5 AZB 48/03)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Aachen vom 05.06.2003 – 4 Ca 2218/03 – aufgehoben. Der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten wird für zulässig erklärt.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

I. Der Kläger hat beim Arbeitsgericht Aachen am 17.04.2003 eine Klage mit dem Antrag auf Feststellung eingereicht, dass der zwischen den Parteien für die Zeit vom 07.10.2002 bis zum 16.07.2004 abgeschlossene Umschulungsvertrag nicht durch die fristlose Kündigung der Beklagten vom 01.04.2003 aufgelöst worden ist. Auf die von der Beklagten erhobene Zuständigkeitsrüge hat sich das Arbeitsgericht mit dem angefochtenen Beschluss für unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Amtsgericht Aachen verwiesen mit der Begründung, nach dem Umschulungsvertrag stehe der Unterricht und nicht die praktische Ausbildung im Vordergrund. Im Nichtabhilfebeschluss vom 01.07.2003 hat das Arbeitsgericht zusätzlich ausgeführt, dass der Kläger nicht in den Betrieb der Beklagten als Arbeitnehmer oder Auszubildender integriert sei, er nehme nur an Lehrveranstaltungen teil, die praktische Ausbildung erfolge nicht bei der Beklagten.

Gegen den am 18.06.2003 zugestellten Beschluss richtet sich die sofortige Beschwerde des Klägers, die er beim Arbeitsgericht am 28.06.2003 eingereicht hat. Der Kläger vertritt die Auffassung, der Kläger sei als Umschüler „beschäftigt” im Sinne von § 5 Abs. 1 S. 1 ArbGG, weil er hinsichtlich des Inhalts, der Zeit und Ort der Tätigkeit dem Weisungsrecht des Ausbilders unterworfen sei. Darauf, dass das Umschulungsverhältnis von dritter Seite finanziert werde, komme es nicht an.

Die Beklagte verteidigt mit der Beschwerdeerwiderung die angefochtene Entscheidung, nach ihrer Auffassung ist der Beschwerdeführer nicht dem Weisungsrecht eines Ausbilders unterworfen gewesen, vielmehr werde der Umschüler durch einen Dozenten betreut, einen Ausbilder im engeren Sinne gebe es bei der Umschulungsmaßnahme nicht.

 

Entscheidungsgründe

II. Die an sich statthafte Beschwerde des Klägers ist in gesetzlicher Form und Frist eingelegt, sie ist somit zulässig. Sie ist auch begründet. Das Arbeitsgericht hat zu Unrecht die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte verneint. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sind die Gerichte für Arbeitssachen grundsätzlich für Streitigkeiten um das Bestehen von Berufsausbildungs- und Umschulungsverhältnissen mit sonstigen Berufsbildungseinrichtungen sowie für Ansprüche aus derartigen Rechtsverhältnissen zuständig, sofern das Rechtsverhältnis auf einen privatrechtlichen Vertrag zwischen dem Auszubildenden bzw. Umschüler und der Bildungseinrichtung beruht und es sich nicht um schulische Berufsbildung handelt (BAG, Beschluss vom 21.05.1997 – 5 AZB 30/96 – = AP Nr. 32 zu § 5 ArbGG 1979).

Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall entgegen der Auffassung in der angefochtenen Entscheidung gegeben. Unstreitig haben die Parteien einen privatrechtlichen Vertrag abgeschlossen. Auf den vom Arbeitsgericht hervorgehobenen Umstand, dass die praktische Ausbildung nicht im Vordergrund steht, sondern nach dem Inhalt des Umschulungsvertrags die Umschulung (zum Zerspanungsmechaniker/in, Fachrichtung Drehtechnik/Frästechnik) im Wege eines Lehrgangs an einem vom der Beklagten als Veranstalter vorgegebenen Lehrgangsort durchgeführt wird, kommt es vorliegend ebenso wenig an wie auf den Umstand, dass die Lehrgangsgebühren nicht vom Kläger, sondern vom Arbeitsamt gezahlt werden. Entscheidend ist vielmehr, dass der Lehrgang der Berufsausbildung im Sinne von § 1 Abs. 2 BBiG diente und dass der Kläger zu seiner Berufsausbildung „beschäftigt” wurde.

1. Unter „Berufsausbildung” im Sinne des § 5 Abs. 1 S. 1 sind alle Bereiche der Berufsbildung nach § 1 Abs. 1 BBiG zu verstehen, auch für Streitigkeiten aus einem Fortbildungs- oder einem Umschulungsverhältnis kann deshalb der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten nach § 5 Abs. 1 S. 1 ArbGG eröffnet sein (BAG, a. a. O.; ferner BAG vom 24.02.1999 – 5 AZB 10/98 – = AP Nr. 45 zu § 5 ArbGG). Die vorgesehene rund zweijährige Dauer der Ausbildung spricht dafür, dass es sich um eine Berufsausbildung im Sinne von § 1 Abs. 2 BBiG handeln sollte.

2. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts ist auch davon auszugehen, dass der Kläger bei der Beklagten im Rahmen eines Berufsbildungsverhältnisses „beschäftigt” wurde. Der Begriff des „Beschäftigten” im Sinne von § 5 Abs. 1 S. 1 ArbGG ist weiter als der Begriff der zur Berufsausbildung „Beschäftigten” im Sinne von § 5 Abs. 1 B...

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